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Ærzte
Steiermark
 || 04|2014
promotion Epilepsie
Foto: beigestellt
ExpertInnen, in deren Mittel-
punkt der Betroffene selbst
steht: Die Hauptakteure
sind der/die behandelnde
Neurologe/in und der/die
ArbeitsmedizinerIn, even-
tuell ergänzt um den/die
Sicherheitsbeauftragte/n,
eventuell Betriebsrat/rätin
und Behindertenvertrau-
ensperson, wenn möglich
unterstützt durch eine Epi-
lepsiefachberaterIn.
Strukturelle
Maßnahmen
Häufig bedarf es ledig-
lich organisatorischer Än-
derungen am Arbeitsplatz,
bevor spezielle Hilfsmittel
eingesetzt oder weiterrei-
chende Maßnahmen ergrif-
fen werden müssen.
Die Vorkehrungen umfas-
sen z. B.
• Arbeitsaufgaben/Tätig-
keitswechsel und Arbeits-
form (z.B. Gruppenarbeit
anstelle von Einzelarbeit)
• spezielle Pausenrege-
lung oder Änderung der
Arbeitszeit, z. B. anstelle
Dreischichtsystem nur zwei
Schichten (keine Nacht-
schicht)
• Nachrüsten von speziellen
Schutzvorrichtungen an
Maschinen (z.B. Totmann-
schalter) oder Verlegen von
Arbeitsplatzmatten
• Information von Kolleg­
Innen und Vorgesetzten
über Epilepsie, eventuelle
Einschränkungen bei ver-
schiedenen Tätigkeiten
oder Aufklärung über die
uneingeschränkte Arbeits-
fähigkeit
• Aber auch Aufklärung von
KollegInnen und Vorgesetz-
ten über richtiges Verhalten
beim Auftreten eines Anfalls
und gemeinsames bewäl-
tigen von Anfällen (Erste-
Hilfe). Unter bestimmten
Umständen können Ar-
beitgeberInnen für Anpas-
sungsmaßnahmen Förde-
rungen vom Bundessozial-
amt erhalten.
Mythos „Geschützter
Arbeitsplatz“
Viele Mythen und irrige
Annahmen sind mit diesem
Begriff verbunden. Per-
sonen mit Epilepsie können
einen Antrag auf Ausstel-
lung eines Behinderten-
passes stellen. Art der Epi-
lepsie, Verlauf der Anfälle,
Häufigkeit und Schwere
der Epilepsie bestimmen
den Grad der Erwerbs-
minderung. Ab einer Er-
werbsminderung von 50 %
kann man einen Antrag auf
Zugehörigkeit zum Kreis
der begünstigt Behinderten
nach dem Behindertenein-
stellungsgesetz stellen. Die
zugehörigen Personen er-
halten (je nach Kollektivver-
trag) eine Woche Urlaub zu-
sätzlich. Sie können bei der
Arbeitnehmerveranlagung
ihre Krankheitskosten ohne
Selbstbehalt geltend ma-
chen, und sie haben nach
vier Jahren Zugehörigkeit
zum gleichen Betrieb einen
verbesserten Kündigungs-
schutz. Mit der Zugehörig-
keit zum Kreis der begün-
stigt Behinderten ist man
weder unkündbar, noch hat
man automatisch die Si-
cherheit, einen Arbeitsplatz
zu bekommen! Der Unter-
schied zu einer „normalen“
Kündigung ist, dass die
bevorstehende Kündigung
dem Bundessozialamt mit
einer Begründung, warum
die/der MitarbeiterIn gekün-
digt werden soll, im Voraus
gemeldet werden muss.
Anschließend wird geprüft,
ob die Kündigung aus Dis-
kriminierungsgründen er-
folgt. Arbeitgeber haben die
Möglichkeit Förderungen
für die Beschäftigung von
begünstigt Behinderten zu
erhalten.
Leitlinie „Epilepsie am Arbeitsplatz“
Das Ziel der vorliegenden Leitlinie „Epilepsie und Arbeit“ ist die Verbesse-
rung der Eingliederungschancen von Personen mit Epilepsie am Arbeits-
markt. Die Leitlinie soll Ärztinnen/Ärzten, Beraterinnen/Beratern und
anderen Fachkräften eine individuelle Beurteilung unter Berücksichtigung
der Art und des Schweregrades der Epilepsie, der Arbeitsfähigkeit und die
Risikoabschätzung von Tätigkeiten erleichtern.
Die individuellen verschiedenen Epilepsieformen machen eine Beurteilung
der Arbeitsfähigkeit und beruflichen Einsetzbarkeit von Anfallskranken
sehr komplex. Bisher fehlte eine in Österreich gültige Entscheidungshilfe zur
Beurteilung beruflicher Möglichkeiten von Personen mit Epilepsie.
Epilepsie am
Arbeitsplatz
Leitlinie für die Beurteilung der
individuellen Beschäftigungsfähigkeit
von Menschen mit Epilepsie
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