Ærzte
Steiermark
 || 04|2014
25
recht
Grenzziehung
Auskunft aus dem
Bundesministerium für
Gesundheit (BMG) bezüglich Fachabgrenzung
diverser Sonderfächer.
Das Bundesministerium für Gesund-
heit (BMG) gibt bezüglich der An-
frage der Österreichischen Ärzte-
kammer, betreffend Fachabgrenzung
der Sonderfächer „Innere Medizin“
gegenüber „Kinder- und Jugendheil-
kunde“ sowie „Psychiatrie und Psy-
chotherapeutische Medizin“ gegenü-
ber „Kinder- und Jugendpsychiatrie“
im Hinblick auf die zu behandelnden
Altersgruppen der Kinder und Ju-
gendlichen, Auskunft.
Kinder- und Jugendheilkunde,
Kinder- und Jugendpsychiatrie
lm Zusammenhang mit der Sonder-
fachbeschränkung ist durch die Defi-
nition dieser Sonderfächer in der Ärz-
tinnen-/Ärzte-Ausbildungsordnung
2006, BGBl. II Nr. 286/2006, (AAO
2006), die Qualifikation der Fachärz-
tinnen/Fachärzte für Kinder- und
Jugendheilkunde sowie der Fachärz-
tinnen/Fachärzte für Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie ausdrücklich für den
Bereich des Kindes- und Jugendalters
ausgewiesen, daher auch auf dieses
Alter beschränkt.
Kinder- und
Jugendheilkunde
Allerdings ist auch in der Formulie-
rung der Definition des Sonderfaches
Kinder- und Jugendheilkunde in der
ÄAO 2006 ausdrücklich die Ausnah-
me der Überschreitung des Alters
im Einzelfall bei spezifischen Krank-
heitsbildern verankert (vgl. ,,...und
erforderlichenfalls bei spezifischen
Krankheitsbildern eine Weiterver-
sorgung im Erwachsenenalter bis zur
möglichen adäquaten Behandlungs-
übernahme durch Ärztinnen/Ärzte
anderer Fachrichtungen einschließt“).
Durch diese Definition wird jedoch
keine generelle Überschreitung der
Altersgrenze, sondern nur eine solche
in begründeten Einzelfällen als zuläs-
sig erachtet.
Psychiatrie und
Psychotherapeutische Medizin
Auch ist anzumerken, dass gerade
vor der Etablierung des Sonderfaches
Kinder- und Jugendpsychiatrie bei
entsprechender fachlicher Kompetenz
die Versorgung im kinder- und jugend-
psychiatrischen Bereich im Rahmen des
Sonderfaches für Psychiatrie erfolgte
und auch wie bisher fortgesetzt werden
kann, insbesondere zur versorgungs-
wirksamen Behandlung im kinder- und
jugendpsychiatrischen Bereich. Somit
besteht hinsichtlich der Altersgruppe
der Kinder und Jugendlichen eine
Überschneidung im Kompetenzbereich
des Sonderfaches Psychiatrie und Psy-
chotherapeutische Medizin zum Son-
derfach Kinder- und Jugendpsychiatrie.
Besonderheit der
Innere Medizin, Psychiatrie und
Psycho­therapeutische Medizin
Weiters ist im Rahmen der Definition
der Sonderfächer Innere Medizin so-
wie Psychiatrie und Psychotherapeu-
tische Medizin grundsätzlich keine
Beschränkung der Altersstruktur der
Patient­Innen gegeben, sodass, wie bei
jeder Übernahme einer spezifischen
Behandlung, auf die gegebene fachliche
Kompetenz im Sinne der Einlassungs-
fahrlässigkeit abzustellen sein wird.
Innere Medizin
Analog ist das Sonderfach für Innere
Medizin zum Sonderfach Kinder- und
Jugendheilkunde anzusehen, wonach
FachärztInnen für Innere Medizin als
spezialisiert im internistischen Fachbe-
reich die PatientInnen der Altersgruppe
der Kinder und Jugendlichen mit ent-
sprechenden Erkrankungen in fachkom-
petente Behandlung übernehmen, gege-
benenfalls auch bei entsprechender Fall-
konstellation/bestimmten Erkrank­ungen
ausschließlich zu übernehmen haben, im
Sinne der bestmöglichen Behandlung am
aktuellen Stand der Wissenschaft.
Die Ärztliche Aufklärung
Die Verletzung von Aufklärungspflichten ge-
winnt in der Arzthaftungsdiskussion der letzten
Jahre zunehmend an Bedeutung. Äußerst
bedenklich erscheinen in diesem Zusam-
menhang internationale Studien zum Einfluss
der kognitiven Dissonanz auf präoperative
Entscheidungsfindungsmechanismen von
PatientInnen. So waren 95% der PatientInnen
einen Tag nach einer Kataraktoperation trotz
standardisierter Aufklärung am Vortag nicht im
Stande, wenigstens drei von fünf wesentlichen
Komplikationen aufzuzählen. Über 35% der
PatientInnen behaupteten, gar nicht über Risiken
und Komplikationen aufgeklärt worden zu sein.
80% der PatientInnen behaupteten, nicht über
die Ätiologie des Katarakts unterrichtet worden
zu sein, 87% wussten nicht mehr, dass sie
hinsichtlich Behandlungsalternativen überhaupt
aufgeklärt wurden. Nach dem Grundsatz „vo-
luntas aegroti suprema lex“ ist die Patientin/
der Patient über die Diagnose, Therapie, die
mit der Therapie einhergehenden Risiken und
Komplikationen, Behandlungsalternativen und
sämtliche Umstände, welche es der Patientin/
dem Patienten ermöglichen, ein therapiege-
rechtes Verhalten (Compliance) zu ermöglichen,
aufzuklären.
Nur bei umfassend erfolgter Aufklärung kommt
eine Einwilligung der Patientin/des Patienten
in die Behandlung zustande. Unabdingbarer
Teilaspekt einer korrekten Aufklärung ist auch
das Erfordernis, dass die Ärztin/der Arzt sich
davon vergewissert, dass seine Patientin/sein
Patient die erfolgte Aufklärung auch tatsächlich
verstanden hat.
Entsprach die Aufklärung nicht den Anfor-
derungen der Rechtsprechung der Gerichte,
ist die ärztliche Heilbehandlung rechtswidrig
erfolgt, und können der Patientin/demPatienten
bei Vorliegen weiterer juristischer Vorausset-
zungen Schadenersatzansprüche zustehen.
Die Aufklärung soll dazu dienen, dass die
Patientin/der Patient Chancen und Risiken
eines Eingriffs in den Grundzügen versteht
und zu einer sachgerechten Risikoabwägung
in eigener Sache fähig ist. Die Aufklärung hat
grundsätzlich mündlich zu erfolgen, wobei eine
entsprechende Aufklärungsdokumentation vor
allem aus Beweisgründen von besonderer Be-
deutung ist, da Gerichte primär der Vermutung
folgen, dass nicht dokumentierte Maßnahmen
(so bspw. die ärztliche Aufklärung) von der
Ärztin/vom Arzt nicht getroffen wurden. Grund-
sätzlich kann zwar versucht werden, diesen
ersten „Anscheinsbeweis“ zu widerlegen, eine
solche Beweisführung ist jedoch schwierig und
misslingt häufig.
In der nächsten Kolumne werden wir uns mit
den Erfordernissen einer ordnungsgemäßen
Dokumentation befassen.
RA Dr. Karin Prutsch
RA Dr. Jörg Herzog
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