gesundheitspolitik
deutlich herausfordernder.
Fazit
Dänemarks Ruf kommt nicht
von ungefähr: Das Gesund-
heitssystem allein ist aber
nicht der Grund für seine At-
traktivität. Es spiegelt schlicht
die Art der DänInnen wi-
der, miteinander umzuge-
hen. Respekt ist hier nicht
hierarchisch bedingt, sondern
beruht auf Gleichwertigkeit.
PatientInnenorientierung
und Arbeiten im interdiszi-
plinären Team sind hier keine
abstrakten Konzepte in poli-
tischenDiskussionen, sondern
gelebte Realität. Das System
ist so angelegt, dass es diese
Art des Arbeitens fördert, aber
erst durch die Menschen wird
es mit Leben gefüllt. Etwas,
das wir in Österreich leider
häufig vergessen.
Sebastian Huter ist Mitglied
von JAMÖ (Junge Allgemein-
mediziner Österreich).
Der dänische Patient
„Der Ruf, der diesem
Land vorauseilt, bietet
quasi all das, was man
in Österreich nicht hat.“
Ærzte
Steiermark
 || 04|2014
23
Den 
kompletten Vergleich 
in Zahlen finden Sie 
auf unserem 
AERZTE Steiermark 
Online-Portal.
Dänemark
ist die häu-
figste Antwort auf die Fra-
ge nach dem vorbildlichen
Gesundheitssystem –
egal
ob man ÄrztInnen oder
GesundheitsplanerInnen
fragt. Vieles, was in Öster-
reich an Reformen ange-
dacht wurde, ist hier Rea-
lität. Nur ist das dänische
System teurer und hat
einen schlechteren Output.
Dänemark, halb Halbinsel,
halb Inseln, halb so groß
wie Österreich, etwas über
fünf Millionen Einwohner­
Innen, die Bevölkerungs-
dichte liegt etwas über der
österreichischen. Hiesige
Gesundheitsökonom­Innen
mögen das Gesundheitssy-
stem, junge Medizinerinnen
und Mediziner (siehe neben-
stehenden Beitrag) auch. Wa-
rum eigentlich? Im European
Health Consumer Index 2013
liegt Dänemark am vierten,
Österreich am zwölften Platz.
Aber schauen wir uns die
Fakten an:
Die dänischen Gesundheits-
ausgaben in Prozent des
Bruttoinlandsprodukts liegen
(knapp) über den österrei-
chischen, die Gesundheits-
ausgaben pro Kopf auch. Ge-
wachsen sind die dänischen
Gesundheitskosten in den
letzten zehn Jahren auch stär-
ker. Der Anteil der öffent-
lichen Gesundheitsausgaben
in Dänemark liegt bei 85, in
Österreich bei 76 Prozent.
Dafür ist die Lebenserwar-
tung in Dänemark geringer.
Bei der Kindersterblichkeit
ist Dänemark besser, um 0,5
Prozentpunkte. Däninnen
und Dänen gehen seltener
zum Arzt (4,6mal pro Jahr)
als die durchschnittlichen
Österreicherinnen und Ös-
terreicher (6,9mal). Die Spi-
talsbettendichte in Dänemark
ist etwas mehr als halb so
groß wie in Österreich. Es
gibt auch insgesamt weni-
ger Ärztinnen und Ärzte in
Relation zur Bevölkerungs-
zahl, dafür aber doppelt so
viel Pflegepersonal. Dafür ist
in Österreich der Anteil der
Allgemeinmedizinerinnen
und -mediziner in Relation
zu Fachärztinnen und Fach-
ärzten höher.
Ähnlich wie das österrei-
chische hat auch das dänische
Gesundheitssystem eine de-
zentrale Tradition, aber mit
der dänischen Gemeindere-
form (die übrigens als Vorbild
für die steirische gilt) wur-
den auch Spitalsstrukturen
in Richtung Zentralisierung
verändert. Dazu gehören
auch ein nationales Quali-
tätssicherungsprogramm, Be-
handlungspfade und eine hö-
here Betonung der leistungso-
rientierten Finanzierung.
Hausarztzentriert.
Was
Dänemark aber aus Sicht jun-
ger Medizinerinnen und Me-
diziner begehrenswert macht,
ist das im Jahr 2000 ins Leben
gerufene „Hippokrates“-Pro-
gramm, das den internationa-
len Austausch von Ärztinnen
und Ärzten in Ausbildung
fördert und diesen insbe-
sondere die Ausbildung zum
Facharzt für Allgemeinme-
dizin ermöglicht. Dänemark
hat eine „hausarztzentrierte
Primärversorgung“ heißt es in
einemArtikel für die deutsche
Zeitschrift für Allgemeinme-
dizin (ZFA). 99 Prozent der
dänischen Patientinnen und
Patienten sind demnach in ei-
ner hausärztlichen Patienten-
liste eingetragen. Nur mit
Überweisung gibt es Zugang
zu „wenigen niedergelassenen
Spezialisten“ (HNO, Augen,
Zahn) und zur ambulanten
oder stationären Spitalsbe-
handlung. Vieles wird an
nichtärztliche medizinische
Berufsgruppen delegiert, was
die Arzt-Patienten-Kontakte
dezimiert. Dazu kommen Te-
lefon- und E-Mail-Konsul-
tationen. Sogenannte „Arzt-
Sekretäre“ übernehmen Erst-
kontakte und entscheiden auf
Basis einer Checkliste, wie
rasch eine ärztliche Konsul-
tation zu erfolgen hat. Haus-
besuche (vor allem chronisch
Erkrankter) machen in den
meisten Fällen Pflegekräfte.
Die Hausarztpraxen erhalten
pro eingeschriebenen Ein-
wohner (auch wenn er nicht
in die Praxis kommt) 14 Euro
pro Jahr, rund ein Drittel des
Umsatzes kommt so zustande.
Das System ist einkommens-
steuerfinanziert.
Fazit:
In Dänemark ist vieles
Wirklichkeit, das in Öster-
reich auf den Wunschlisten
mancher Stakeholder steht,
von der Finanzierung aus
einer Hand, über das Haus­
ärztesystem bis zur Beteili-
gung nichtärztlicher Berufs-
gruppen. Nur eines ist das
dänische System nicht: preis-
werter oder gar kostengün-
stiger als Österreich.
martin novak
Quellen:
OECD Health Data 2013.
Solveig Carmienke, Michael
H. Freitag, Jochen Censichen,
Konrad Schmidt: Allgemein-
medizin in Dänemark. Bericht
von einer Teilnahme am Hip-
pokrates-Austauschprogramm.
In: ZFA 214; 90 (1) S. 43ff.
Health Systems in Transition
Vol. 14 No. 2012. Denmark.
Health system review. (Euro-
pean Observatory on Health
Systems an Policies).
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