Fotos: Huter
… gelobtes Land
Der Mediziner Sebastian Huter
absolviert
seit August 2013 sein letztes Studienjahr an der
„Aarhus universitet“. Für AERZTE Steiermark
schildert er seine Eindrücke aus Dänemark.
Sebastian Huter
Viele Medizinabsolventinnen
und -absolventen aus Ös-
terreich gehen, neben der
Schweiz und Deutschland, oft
noch weiter nach Norden –
etwa nach Dänemark. Der
Ruf, der diesem Land voraus-
eilt – flache Hierarchien, an-
genehme Arbeitsatmosphäre
und 35 Wochenstunden bei
gutem Gehalt – bietet quasi
all das, was man in Österreich
nicht hat. Und es verspricht
die Aussicht auf ein Dasein
als Ärztin oder Arzt ohne
Selbstaufgabe, Frustration
und Burnout. Ob es das hält?
Zusammenarbeit
als Grundlage
Dänemarks Gesundheitssy-
stem basiert auf Zusammen-
arbeit. Bereits in der Uni-
versität wird man auf seine
zukünftige Rolle praxisori-
entiert vorbereitet. Neben
ärztlichen Grundfertigkeiten
stehen dabei auch die ei-
gene Rolle im System und
die Kooperation mit ande-
ren Berufen im Vordergrund.
Daher begleitetet etwa jede/r
Studierende einen Tag eine
Heimpf lege, um deren Be-
rufsalltag kennenzulernen.
Dabei rückt natürlich die
Theorie ein wenig aus dem
Zentrum, der Stoff geht weni-
ger in die Tiefe als bei uns.
„Du, Per!“
Von den PatientInnen bis zu
den ProfessorInnen sind alle
per Du. Das fühlt sich an-
fangs merkwürdig an, macht
aber vieles einfacher. Durch
das Weglassen von Titeln
und Nachnamen entsteht sehr
schnell ein Zusammengehö-
rigkeitsgefühl, die sich auch
im Ausbildungs- und Be-
handlungsumfeld bemerkbar
macht. Kollegiale Supervisi-
on wird bereits im Studium
gelernt und praktiziert. Die
Hemmschwelle, Fragen zu
stellen, Probleme anzuspre-
chen oder Fehler zuzugeben,
ist geringer. PatientInnen
sind plötzlich Mitmenschen,
mit denen man gemeinsam
ein Problem lösen will.
„Hygge“ statt Arbeit?
Das ständige Konferieren und
Besprechen wirkt teilwei-
se unproduktiv, wenn auch
durch Unmengen von Kaffee
und mit den mitgebrachten
Pausenbroten sehr gemütlich.
Die kürzeren Arbeitszeiten
führen zum Teil zu weniger
Kontinuität im anwesenden
Personal, werden aber durch
die gute Teamarbeit kom-
pensiert. Übrigens sind die
DänInnen natürlich auch
nicht zufrieden mit ihrem
System: Oft hört man Be-
schwerden über zu wenig Zeit
für Patient­Innenkontakt und
zu viele zentrale Vorgaben: Es
ist wohl alles relativ.
Ausländer in Dänemark
Als Neuankömmling wird
man freundlich empfangen,
es ist aber schwierig, sich
einen Freundeskreis aufzu-
bauen. Außerdem ist Dänisch
zwar auf dem Papier leicht
zu verstehen, aber gerade am
Anfang im direkten Gespräch
Das Victor Al-
beck-Gebäude
der Universität
Aarhus.
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Ærzte
Steiermark
 || 04|2014
gesundheitspolitik
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