

Ærzte
Steiermark
|| 02|2017
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Foto: beigestellt
Inanspruchnahme von fachärztlicher
oder stationärer Versorgung ist in Nor-
wegen nur in Notfällen möglich oder
privat zu bezahlen. Fast alle Norweger
sind bei einem/r Allgemeinmediziner/
in oder Primärversorgungseinrichtung
eingeschrieben. Norweger müssen für
jeden Hausarztbesuch einen Eigenan-
teil von zirka 15 Euro bezahlen. Die
meisten HausärztInnen arbeiten in
multiprofessionellen Primärversor-
gungsteams, weniger als 10 Prozent
sind in Einzelpraxen tätig. Zirka 40
Prozent sind Frauen, die oft Teilzeit
arbeiten. Das Einkommen setzt sich
aus der Abrechnung von Einzelleis
tungen, des Eigenanteils der Patienten
und einem festen Satz für jeden einge-
schriebenen Patienten zusammen und
beträgt zirka 125.000 Euro pro Jahr.
Eine 2010 durchgeführte Befragung
zeigte, dass die Wartezeiten auf einen
Termin bei HausärztInnen über dem
europäischen Durschnitt liegen. Auf
der anderen Seite gibt es kaum ein
Land in Europa, wo die Bindung an
eine/n persönliche/n Hausärztin/arzt
so hoch ist wie in Norwegen.
Norwegen kämpft mit einem andau-
ernden Ärztemangel. Zirka 15 Prozent
der ÄrztInnen in Norwegen kommen
aus dem Ausland, vorwiegend aus den
skandinavischen Nachbarländern. Nach
dem Medizinstudium absolvieren alle
ÄrztInnen in Norwegen eine 18-mona-
tige Praktikumszeit, davon 6 Monate in
der Primärversorgung. Die allgemein-
medizinische fachärztliche Ausbildung
dauert mindestens fünf Jahre, wovon
mindestens drei Jahre in einem PVZ
absolviert werden müssen. Fachärz-
tInnen für Allgemeinmedizin müssen
alle fünf Jahre eine Rezertifizierung
bestehen und eine bestimmte Anzahl
von Fortbildungspunkten erwerben. Die
akademische Verankerung der Allge-
meinmedizin ist in Norwegen hervorra-
gend. Dementsprechend beeindruckend
ist auch der Forschungs-Output.
Erfahrungsbericht der deutschen All-
gemeinmediziners Harald Kamps
de
:
„Ich habe etwa 20 Jahre als Allgemein-
mediziner in Norwegen gearbeitet – als
staatlich angestellter Distriktsarzt, als
Gemeindearzt mit festem Gehalt und
als Listenarzt in der mittelnorwe-
gischen Universitätsstadt Trondheim.
Ich habe immer in hausärztlichen
Gemeinschaftspraxen gearbeitet. Ein
Patientengespräch dauerte meist 20 Mi-
nuten, an einem Tag waren meist 15 bis
20 Patienten in meinem Sprechzimmer,
sowohl auf dem Lande wie in der Stadt.
Täglich erlebte ich eine gute Zusam-
menarbeit mit der kommunalen Haus-
krankenpflege oder dem kommunalen
Pflegeheim. Hier arbeiteten kompetente
und motivierte Krankenpfleger, nicht
auf Weisung des Arztes, sondern mit
eigenen Qualitätszielen und direkt von
den Menschen beauftragt. Hausarzt-
arbeit wurde oft als gute Teamarbeit
erlebt.“
a
Quellenzitate zur Erstellung dieser Pu-
blikation finden sich im Teil 1 dieser Ar-
tikelserie, in AERZTE Steiermark 1/2017.
b
http://www.allgemeinmedizin.uni-jena.
de/content/publikationen/2014/e46794/
infoboxContent46811/2014-003_Carmi-
enkeetal_AllgemeinmedizininDnemark_
ger.pdf (gekürzt und zusammengefasst)
c
www.laekh.de/images/Hessisches_Ae-rzteblatt/2015/09_2015/Im_Gespraech_
Schweden_09_2015.pdf (gekürzt und
zusammengefasst)
d
https://www.online-zfa.de/article/vergleich-des-deutschen-mit-dem-
norwegischen-primaerarztsystem-aus-
aerztlicher-sicht/originalarbeit-original-
papers/y/m/978
e
https://www.aerzteblatt.de/pdf/105/23/a1276.pdf (gekürzt und zusammen
gefasst)
Veranstaltungstipp: Zukunftskonfe-
renz 2.0: Interprofessionalität in der
Primärversorgung. 7. und 8. April
2017 an der Meduni Graz.
Anzeige
Erleichterungen bei der
USt auch für Ärzte
Bei der Berechnung der Kleinunter-
nehmergrenze wird es zu einer Verein-
fachung kommen. Ab 2017 sind bei
der Berechnung der Umsatzgrenze
von EUR 30.000 bestimmte unecht
umsatzsteuerbefreite Umsätze nicht
mehr einzubeziehen. Diese unecht
umsatzsteuerbefreiten Umsätze sind
beispielsweise Tätigkeiten als als Arzt
oder als Vortragender an Erwachse-
nenbildungseinrichtungen.
Beispiel: Ein Arzt erzielt Honorare aus
ärztlicher Tätigkeit von EUR 80.000,
zusätzlich hält er Vorträge und erhält
daraus Einnahmen in Höhe von EUR
12.000.
Bis einschließlich 2016 mussten die
Vorträge umsatzsteuerpflichtig behan-
delt werden, weil der Gesamtumsatz
EUR 92.000 beträgt und somit die
Kleinunternehmergrenze überschritten
wurde. Von den Vorträgen waren 20
% Umsatzsteuer abzuliefern, jedoch
stand auch der Vorsteuerabzug zu.
Ab dem Jahr 2017 wird nun der unecht
befreite Umsatz als Arzt in die Berech-
nung der Kleinunternehmergrenze
nicht mehr einbezogen. Somit kann
für die Einnahmen aus den Vorträgen
die Kleinunternehmerregelung in An-
spruch genommen werden. Es muss
für die Vorträge keine Umsatzsteuer
verrechnet werden, dafür steht auch
kein Vorsteuerabzug zu.
serie
Primärversorgung 2