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Ærzte
Steiermark
|| 02|2017
serie
Primärversorgung 2
Grafik: Conclusio
nals zusammen. Zusätzlich
wurden in den letzten Jahren
zahlreiche Gesundheitszen-
tren („Municipal Health Ser-
vices“) geschaffen, in denen
AllgemeinmedizinerInnen
mit Pflegekräften, Physiothe-
rapeutInnen, Psychothera-
peutInnen, Hebammen und
anderen Gesundheitsberufen
zusammenarbeiten.
Von den 28 Mitgliedsstaaten
der EU haben 15 ein Gatekee-
ping-System. Das bedeutet,
AllgemeinmedizinerInnen
oder Primär versorgungs-
einrichtungen müssen im
Krankheitsfall zuerst aufge-
sucht werden. In Dänemark
gibt es Anreize, zuerst in
die Primärversorgung zu
gehen, bei Zuzahlung kann
aber auch der direkte Weg
zur fachärztlichen Sekun-
därversorgung gewählt wer-
den. Die Primärversorgung
muss gesetzlich vorgeschrie-
ben 24 Stunden am Tag das
ganze Jahr über erreichbar
sein. Die Bezahlung erfolgt
über einen Mix aus Kopf-
pauschale (zirka ein Drittel
des Einkommens) und Ein-
zelleistungsvergütung. Ein/e
typische/r Hausarzt/ärztin er-
hält 95 Prozent des Einkom-
mens aus öffentlichen Mit-
teln. In Dänemark verdient
eine/ein durchschnittliche/r
Stefan korsatko
Dänemark, Schweden und
Norwegen belegen in den
meisten europäischen Ran-
kings Top-Platzierungen. Bei
der Einkommensverteilung
liegt Dänemark ganz vorne,
der Reichtum Norwegens ist
Legende und in kaum einem
Land ist die Gleichstellung
der Geschlechter so fortge-
schritten wie in Schweden.
Was Schweden betrifft, lei-
den ohnehin viele von uns
am „Bullerbü-Syndrom“, bei
welchem Schweden als ein
romantischer Ort idealisiert
wird, mit glücklichen Men-
schen in roten Häusern, um-
geben von einer unberührten
Natur, geführt von klugen
und unbestechlichen Politi-
kern.
Auch in der aktuellen Debatte
rund um die Primärversor-
gung sind es die skandina-
vischen Länder, die anschei-
nend alles besser machen als
wir hier in Österreich. In
diesem Teil der Serie zur
Primärversorgung in Europa
wollen wir uns Dänemark,
Norwegen und Schweden nä-
her betrachten
a
.
Dänemark – hoher Grad
der Zusammenarbeit
Dänemark ist etwas kleiner
als Österreich und mit 130
Einwohnern pro km
2
dich-
ter besiedelt. 11 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts (BIP)
fließen in das durch Steuern
finanzierte Gesundheitssys
tem. Bei den Ausgaben pro
Einwohner und bei der Le-
benserwartung liegen Däne-
Allgemeinmediziner/in mehr
als ein/e durchschnittliche/r
Oberärztin/arzt im Kranken-
haus.
Die allgemeinmedizinische
Ausbildung dauert in Däne-
mark sechs Jahre, wobei min-
destens 30 Monate in einer
öffentlich finanzierten allge-
meinmedizinischen Lehrpra-
xis absolviert werden müssen.
Eine Rezertifizierung ist nicht
verpflichtend, jedoch muss
ein Mindestmaß an Fort- und
Weiterbildung nachgewiesen
werden. Die akademische
Verankerung der Allgemein-
medizin hat in Dänemark
eine lange Tradition. Allein
in der Sektion Allgemein-
medizin am Department Pu-
blic Health der Universität
Kopenhagen arbeiten über
40 Personen. Mit fast 100
in MEDLINE gelisteten Pu-
blikationen pro Jahr schafft
die akademische Allgemein-
medizin in Dänemark mehr
Veröffentlichungen als ihre
österreichischen Kollegen in
den letzten 50 Jahren.
Das „Danish College of Ge-
neral Practice“ entwickelt
praxisrelevante Leitlinien
und sorgt gemeinsam mit
der öffentlich finanzierten
„Danish Quality Unit of Ge-
neral Practice“ (DAK-E) für
die Qualitätssicherung. Alle
HausärztInnen verwenden
eine einheitliche Software,
mittels der eine elektronische
Patientenakte angelegt wird.
Die Daten werden zentral
gespeichert und für die Qua-
litätssicherung und Versor-
gungsforschung verwendet.
mark und Österreich gleich-
auf. Dänemark kommt mit
fast einem Drittel der Kran-
kenhausbetten aus, die Zahl
der Entlassungen war 2014
mit 152 Personen pro 1.000
Einwohner etwas mehr als
halb so hoch wie in Öster-
reich. Bei uns landen Dia-
betiker dreimal häufiger im
stationären Bereich als in den
drei ausgewählten skandina-
vischen Ländern.
In der Primärversorgung ar-
beiten unterschiedliche Ge-
sundheitsberufe, wobei selbst-
ständig tätige Allgemein-
medizinerInnen mit öffent-
lichem Vertrag eine zentrale
Rolle einnehmen. 98 Prozent
der Bevölkerung sind bei
einer/m Hausärztin/arzt ein-
geschrieben. Im Schnitt sind
es 1.600 Personen pro Ärztin/
Arzt. Der Frauenanteil in der
Allgemeinmedizin liegt bei 43
Prozent. Im Schnitt sehen die
Dänen ihre/ihren Hausärztin/
arzt 7-mal pro Jahr und da-
mit in etwa gleich oft wie die
Österreicher. Seit 1980 nimmt
die Zahl der Gruppenpraxen
stetig zu. Derzeit arbeiten et-
was mehr als zwei Drittel der
HausärztInnen in Dänemark
mit mindestens einer/einem
weiteren Hausärztin/arzt und
im Schnitt mit zwei nicht-
ärztlichen Health Professio-
Dänemark, Norwegen, Schweden
– die Länder im Norden Europas
gelten als Vorzeigemodelle, wenn es um Bildung, Soziales und Gesundheit
geht. Gilt das auch für die Primärversorgung?
Skandinavien: Alles besser?
„Auch in der aktuellen Debatte rund um die
Primärversorgung sind es die skandinavischen
Länder, die anscheinend alles besser machen als
wir hier in Österreich.“