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Ærzte

Steiermark

 || 02|2017

21

gesundheitspolitik

vertretbare Verschwendung

von Finanzmitteln mit dem

Ziel, qualitativ hochwertige

und gut funktionierende pri-

vatwirtschaftlich organisierte

CT/MRT-Institute zu behin-

dern und in letzter Konse-

quenz zu verdrängen. Den

Patientinnen und Patienten

wird dadurch nicht geholfen!“

Darauf, dass bildgebende Dia­

gnostik nur ein Segment der

medizinischen Versorgung

ist, weist

Sebastian Lehofer,

Vorsitzender des Steirischen

Landesverbandes für Psycho-

therapie hin:

„In psychischen

Üb e r l a s t ung s s i t ua t i one n

braucht es zeitnahe und leist-

bare Psychotherapie. Seit 1992

beträgt die Zuschussleistung

vieler Kassen dafür lediglich

21,80 Euro. Konnten damals

noch durchschnittlich 50 Pro-

zent der Behandlungskosten

gedeckt werden, so sind es heu-

te nur mehr rund 25 Prozent.

Zwar gibt es positive Ansätze

wie die Schaffung zahlenmäßig

begrenzter Sachleistungskon-

tingente, welche bestimmten

PatientInnengruppen kosten-

freie Psychotherapie ermög-

lichen. Von einer adäquaten

und ausreichenden psycho-

therapeutischen Versorgung

sind wir allerdings noch weit

entfernt.“

Christoph Schweighofer,

Sty-

riamed.net-

Koordinator:

„Jede

Allgemeinpraxis im Styriamed.

net-Netzwerk ist längst schon

eine ‚Terminservicestelle‘, die

genau diese Priorisierungen

vornimmt. Das funktioniert

Fachärztliche

Versorgung

Der ambulante Bereich soll

„durch Facharztstrukturen un-

ter einem Dach ausgebaut wer-

den (Bsp. Schmerzversorgung)

– mit längeren Öffnungszeiten,

einem umfassenden Leistungs­

angebot und kurzen Wegen für

PatientInnen. Die rechtlichen

Voraussetzungen sollen so

rasch wie möglich geschaffen

werden.“

Dazu

Norbert Meindl,

ge-

schäftsführender stv. Kurien­

obmann Niedergelassene

Ärzte in der Ärztekammer

Steiermark:

„Das klingt für

Patientinnen und Patienten

und vielleicht auch manche

Ärztinnen und Ärzte gut –

aber nur auf den ersten Blick.

Die Konzentration auf Zen-

tren heißt, dass die wohnort-

nahe fachärztliche Versorgung

zurückgedrängt wird. Zentren

können eine Ergänzung sein,

aber sie sind kein Ersatz für

die Versorgung durch Fachärz-

tinnen und Fachärzte. Auch

die Zusammenarbeit mit den

Allgemeinmedizinern wird

durch reine Zentrumslösungen

erschwert, ebenso die Kontinu-

ität der Behandlung.“

Rücklagen in den

Sozialversicherungen?

Die Krankenversicherungs-

träger verfügen über rund

2,65 Milliarden Euro an

Rücklagen (Stand 2015). Die

Bilanzpositionen Wertpa-

piere, gebundene Einlagen

und kurzfristige Einlagen be-

liefen sich auf rund 3,7 Milli-

im Zusammenwirken mit den

fachärztlichen Kolleginnen und

Kollegen sehr gut – es kostet

nur nichts extra. Statt die Din-

ge neu erfinden zu wollen, sollte

man auf solche praktischen Er-

fahrungen zurückgreifen und

Hilfestellungen geben, um sie

weiter zu stärken.“

Wohnortnahe

Versorgung

Der Plan A will „neue Model-

le der wohnortnahen Erstver-

sorgung fördern, in denen die

Gesundheits- und Sozialbe-

rufe (HausärztInnen, Thera-

peutInnen, PflegerInnen oder

auch SozialarbeiterInnen) in

Teams enger zusammenar-

beiten – in lokalen Netzwer-

ken oder Zentren, mit einem

umfassenden Angebot nahe

am Wohnort und längeren

Öffnungszeiten“.

Dazu

Johannes Steinhart,

Bundesobmann der Nieder-

gelassenen Ärzte in der Ös-

terreichischen Ärztekammer

in einer Aussendung:

„Die

Modelle der Ärztekammer für

eine moderne und vernetzte

hausärztliche Versorgung lie-

gen auf dem Tisch, wir sind je-

derzeit zu Gesprächen bereit.“

Aber:

„Der Vorschlag Kerns,

kasseneigene Einrichtungen

auszubauen, könne nur Plan

X, Y oder Z sein. Denn wie

dem Kanzler sicher bekannt

ist, sind diese Einrichtungen

die teuerste Variante und für

den Patienten mit ihrer Ano-

nymität und Zentrenbildung

weder wohnortnah noch kos­

tengünstig.“

arden. Rechnet der Plan A vor

und fordert die Auflösung:

„Die Rücklagen könnten wir

gleich für die Verbesserung

der ärztlichen Versorgung

einsetzen. Schließlich sollen

die Beiträge der Versicherten

auch diesen zugutekommen,

anstatt gehortet zu werden.“

Dazu wieder Hauptverbands-

vorsitzende

Ulrike Rabmer-

Koller:

„Die Rücklagen in der

Sozialversicherung sind die

eiserne Reserve der Versicher-

tengemeinschaft – damit muss

verantwortungsvoll und weit-

sichtig umgegangen werden.

Eine Auflösung ist ein Einmal­

effekt ohne jede nachhaltige

Wirkung. Es würde nur hei-

ßen, dass wir kurzfristig noch

mehr Geld ohne Reformen ins

System stecken. Das würde

bei den Versicherten keinerlei

spürbaren Effekt haben. Der-

zeit verfügen gerade einmal 6

von 14 Krankenkassen über

die gesetzlich vorgeschriebenen

Reserven von nicht einmal 200

Euro pro Österreicher und

Österreicherin – das ist sehr

wichtig, um auch in Krisen-

fällen voll leistungsfähig zu

sein. Wenn die Politik will,

dass man für den Krisenfall

einer Epidemie nicht mehr

gerüstet ist, muss man das

offen bekennen. Wenn jetzt

das Vermögen unserer Versi-

cherten ohne Konzept mit der

Gießkanne ausgeschüttet wird,

fehlen uns die Mittel für die

Leistungen von morgen und

die langfristige Absicherung

der Gesundheitsversorgung für

künftige Generationen.“

Fotos: Wenzel, Furgler, Conclusio, Schiffer, Königshofer, Zeitler

Nussbaum

Rabmer-Koller

Hoff

Lehofer

Schweighofer

Steinhart

Meindl