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Ærzte

Steiermark

 || 02|2017

25

RECHT

Fotos: beigestellt, Fotolia

Vorauszuschicken ist: Die

erste höchstgerichtliche Ent-

scheidung zur Prüfpf licht

von Arztbewertungsportalen

wurde in Deutschland ge-

troffen. Doch sei die Ent-

scheidung „auf die österrei-

chische Rechtslage aufgrund

der vergleichbaren Gesetze

gut anwendbar“, so der auf

Medienrecht spezialisierte

Rechtsanwalt Stefan Schoeller

von der Grazer Kanzlei PMSP.

Geklagt hat in diesem Fall ein

Zahnarzt, den ein anonymer

Nutzer des Bewertungspor-

tals unter der Internetadresse

www.jameda.de

in Hinblick

auf Behandlung, Aufklärung

und Vertrauensverhältnis ne-

gativ bewertet hatte – nach

dem Schulnotenprinzip und

ohne konkrete Beschreibung

der Behandlung.

Der Arzt beantragte vor Ge-

richt die Entfernung der Be-

wertung, mit dem Argument,

diese sei geeignet, ihn in der

Öffentlichkeit herabzusetzen

und greife daher in seine

Persönlichkeitsrechte ein.

Weiters vermutete er, die Be-

urteilung sei überhaupt ohne

vorangegangene Behandlung

erfolgt.

Der beklagte Portalbetrei-

ber holte zwar eine Stellung-

nahme vom Verfasser der

Bewertung ein, erklärte aber

dem Arzt, er sei nicht dazu

den. Der Betrieb des Por-

tals dürfe dadurch aber nicht

wirtschaftlich gefährdet wer-

den. „Im konkreten Fall hät-

ten die Portalbetreiber dem

Nutzer die

Stel lung-

nahme des

A r z t e s

üb e r s en-

d e n

m ü s s e n

und zusätz-

lich Unterla-

gen anfordern

verpflichtet, von Nutzern ins

Netz gestellte Beiträge auf

eventuelle Rechtsverletzung

hin zu überprüfen. Zudem

berief er sich auf die Mei-

nungs- und Medienfreiheit.

Rufschädigung evident

In weiterer Folge wurde die

Causa bis zum Bundesge-

richtshof weitergereicht. Die-

ser stellte eindeutig fest, dass

die Bewertung ärztlicher Leis-

tungen mit „ungenügend“

ausreicht, um den Ruf des

Arztes oder der Ärztin zu

schädigen. Zwar fällte der

BGH keine endgültige Ent-

scheidung (weil seiner An-

sicht nach noch eine Ver-

fahrensergänzung notwendig

sei), hielt aber Folgendes fest:

Grundsätzlich sind Betreiber

eines Ärztebewertungspor-

tals nicht verpflichtet, Beiträ-

ge auf ihre Rechtmäßigkeit

zu überprüfen. Erlangen sie

jedoch Kenntnis von einer

Rechtsverletzung – wie in die-

sem Fall durch Hinweis des

betroffenen Arztes –, müssen

sie den Sachverhalt umgehend

prüfen. Auf welche Weise,

sei im Einzelfall zu entschei-

müssen, aus der sich Indizien

für die erfolgte Behandlung

ergeben“, erklärt Rechtsan-

walt Schoeller.

Stößt ein Arzt oder eine Ärz-

tin also auf eine unverdient

negative Bewertung auf einem

Webportal, rät Schoeller, sich

nicht im Stillen zu ärgern,

sondern sofort schriftlich an

den Portalbetreiber heran-

zutreten, den Sachverhalt

aus eigener Sicht zu

schildern und eine

Überprüfung der

Bewertung zu for-

dern. Durchaus

unter Berufung

auf das er-

w ä h n t e

Urteil.

Erste höchstgerichtliche

Entscheidung zu Arztportalen

Schlechte Noten im

„Zeugnis“ eines Arztbewertungsportals

sind nicht nur ärgerlich, sondern können den ärztlichen Ruf

schädigen. Zur Überprüfung der Angaben verpflichtet sind

Portalbetreiber jedoch erst, wenn sie von einer (möglichen)

Rechtsverletzung erfahren.

„… sich nicht im Stillen ärgern,

sondern sofort schriftlich an den

Portalbetreiber herantreten …“​

Stefan Schöller