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ÆRZTE

Steiermark

 || 01|2017

15

Fotos: Conclusio, Wendler

15A VEREINBARUNG

len die Österreicher bejubeln?

Diese 200 Millionen Euro wer-

den anderswo weggenommen,

sonst würde es nicht billiger.

100 Primärversorgungszen-

tren heißt: Für 2.000 öster-

reichische Gemeinden gibt es

weniger ärztliche Versorgung,

für die Menschen ist sie weiter

weg, für manche unerreichbar

weit weg. Teamwork, wie es

sich die jungen Ärzte wün-

schen, gibt es in den Zentren

auch nicht. Es kann ja immer

nur ein Arzt gleichzeitig da

sein. Fachärzte sind über-

haupt nicht vorgesehen.

Und andere Gesundheitsbe-

rufe? Was wirklich helfen wür-

de, wäre die Lockerung der

Kontingente für Psychothera-

pie, Physiotherapie, Ergothe-

rapie, Logopädie etc., damit

Menschen nicht so lange auf

eine Therapie als Kassenleis­

tung warten müssen. Außer

sie bezahlen sie zusätzlich.

Was noch mehr Zwei-Klassen-

Medizin bedeutet.

Was als Gesundheitsreform

verkauft wird, ist eine Mogel-

packung. Die Ärzte als unbe-

queme Mahner, die genau wis-

sen, wovon sie sprechen, sollen

mundtot gemacht werden. Die

Warnungen anderer Gesund-

heitsberufe werden überhaupt

ignoriert. Die Macht der

Krankenkassen, die in erster

Linie den eigenen, finanziellen

Erfolg im Auge haben, wird

noch größer.“

In einem Kleine-Zeitung-In-

terview fasste er es so zusam-

men:

„Es ist kein Spiel, son-

dern eine ernste Problematik:

In einer Ärztegeneration wird

für den Patienten nichts mehr

so sein, wie es jetzt ist. Der

Bevölkerung wird durch die

Reformen der wohnortnahe

Hausarzt genommen – und

da ist uns jedes Mittel recht,

dagegenzuhalten. Dabei geht

es nicht um unser Geld. Ärzte

werden weiter gebraucht.“

Die Auswirkungen der Ver-

änderungen werden Patien-

tinnen und Patienten wohl

erst in einigen Jahren spüren.

Das erklärt auch, warum sie

sich in der aktuellen Debatte

eher ruhig verhalten haben.

Es geht nicht gegen Ärzte-

zentren, wie die Politik im-

mer wieder glauben machen

wollte, sondern gegen Zen-

tren, in denen Ärztinnen und

Ärzte nur Erfüllungsgehilfen

sind und nicht die Medi-

zin, sondern der Rechenstift

Vorrang hat. Es geht darum,

zu verhindern, dass medizi-

nische Angebote in Zukunft

den Städten vorbehalten sind,

während das Land die ärzt-

liche Versorgung verliert. Es

geht darum, dass die Wirt-

schaftsleistung (das Brutto-

inlandsprodukt) bestimmt,

wie gut oder schlecht die

medizinische Versorgung der

Bevölkerung sein wird.

Wie hatte es Lindner in der

Kleinen Zeitung formuliert?

„Wir warnen vor der Ver-

schlechterung, die gefährlich

für die Patienten ist. Deshalb

will man uns eigenständige

und freie Ärzte eliminieren.

Die Gesundheitspolitik wird

von Finanzern, Technikern

etc. gemacht, aber nicht von

Ärzten, die das System kennen.

Dass das Gesundheitssystem

unfinanzierbar sei, ist eine

dreiste Lüge. Wir haben es

schwarz auf weiß bewiesen:

Die Ausgaben haben in Relati-

on zum Bruttoinlandsprodukt

sogar abgenommen. Auch das

wird verschwiegen.“

Das wird alles nicht so kom-

men, versprachen die po-

litischen Entscheider im

November und Dezember,

auch wenn die rechtlichen

Voraussetzungen für die Aus-

höhlung der österreichischen

Gesundheitsversorgung ge-

schaffen wurden.

Dass sie das ernst meinen,

müssen sie aber erst beweisen

– auch auf Landesebene.

(siehe Seite 44)

Die Bundesregierung hat die

15a-Vereinbarung durchgeboxt

– und versprochen, dass vieles

nicht so kommen wird, wie

esdie Gesetzeslage ermöglicht.

Jetzt wird sie beweisen müssen,

dass sie dieses Versprechen

auch einhalten wird.