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ÆRZTE
Steiermark
|| 01|2017
15A-VEREINBARUNG
Fotos: Rieger, Trnoska, Wurm, Schwingshandl, Babos, Gsöllpointner, Braunhuber, Spreizer, Albrecht
„Der Bundesvorstand des
Österreichischen Bundesver-
bands für Psychotherapie ist
besorgt, dass folgende wert-
volle Rechtsgüter der seit 65
Jahren grundsätzlich erfolg-
reichen ASVG-geregelten
Krankenbehandlung durch
die aktuell beabsichtigte Ge-
sundheitsreform aufgehoben
werden …“
Das war eine der
Aussagen, die im Vorfeld des
Beschlusses zur 15a-Verein-
barung im österreichischen
Nationalrat kaum öffentliche
Wahrnehmung fanden. Weit-
gehend begnügte man sich
damit, einen Kampf zwischen
Politik und Ärzteschaft her-
beizureden – und den Ärzten
(wortwörtlich und wieder-
holt) „Lüge“ und „Propagan-
da“ vorzuwerfen.
Gesundheitsministerin Sa-
bine Oberhauser selbst ver-
wendete die Begriffe, um in
einem ZiB2-Interview (siehe
Bild des Monats) die Notwen-
digkeit einer Reform unter
anderem damit zu begrün-
den, dass an einem Mittwoch
Nachmittag in Niederöster
reich keine einzige allgemein-
medizinische Kassenpraxis
geöffnet habe. Erst tags da-
rauf zog sie diesen Vorwurf
in einem kleinen Facebook-
Posting zurück – ohne aller-
dings die Fakten zu berichten,
Der steirische Ärztekammer-
präsident Herwig Lindner
brachte es in einem Kommen-
tar für die Kronenzeitung auf
den Punkt:
„Andere Länder
mit guten Sozialsystemen wie
die Niederlande, Schweden,
Deutschland, Dänemark …
sind weit besser. Österreich ist
in der Gesundheitsversorgung
am absteigenden Ast. Dass
die Politik das gegenüber den
Bürgern verschweigt, macht
es noch schlimmer. Wir haben
ein Gesundheits-PISA, und
es wird nicht einmal darüber
gesprochen.
200 Millionen Euro soll es für
100 Primärversorgungszen-
tren geben, heißt es. Das sol-
dass nämlich weit über 200
Allgemeinmedizinerinnen
und Allgemeinmediziner am
Mittwoch Nachmittag ihre
Praxen geöffnet haben. Auch
wenn man Oberhauser für
die Fehlinformation keinen
persönlichen Vorwurf ma-
chen muss – sie hatte nach
eigener Aussage falsche In-
formationen – bleibt doch
ein schaler Nachgeschmack.
Allerdings nicht bei vielen,
die diese „Entschuldigung“
auf Facebook kommentierten,
um den Mut und die Ehrlich-
keit der Ministerin zu loben.
Einen Keil zwischen Ärzte-
kammern auf der einen und
Ärztinnen und Ärzten auf
der anderen Seite zu treiben,
war während der gesamten
Diskussion ein immer wieder
verwendetes Mittel. Was da-
bei übersehen wurde: Ärzte-
kammer-„Funktionärinnen
und -Funktionäre“ sind im-
mer in erster Linie Ärztinnen
und Ärzte – schon deswegen,
weil das eine Voraussetzung
dafür ist, überhaupt in ge-
wählter Funktion in einer
Ärztekammer tätig sein zu
können. Hauptberuf liche
Funktionäre kann es in einer
Ärztekammer – im Gegen-
satz zu manchen anderen
Institutionen – schlicht nicht
geben.
(Fast) alle
gegen
die Ärzte
Viele PolitikerInnen freuen
sich, die Umsetzungs-
gesetze zur 15a-Vereinbarung gegen die Ärzte
durchgeboxt zu haben. Für die ÄrztInnen halten
sich die negativen Auswirkungen in Grenzen, für
die zu versorgende Bevölkerung aber nicht – wenn
die Dämme nicht abgedichtet werden.
Was als Gesundheits
reform verkauft wird,
ist eine Mogelpackung.
Die Ärzte als unbe
queme Mahner,
die genau wissen,
wovon sie sprechen,
sollen mundtot
gemacht werden. Die
Warnungen anderer
Gesundheitsberufe
werden überhaupt
ignoriert.
Herwig Lindner
Steirische Ärztinnen und Ärzte
warnen vor einer „Weniger ist
(nicht) mehr“-Politik.