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ÆRZTE
Steiermark
|| 01|2017
Foto: Furgler
stetiger Wissensfluss, ein Ver-
ständnis füreinander und eine
Basis für eine bessere Kommu-
nikation.
Weltweit sind Gesundheits-
zentren unter der Leitung von
Ärzten bereits etabliert und
werden erfolgreich betrieben.
Idealerweise wären den Spitä-
lern Gesundheitszentren vor-
gelagert, die die Ambulanzen
für diese Spitäler und die ta-
gesklinischen Therapien zum
Teil mit übernehmen. Siehe z.
B. die USA, wo die Spitalsärzte
in einer eigenen Gesellschaft
die Ambulanzen der Kliniken
betreiben. Nur der „Emer-
gency Room“ (EBA etc.) wird
direkt durch die Klinik be-
trieben. Das ergibt eine WIN
(System) – WIN (Arzt) – WIN
(Patient) Situation!
Wie sollte ein Ärzte-(Gesund
heits-)Zentrum aussehen?
Das Wichtigste in einem
Ärztezentrum ist der Patient –
der Mensch im Zentrum! Um
diesen herum sollte das Sys-
tem aufgebaut sein. Das bedeu-
tet, dass der Arzt nicht minder
wichtig ist, da er sich ja um den
Patienten kümmern muss. In
einem gut funktionierenden
Gesundheitszentrum sind
Aufgaben und Kompetenzen
GERD M. IVANIC
Täglich wird man in den Me-
dien mit dem Thema Ärzte-
zentrum/Gesundheitszentrum
konfrontiert. Eine Definition
fehlt. Für die Politik ist es
ein „Gesundheitsbetrieb“, in
dem es auch Ärzte geben wird.
Für Immobilienentwickler ist
es der krankhafte Versuch,
Räume zu füllen. Für Ärzte
bedeutet es die Möglichkeit,
in einem fächerübergreifen-
den Team unter Nutzung
gemeinsamer Ressourcen zu
arbeiten. Bisher waren die
Möglichkeiten rechtlich stark
eingeschränkt, das Anstellen
eines Arztes durch einen Arzt
verboten. Verschiedene andere
Zusammenschlüsse waren un-
möglich oder sinnlos.
Jetzt, wo die Politik aber das
enorme Potenzial von Ärzte-
zentren zu erkennen beginnt,
soll alles möglich werden. Bloß
die Ärzte, die Hauptleistungs-
erbringer und „Namensgeber“,
bleiben außen vor. Das ist
schade und der Sache nicht
dienlich. Wissen sie doch am
besten selbst, was sie und „ihre“
Patienten brauchen. Gepaart
mit einer wirtschaftlichen
Komponente und den ent-
sprechenden rechtlichen Rah-
menbedingungen könnte hier
wirklich Großes und Positives
für alle Beteiligten entstehen.
Wie könnte nun eine Weiter-
entwicklung im Sinne einer
Reform aussehen?
Man sollte Bewährtes behal-
ten, Neues hinzufügen und
nicht mehr Zeitgemäßes strei-
chen. Eine Dreiteilung in Ein-
zelordinationen, Ärztezentren
von Ärzten/Therapeuten/
DGKS/Organisationsteam etc.
klar verteilt. Der Arzt gehört
bestmöglich von nichtmedizi-
nischen Aufgaben freigespielt.
Das beginnt bei einer moder-
nen Terminvereinbarung mit
Datenerfassung/-verarbeitung
und geht über die Zentrumsla-
ge (öffentliche Verkehrsmittel,
Parkplätze, Barrierefreiheit)
bis hin zu einer guten Compu-
terausstattung.
Je nach Ausrichtung des Zen-
trums kann es fix zugewiesene
Räume für einzelne Ärzte oder
Therapeuten geben, oder die-
se werden zur verbesserten
Ausnutzung mehrfach benützt
(z. B. Arzt hat eigenes Büro,
Behandlungsräume werden
gemeinsam genützt – typisch
amerikanisches System zur
Raumökonomisierung).
Alle Behandlungsräume ha-
ben die gleiche Basisausstat-
tung mit identem PC, Drucker,
Schreibtisch, Handwaschbe-
cken, Seifenspender, Desinfek-
tionsmittelspender, Handtuch-
halter, Kasten und elektronisch
verstellbarer Behandlungslie-
ge. Nur für die Psychiatrie
und ähnliche Verwendungen
(Aufklärungsgespräche, Pati-
entenverfügungen etc.) wird
die Liege durch eine Couch
ersetzt. Zusatzausstattungen je
nach Fachrichtung (Sonogra-
fie, Waage, EKG, Zentrifuge,
Blutdruckmessgeräte, Gyn-
Stuhl, HNO etc.). Durch z. B.
einen absperrbaren Trolley hat
jeder Arzt vor Ort Platz für
seine persönlichen Utensilien.
So ist eine Standardisierung
möglich. Alle Räume müssen
(besser noch Gesundheitszen-
tren: klingt „gesünder“ und
beinhaltet verwandte Berufs-
gruppen), Krankenhäuser und
deren intensive Vernetzung
würde Sinn machen.
Einzelordinationen, möglichst
wohnortnahe, müssen unbe-
dingt bestehen bleiben. Sie
haben sich in den letzten Jahr-
zenten bewährt und stellen
einen „Wissenspool“ über die
ihnen anvertrauenden Pati-
enten dar. Entsprechende Ab-
geltungen der erbrachten Leis-
tungen sind zwingend notwen-
dig, um das wirtschaftliche
Überleben zu sichern. Kein
„Gesundheitszentrum“ kann
günstiger und sinnvoller vor
Ort betrieben werden. Es muss
auch nicht in jedem 10-Seelen-
Dorf einen eigenen Hausarzt
geben, aber eine gute Erreich-
barkeit sollte gewährleistet sein.
Die Vernetzung der einzelnen
Ordinationen mit Ärztezen-
tren und Krankenhäusern ist
Pflicht. Ein niedergelassener
Arzt darf kein geprügelter Bitt-
steller für seine Patienten wer-
den. Es gehören Ressourcen
im stationären Bereich für
einen effizienten Übergang
von ambulant zu stationär
vorgehalten.
Spitäler sollten Notfallsambu-
lanzen betreiben. Die Spezial
ambulanzen sind durch die
entsprechenden niedergelas-
senen Fachärzte zu beschicken.
„Allgemeine“ Krankheitsbilder
gehören in den niedergelas-
senen Bereich, in dem die
Assistenten während ihrer
Ausbildung auch zu arbeiten
hätten. Dadurch entsteht ein
Gesundheitszentrum?
Wir Ärzte können das!
KOMMENTAR
„Wir leben und arbeiten
in einem der besten
Gesundheitssysteme
der Welt. Es sollte nicht
,krankgespart‘ und vor
allem nicht ,totreguliert‘
werden.“