Previous Page  12 / 60 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 12 / 60 Next Page
Page Background

12

ÆRZTE

Steiermark

 || 01|2017

Foto: Furgler

stetiger Wissensfluss, ein Ver-

ständnis füreinander und eine

Basis für eine bessere Kommu-

nikation.

Weltweit sind Gesundheits-

zentren unter der Leitung von

Ärzten bereits etabliert und

werden erfolgreich betrieben.

Idealerweise wären den Spitä-

lern Gesundheitszentren vor-

gelagert, die die Ambulanzen

für diese Spitäler und die ta-

gesklinischen Therapien zum

Teil mit übernehmen. Siehe z.

B. die USA, wo die Spitalsärzte

in einer eigenen Gesellschaft

die Ambulanzen der Kliniken

betreiben. Nur der „Emer-

gency Room“ (EBA etc.) wird

direkt durch die Klinik be-

trieben. Das ergibt eine WIN

(System) – WIN (Arzt) – WIN

(Patient) Situation!

Wie sollte ein Ärzte-(Gesund­

heits-)Zentrum aussehen?

Das Wichtigste in einem

Ärztezentrum ist der Patient –

der Mensch im Zentrum! Um

diesen herum sollte das Sys-

tem aufgebaut sein. Das bedeu-

tet, dass der Arzt nicht minder

wichtig ist, da er sich ja um den

Patienten kümmern muss. In

einem gut funktionierenden

Gesundheitszentrum sind

Aufgaben und Kompetenzen

GERD M. IVANIC

Täglich wird man in den Me-

dien mit dem Thema Ärzte-

zentrum/Gesundheitszentrum

konfrontiert. Eine Definition

fehlt. Für die Politik ist es

ein „Gesundheitsbetrieb“, in

dem es auch Ärzte geben wird.

Für Immobilienentwickler ist

es der krankhafte Versuch,

Räume zu füllen. Für Ärzte

bedeutet es die Möglichkeit,

in einem fächerübergreifen-

den Team unter Nutzung

gemeinsamer Ressourcen zu

arbeiten. Bisher waren die

Möglichkeiten rechtlich stark

eingeschränkt, das Anstellen

eines Arztes durch einen Arzt

verboten. Verschiedene andere

Zusammenschlüsse waren un-

möglich oder sinnlos.

Jetzt, wo die Politik aber das

enorme Potenzial von Ärzte-

zentren zu erkennen beginnt,

soll alles möglich werden. Bloß

die Ärzte, die Hauptleistungs-

erbringer und „Namensgeber“,

bleiben außen vor. Das ist

schade und der Sache nicht

dienlich. Wissen sie doch am

besten selbst, was sie und „ihre“

Patienten brauchen. Gepaart

mit einer wirtschaftlichen

Komponente und den ent-

sprechenden rechtlichen Rah-

menbedingungen könnte hier

wirklich Großes und Positives

für alle Beteiligten entstehen.

Wie könnte nun eine Weiter-

entwicklung im Sinne einer

Reform aussehen?

Man sollte Bewährtes behal-

ten, Neues hinzufügen und

nicht mehr Zeitgemäßes strei-

chen. Eine Dreiteilung in Ein-

zelordinationen, Ärztezentren

von Ärzten/Therapeuten/

DGKS/Organisationsteam etc.

klar verteilt. Der Arzt gehört

bestmöglich von nichtmedizi-

nischen Aufgaben freigespielt.

Das beginnt bei einer moder-

nen Terminvereinbarung mit

Datenerfassung/-verarbeitung

und geht über die Zentrumsla-

ge (öffentliche Verkehrsmittel,

Parkplätze, Barrierefreiheit)

bis hin zu einer guten Compu-

terausstattung.

Je nach Ausrichtung des Zen-

trums kann es fix zugewiesene

Räume für einzelne Ärzte oder

Therapeuten geben, oder die-

se werden zur verbesserten

Ausnutzung mehrfach benützt

(z. B. Arzt hat eigenes Büro,

Behandlungsräume werden

gemeinsam genützt – typisch

amerikanisches System zur

Raumökonomisierung).

Alle Behandlungsräume ha-

ben die gleiche Basisausstat-

tung mit identem PC, Drucker,

Schreibtisch, Handwaschbe-

cken, Seifenspender, Desinfek-

tionsmittelspender, Handtuch-

halter, Kasten und elektronisch

verstellbarer Behandlungslie-

ge. Nur für die Psychiatrie

und ähnliche Verwendungen

(Aufklärungsgespräche, Pati-

entenverfügungen etc.) wird

die Liege durch eine Couch

ersetzt. Zusatzausstattungen je

nach Fachrichtung (Sonogra-

fie, Waage, EKG, Zentrifuge,

Blutdruckmessgeräte, Gyn-

Stuhl, HNO etc.). Durch z. B.

einen absperrbaren Trolley hat

jeder Arzt vor Ort Platz für

seine persönlichen Utensilien.

So ist eine Standardisierung

möglich. Alle Räume müssen

(besser noch Gesundheitszen-

tren: klingt „gesünder“ und

beinhaltet verwandte Berufs-

gruppen), Krankenhäuser und

deren intensive Vernetzung

würde Sinn machen.

Einzelordinationen, möglichst

wohnortnahe, müssen unbe-

dingt bestehen bleiben. Sie

haben sich in den letzten Jahr-

zenten bewährt und stellen

einen „Wissenspool“ über die

ihnen anvertrauenden Pati-

enten dar. Entsprechende Ab-

geltungen der erbrachten Leis-

tungen sind zwingend notwen-

dig, um das wirtschaftliche

Überleben zu sichern. Kein

„Gesundheitszentrum“ kann

günstiger und sinnvoller vor

Ort betrieben werden. Es muss

auch nicht in jedem 10-Seelen-

Dorf einen eigenen Hausarzt

geben, aber eine gute Erreich-

barkeit sollte gewährleistet sein.

Die Vernetzung der einzelnen

Ordinationen mit Ärztezen-

tren und Krankenhäusern ist

Pflicht. Ein niedergelassener

Arzt darf kein geprügelter Bitt-

steller für seine Patienten wer-

den. Es gehören Ressourcen

im stationären Bereich für

einen effizienten Übergang

von ambulant zu stationär

vorgehalten.

Spitäler sollten Notfallsambu-

lanzen betreiben. Die Spezial­

ambulanzen sind durch die

entsprechenden niedergelas-

senen Fachärzte zu beschicken.

„Allgemeine“ Krankheitsbilder

gehören in den niedergelas-

senen Bereich, in dem die

Assistenten während ihrer

Ausbildung auch zu arbeiten

hätten. Dadurch entsteht ein

Gesundheitszentrum?

Wir Ärzte können das!

KOMMENTAR

„Wir leben und arbeiten

in einem der besten

Gesundheitssysteme

der Welt. Es sollte nicht

,krankgespart‘ und vor

allem nicht ,totreguliert‘

werden.“