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ÆRZTE
Steiermark
|| 01|2017
SERIE
Arzt im besonderen Dienst
spielt haben und weil das In-
strument relativ leicht verfüg-
bar war.“ Aus diesem Versuch
wurde schließlich eine große
Passion, eng verwoben mit
Zenz´ favorisiertem Musikstil,
dem Flamenco. Und wieder
ist es die Herausforderung,
die ihn lockt: das technisch
ausgefeilte, rasante Spiel sowie
der manchmal nahezu unbe-
greifliche Rhythmus. „Den
solltest du allerdings beherr-
schen – sonst müssen ja die
Tänzerinnen einen Moment
in der Luft schweben …“
Die Musik sorgte stets für
ein Gegengewicht zu seinen
sonstigen geistigen Anstren-
gungen. „Schon als Student
konnte ich mich beim Üben
so richtig entspannen. Gitar-
respielen ist sozusagen mein
Ausgleichssport.“
Vom Wesen
der Dystonie
Wie so viele leidenschaftliche
Sportler erlebte auch Werner
Zenz einen gesundheitlichen
Einbruch aufgrund einseitiger
Überbeanspruchung: Plötz-
lich litt er an einer fokalen
Dystonie in der rechten Hand,
dem sogenannten Musiker-
krampf, der überproporti-
„Sehr schnell und nahezu
dramatisch emotional“, so
beschreibt Werner Zenz den
Flamenco. „Für mich ist die
spanische Musik die aus-
drucksstärkste – Rhythmus
und Emotion haben mir so-
fort zugesagt.“ Ebenso inten-
siv und herausfordernd wie
seine Lieblingsmusik ist auch
sein ärztliches Fachgebiet, die
Kinder-Infektiologie. Prinzi-
piell stand für den gebürtigen
Grazer, der seine Zeit neben
Arztberuf und Musizieren
gerne auch als „Sommer-
urlaubs-Mineraliensammler“
verbringt, schon in jungen
Jahren fest, dass er Arzt wer-
den wollte, obwohl es kein
familiäres Vorbild für diesen
Berufswunsch gab. Wohl aber
beginnt eines seiner drei Kin-
der, die zweitgeborene Toch-
ter, demnächst ihre klinische
Arztausbildung.
Seinem Bubentraum entspre-
chend studierte Werner Zenz
ab 1975 in seiner Heimatstadt
Medizin, wurde hier zum
Facharzt ausgebildet, habi-
litierte sich und leitet heute
die Forschungseinheit Infek-
tiologie und Vakzinologie der
Meduni Graz. Zudem ist er
supplierender Leiter der Kli-
nischen Abteilung für Allge-
meinpädiatrie. „Die Infektio-
logie ist eines der effizientes-
ten Fachgebiete der Medizin“,
schwärmt Zenz. „Wenn wir
Infektiologen gut arbeiten,
onal häufig Pianisten und
Gitarristen betrifft (und da-
von eher die Männer). Zenz
stürzte sich sofort auf die
Fachliteratur zumThema und
konsultierte Eckart Alten-
müller, den renommierten
Musikmedizin-Professor aus
Hannover – ohne einen An-
satz zur Heilung zu finden.
Zudem kontaktierte er zwei
betroffene Profi-Gitarristen,
doch deren Tipps befriedigten
ihn ebenso wenig. „Ich will
das Wesen der Dystonie ver-
stehen. Und wenn sich meine
Vermutungen zur Ursache
bestätigen, möchte ich einmal
etwas dazu publizieren.“
Obwohl ihn die Dystonie ein-
schränkt, hörte Zenz nie kom-
plett auf, Gitarre zu spielen
– und seit einigen Jahren stellt
er erstaunt fest, dass es ihm
nach 25 Jahren Dystonie ge-
lingt, mit speziellen Übungen
das Problem anzugehen. Von
seinem einstigen Können sei
er jedoch „Lichtjahre entfernt“,
betont er. Trotzdem hat er es
gewagt, anlässlich seines 60.
Geburtstages im Herbst 2016
ein Konzert zu geben – mit
großem Erfolg. Gemeinsam
mit den Grazer Flamenco-
Tänzerinnen Las Hermanas
und dem Profi-Schlagwerker
Rafael Casado trat er Ende
Oktober in der Generalmusik-
direktion auf. Nicht nur, um
einmal gemeinsam mit Profis
spanische Musik machen zu
schaffen wir Teile unserer
Arbeit irgendwann einfach
ab.“ Der Erfolg seiner Fach-
richtung zeigt sich bereits
deutlich an der Struktur des
Klinikums: Zu Zenz´ Arbeits-
beginn umfasste die dortige
Kinderinfektionsabteilung
noch drei Stationen, heute
wird nur mehr eine benötigt.
Zu seinem Fachgebiet hat er
im Laufe des Turnus gefun-
den, wobei ihn besonders die
geistige Herausforderung ge-
reizt hat. Zudem empfand er
die Arbeit mit Kindern als Be-
reicherung, „weil sie zumeist
eine sehr optimistische ist“.
Zögerliche Wahl
– große Passion
„Keine Sekunde“ habe er
jedoch daran gedacht, aus
seinem Gitarrenspiel einen
Beruf zu machen – und das,
obwohl ihn die Gitarre be-
gleitet, seit er eigenständige
Lebensentscheidungen trifft
und er es beim Spielen zu
beeindruckender technischer
Kunstfertigkeit gebracht hat.
„Aber die Medizin war immer
interessanter als die Musik.“
Seine Instrumentenwahl ver-
lief zunächst fast noch ein we-
nig zögerlich: „Mit 14 habe ich
begonnen, Gitarre zu lernen
– durchaus, weil mich Gitar-
renmusik fasziniert hat, aber
auch, weil in meiner Klasse
bereits ein paar Kollegen ge-
Werner Zenz, Professor
für Kinderheilkunde und Infektiologe, entspannt
sich beim Flamenco-Spielen auf der spanischen Gitarre. Anlässlich seines
60. Geburtstags gab er ein Konzert, dessen Erlös in seine Forschung zur
Ursache der peripheren Fazialisparese einfließt.
Flamenco als Ausgleichssport
– für die Finger
„… die Medizin war
immer interessanter
als die Musik.“
Werner Zenz