Previous Page  16 / 60 Next Page
Information
Show Menu
Previous Page 16 / 60 Next Page
Page Background

16

ÆRZTE

Steiermark

 || 01|2017

SERIE

Arzt im besonderen Dienst

spielt haben und weil das In-

strument relativ leicht verfüg-

bar war.“ Aus diesem Versuch

wurde schließlich eine große

Passion, eng verwoben mit

Zenz´ favorisiertem Musikstil,

dem Flamenco. Und wieder

ist es die Herausforderung,

die ihn lockt: das technisch

ausgefeilte, rasante Spiel sowie

der manchmal nahezu unbe-

greifliche Rhythmus. „Den

solltest du allerdings beherr-

schen – sonst müssen ja die

Tänzerinnen einen Moment

in der Luft schweben …“

Die Musik sorgte stets für

ein Gegengewicht zu seinen

sonstigen geistigen Anstren-

gungen. „Schon als Student

konnte ich mich beim Üben

so richtig entspannen. Gitar-

respielen ist sozusagen mein

Ausgleichssport.“

Vom Wesen

der Dystonie

Wie so viele leidenschaftliche

Sportler erlebte auch Werner

Zenz einen gesundheitlichen

Einbruch aufgrund einseitiger

Überbeanspruchung: Plötz-

lich litt er an einer fokalen

Dystonie in der rechten Hand,

dem sogenannten Musiker-

krampf, der überproporti-

„Sehr schnell und nahezu

dramatisch emotional“, so

beschreibt Werner Zenz den

Flamenco. „Für mich ist die

spanische Musik die aus-

drucksstärkste – Rhythmus

und Emotion haben mir so-

fort zugesagt.“ Ebenso inten-

siv und herausfordernd wie

seine Lieblingsmusik ist auch

sein ärztliches Fachgebiet, die

Kinder-Infektiologie. Prinzi-

piell stand für den gebürtigen

Grazer, der seine Zeit neben

Arztberuf und Musizieren

gerne auch als „Sommer-

urlaubs-Mineraliensammler“

verbringt, schon in jungen

Jahren fest, dass er Arzt wer-

den wollte, obwohl es kein

familiäres Vorbild für diesen

Berufswunsch gab. Wohl aber

beginnt eines seiner drei Kin-

der, die zweitgeborene Toch-

ter, demnächst ihre klinische

Arztausbildung.

Seinem Bubentraum entspre-

chend studierte Werner Zenz

ab 1975 in seiner Heimatstadt

Medizin, wurde hier zum

Facharzt ausgebildet, habi-

litierte sich und leitet heute

die Forschungseinheit Infek-

tiologie und Vakzinologie der

Meduni Graz. Zudem ist er

supplierender Leiter der Kli-

nischen Abteilung für Allge-

meinpädiatrie. „Die Infektio-

logie ist eines der effizientes-

ten Fachgebiete der Medizin“,

schwärmt Zenz. „Wenn wir

Infektiologen gut arbeiten,

onal häufig Pianisten und

Gitarristen betrifft (und da-

von eher die Männer). Zenz

stürzte sich sofort auf die

Fachliteratur zumThema und

konsultierte Eckart Alten-

müller, den renommierten

Musikmedizin-Professor aus

Hannover – ohne einen An-

satz zur Heilung zu finden.

Zudem kontaktierte er zwei

betroffene Profi-Gitarristen,

doch deren Tipps befriedigten

ihn ebenso wenig. „Ich will

das Wesen der Dystonie ver-

stehen. Und wenn sich meine

Vermutungen zur Ursache

bestätigen, möchte ich einmal

etwas dazu publizieren.“

Obwohl ihn die Dystonie ein-

schränkt, hörte Zenz nie kom-

plett auf, Gitarre zu spielen

– und seit einigen Jahren stellt

er erstaunt fest, dass es ihm

nach 25 Jahren Dystonie ge-

lingt, mit speziellen Übungen

das Problem anzugehen. Von

seinem einstigen Können sei

er jedoch „Lichtjahre entfernt“,

betont er. Trotzdem hat er es

gewagt, anlässlich seines 60.

Geburtstages im Herbst 2016

ein Konzert zu geben – mit

großem Erfolg. Gemeinsam

mit den Grazer Flamenco-

Tänzerinnen Las Hermanas

und dem Profi-Schlagwerker

Rafael Casado trat er Ende

Oktober in der Generalmusik-

direktion auf. Nicht nur, um

einmal gemeinsam mit Profis

spanische Musik machen zu

schaffen wir Teile unserer

Arbeit irgendwann einfach

ab.“ Der Erfolg seiner Fach-

richtung zeigt sich bereits

deutlich an der Struktur des

Klinikums: Zu Zenz´ Arbeits-

beginn umfasste die dortige

Kinderinfektionsabteilung

noch drei Stationen, heute

wird nur mehr eine benötigt.

Zu seinem Fachgebiet hat er

im Laufe des Turnus gefun-

den, wobei ihn besonders die

geistige Herausforderung ge-

reizt hat. Zudem empfand er

die Arbeit mit Kindern als Be-

reicherung, „weil sie zumeist

eine sehr optimistische ist“.

Zögerliche Wahl

– große Passion

„Keine Sekunde“ habe er

jedoch daran gedacht, aus

seinem Gitarrenspiel einen

Beruf zu machen – und das,

obwohl ihn die Gitarre be-

gleitet, seit er eigenständige

Lebensentscheidungen trifft

und er es beim Spielen zu

beeindruckender technischer

Kunstfertigkeit gebracht hat.

„Aber die Medizin war immer

interessanter als die Musik.“

Seine Instrumentenwahl ver-

lief zunächst fast noch ein we-

nig zögerlich: „Mit 14 habe ich

begonnen, Gitarre zu lernen

– durchaus, weil mich Gitar-

renmusik fasziniert hat, aber

auch, weil in meiner Klasse

bereits ein paar Kollegen ge-

Werner Zenz, Professor

für Kinderheilkunde und Infektiologe, entspannt

sich beim Flamenco-Spielen auf der spanischen Gitarre. Anlässlich seines

60. Geburtstags gab er ein Konzert, dessen Erlös in seine Forschung zur

Ursache der peripheren Fazialisparese einfließt.

Flamenco als Ausgleichssport

– für die Finger

„… die Medizin war

immer interessanter

als die Musik.“

Werner Zenz