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ÆRZTE

Steiermark

 || 01|2017

19

ETHIK

Kommission

Komitee

Die Ethikkommission der

Meduni Graz prüft geplante

Forschungsprojekte wie kli-

nische Tests von Arznei-

mitteln sowie die Anwen-

dung neuer medizinischer

Methoden auf ihre ethische

Unbedenklichkeit. Sie ist

aufgrund einer Vereinba-

rung mit der KAGes sowohl

für das LKH-Universitäts-

klinikum Graz als auch für

alle anderen LKH der Stei-

ermark zuständig.

Davon zu unterscheiden

ist das Ethikkomitee des

Uniklinikums, ein maxi-

mal 14-köpfiges interdis-

ziplinäres Team, das in

konkreten schwierigen Ein-

zelsituationen am Kran-

kenbett die Behandelnden

berät, welche weitere Vorge-

hensweise ethisch vertret-

bar sein könnte. Das Komi-

tee versucht dabei, den Wil-

len des Patienten – so er ihn

nicht mehr selbst äußern

kann – zu rekonstruieren.

Angefordert werden kann

das Ethikkomitee von den

Behandlern, aber auch von

den Betroffenen oder deren

Angehörigen. Im Schnitt

tagt es jährlich um die 30

Mal, womit sich die Anzahl

der Konsile im Vergleich

zum Start des Komitees

verdoppelt hat. Deutlich

häufiger noch fragen be-

handelnde ÄrztInnen tele-

fonisch um Rat, wobei viele

Probleme bereits in diesem

Erstgespräch gelöst werden

können.

Mitglieder des Komitees am

Grazer Klinikum sind Ärz-

tInnen, Mitarbeitende der

Pflege, ein Jurist, ein Moral-

theologe, PsychologInnen

oder PsychotherapeutInnen

und eine auf Ethik speziali-

sierte Philosophin.

Das Komitee ist der ärzt-

lichen Direktion nicht wei-

sungsgebunden unterstellt.

Zur Zeit seiner Gründung

vor zehn Jahren war das

Grazer Ethikkomitee in Ös-

terreich das erste an einem

Universitätsklinikum; in

konfessionellen Kranken-

häusern wie bei den Barm-

herzigen Brüdern gab es

bereits vereinzelt derartige

Gruppen.

Ursprünglich stammt die

Idee aus dem angelsäch-

sischen Raum. Laut Aus-

kunft der KAGes verfügt

mittlerweile jedes KAGes-

Spital über einen interdis-

ziplinären Ethikbeirat oder

ist dabei, einen zu instal-

lieren.

„Mit zunehmenden

medizinischen

Möglichkeiten wird

sich die Frage nach

der Sinnhaftigkeit des

Machbaren immer

häufiger stellen.“

Sonja Fruhwald

Bereich der Ärztefortbildung.

Der Grundgedanke dahin-

ter: Wer mögliche ethische

Fragestellungen bereits vorab

durchdacht hat, handelt in

der konkreten Situation mög-

licherweise von vornherein

anders oder holt sich rechtzei-

tig Hilfe.

„Unser Ziel ist es, dass Medi-

zin nach den folgenden vier

ethischen Grundprinzipien

praktiziert wird: Respekt vor

der Autonomie des Men-

schen, wohltun, nicht schaden

und Gerechtigkeit schaffen“,

erklärt Tritthart.

Nicht immer zeigt sich ein-

deutig, wie diese Prinzipien im

Einzelfall konkret auszulegen

sind. „Auch nach zehn Jahren

intensiven Nachdenkens und

konstruktiver Diskussionen

gelangen wir immer wieder

einmal an unsere Grenzen“,

resümiert Tritthart. „Wir ha-

ben noch nicht ausgelernt.“

Zwischen Möglichkeit

und Sinnhaftigkeit

Ein Auslernen im endgültigen

Sinn wird es wohl nie geben,

denn mit den rasanten Ent-

wicklungen in der Medizin

verändern sich naturgemäß

auch die Fragestellungen, die

an das Ethikkomitee heran-

getragen werden.

„Mit zunehmenden medizi-

nischen Möglichkeiten wird

sich die Frage nach der Sinn-

haftigkeit des Machbaren

immer häufiger stellen“, pro-

gnostiziert Sonja Fruhwald.

Manchen PatientInnen kann

durch die erweiterten tech-

nischen Möglichkeiten auf

lange Sicht geholfen werden;

viele andere werden – sollten

wirklich alle medizinischen

Optionen ausgeschöpft wer-

den – lediglich zu chronisch

kritisch kranken Pflegefällen.

Link zum Thema: http://

othes.univie.ac.at/10764/

Fotos: Furgler, Meduni Graz