AERZTE Steiermark 09 | 2014 - page 38

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Ærzte
Steiermark
 || 09|2014
Forschung Steiermark
MEDIA BASED MEDICINE
232 Zähne im Mund
In der medizinischen Literatur gibt es keinen vergleich-
baren Fall: Ein 17-jähriger Inder ließ sich mit starken
Schwellungen im Unterkiefer ins Krankenhaus bringen.
Dort entdeckten Ärztinnen und Ärzte 232 Zähne im
Mund des Jungen – und operierten sie in einer knapp sie-
benstündigen Operation heraus.
Quelle:
-
sensation-indischer-junge-mit-232,20642226,27933386.html
Täglich bekommen Patient-
Innen von den Medien neue
„Sensationen“ aus der Welt
der Medizin aufgetischt:
Frisch publiziert
y
Maternal Neurofascin-Specific Autoantibodies Bind to Struc-
tures of the Fetal Nervous System during Pregnancy, but
Have No Long Term Effect on Development in the Rat.
in
PLoS One von Hochmeister, S; Pekar, T; Lindner, M; Kitic,
M; Haindl, M; Storch, M; Fazekas, F; Linington, C
y
Higher education moderates the effect of t2 lesion load
and third ventricle width on cognition in multiple scle-
rosis.
in PLoS One von Pinter, D; Sumowski, J; Deluca, J;
Fazekas, F; Pichler, A; Khalil, M; Langkammer, C; Fuchs,
S; Enzinger, C
Forscherinnen und Forscher der Grazer Medizinischen
Universität publizieren regelmäßig in internationalen
Journalen. Wir bringen jeden Monat aktuelle Beispiele.
Krebsforschung ist ein
wesentlicher Bestandteil im Forschungsprofil der Meduni Graz. Im neu
etablierten „SFL Chicken CAM Lab“ wird Krebsforschung an bebrüteten Hühnereiern durchgeführt.
Krebstherapeutika-Entwicklung
Am Institut für Pathophysio-
logie und Immunologie der
Meduni Graz – Institutslei-
tung Univ.-Prof. Dr. Anton
Sadjak – wurde ein neues
Labor zur Krebsforschung an
Hühnereiern errichtet. Das
„SFL Chicken CAM Lab“ wird
von Univ.-Ass. Mag. Dr. Nas-
sim Ghaffari Tabrizi-Wizsy
geleitet. Die Chorioallanto-
is-Membran (CAM) ist die
äußerste dünne Hautschicht
des bebrüteten Hühnereis.
„Diese Membran ist extrem
gut durchblutet, was sie als
Nährboden für Tumorzel-
len außerordentlich geeignet
macht“, erklärt Tabrizi-Wizsy.
Das CAM-Modell stellt so-
mit eine geeignete Alternative
zum Mausmodell dar, um
in Zellkulturen gewonnene
Forschungsergebnisse auf
den lebenden Organismus zu
übertragen. Da die auf dem
CAM-Modell aufgebrachten
Tumorzellen rasch dreidimen-
sionale Tumore entwickeln,
lassen sich darauf in-vitro-
Ergebnisse gut abbilden.
Lediglich ein mit 38 Grad
Celsius temperierter Wärme-
schrank ist nötig, damit sich
die Membran in den bebrü-
teten Hühnereiern entwickeln
kann. Bereits nach acht Tagen
wird ein kleines Loch in die
Eischale gebohrt und Tumor-
zellen können auf die CAM
aufgebracht werden. Inner-
halb von drei Tagen entwickelt
sich ein Tumor, der noch für
weitere drei Tage untersucht
werden kann. „Der Hühner-
embryo besitzt zu diesem Zeit-
punkt noch kein Immunsy-
stem, was einen großen Vorteil
dieser Methode darstellt. Die
CAM ist zudem frei von Ner-
ven und ist somit im Sinne der
3R, Replacement, Reduction
and Refinement, als Alterna-
tive zu Tiermodellen aner-
kannt“, erklärt Tabrizi-Wizsy.
Das fehlende Immunsystem
hat zusätzlich den Vorteil, dass
jegliches Gewebe auf die Mem-
bran verpflanzt werden kann.
Die Untersuchung an Zell-
linien beschränkt sich aber
nur auf einige Merkmale der
bösartigen Tumore, nämlich
Zellvermehrung und Zelltod.
Weitere Mechanismen, wie
Gefäßneubildung, Zellinva-
sion und Metastasierung, die
für die Prognose, die Therapie
und den Verlauf des Krebses
wesentlich sind, können nicht
in der Zellkultur untersucht
werden. Daher sind Tiermo-
delle unumgänglich.
Die Maus ist das Tiermodell,
das in der Krebsforschung für
die Evaluierung der Zellkul-
turergebnisse verwendet wird.
Das Ei-Modell hat sich aber
in den letzten Jahren als ein
Alternativmodell besonders
bewährt. Viele Therapeutika
werden zuerst in Ei-Modellen
getestet, bevor die Ergebnisse
im Mausmodell überprüft
werden. Nicht nur die „haus-
eigenen Zelllinien“, sondern
auch andere Krebszellen, wur-
den und werden in Kollabo-
ration mit KollegInnen des
Klinikums und den vorkli-
nischen Instituten an der Med-
uni erfolgreich untersucht und
potentielle Therapeutika sind
im Teststadium.
Fotos: Med Uni Graz, Creative Collection
Das Team des SFL Chicken CAM Lab: Rektor Josef Smolle, Christina
Passegger, Marlies Glatz, Corinna Krump, Florian Kleinegger, Laborlei­
terin Nassim Ghaffari, Birgit Höllwarth und Mario Müller (beide SFL)
sowie Institutsvorstand Anton Sadjak (v. l.)
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