AERZTE Steiermark 09 | 2014 - page 42

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Ærzte
Steiermark
 || 09|2014
Angestellte Ärztinnen und Ärzte
Fotos: Ärztekammer/Schiffer
Neue Ärzteausbildung:
Viel Licht und wenig Schatten
Die Ärzteausbildung ist in der Ärztegesetznovelle
umfassend neu gere-
gelt. Vieles wird positiv bewertet, es gibt aber auch Zweifel und Befürchtungen.
Viel von dem, was in den
letzten Jahren für die Ärz-
teausbildung gefordert wurde,
sieht der Entwurf zum neuen
Ärztegesetz vor, das mit 1.
Jänner kommenden Jahres in
Kraft treten soll.
Hier die wesentlichen Punkte:
Am Anfang steht die so ge-
nannte Basisausbildung von
neun Monaten „zur Vermitt-
lung der klinischen Basiskom-
petenzen“, wie es im Gesetz
heißt. Sie betrifft künftige
Ärztinnen und Ärzte ebenso
wie künftige Fachärztinnen
und Fachärzte. Die Entschei-
dung fällt erst nach Absol-
vierung dieses „Common
Trunk“.
Nach dieser ärzt lichen
„Grundausbildung“ trennen
sich die Ausbildungswege.
Die Ausbildung zur Ärztin
bzw. zum Arzt für Allgemein-
medizin dauert 42 Monate
(bisher 36) und schließt obli-
gatorisch eine sechsmonatige
Phase in einer Lehrpraxis ein.
Damit ist eine grundlegende
Forderung der Ärztekammer
zumindest teilweise erfüllt. Bis
zu 18 Monate in der Lehrpra-
xis können anerkannt werden.
Neuerungen im Bereich der
Facharztqualifikation, so die
Erläuterungen zum Gesetz,
liegen in der Teilung der Aus-
bildung in eine Sonderfach-
Grundausbildung und eine
darauf aufbauende Sonder-
fach-Schwerpunktausbildung.
Im Rahmen der Sonderfach-
Schwerpunktausbildung, die
modulartig aufgebaut ist, soll
bereits eine gewisse Speziali-
sierung, wie bislang im Rah-
men der Additivfachausbil-
dung, möglich sein. Die bis-
herigen Additivfächer sollen
entfallen und werden zum
Großteil durch die Sonder-
fach-Schwerpunktausbildung
in die neue Ausbildung inte-
griert. Darüber hinaus soll es
nach der Ausbildung zur Ärz-
tin/zum Arzt für Allgemein-
medizin oder zur Fachärztin/
zum Facharzt die Möglichkeit
zu einer weiteren Spezialisie-
rung geben, die auch sonder-
fachübergreifend sein kann,
wie beispielsweise Geriatrie
oder Psychosomatik.
Grundsätzliches Lob
Für das Vorhaben gibt es Lob –
grundsätzliches:
Die ÖÄK begrüßt in ihrer Stel-
lungnahme, „dass das Bundes-
ministerium für Gesundheit
die Initiative ergriffen hat,
nach vielen Jahrzehnten die
ärztliche Ausbildung grund-
legend zu reformieren, zu mo-
dernisieren und an internati-
onale Standards anzupassen.“
Die grundlegende Reform der
ärztlichen Ausbildung sei „un-
erlässlich, um die Attraktivität
der Ausbildung und die Pra-
xisrelevanz zu erhöhen und
der Abwanderung junger Me-
dizinerinnen und Mediziner
ins Ausland und einer Aus-
dünnung der ärztlichen Ver-
sorgung entgegenzuwirken“.
Die Jungen Allgemeinmedizi-
ner (JAMÖ) begrüßen „die an-
gestrebte Trennung der Aus-
bildung in Allgemeinmedizin
und der Sonderfächer“.
Die steirische und die ober­
österreichische Krankenan-
staltengesellschaft loben in
gleichlautenden Stellungnah-
men „die Absicht, die ärztliche
Ausbildung auf eine neue und
im europäischen Vergleich ak-
tuelle Grundlage zu stellen“.
Die Absicht, die Dauer der
postgradualen Ausbildung bis
zum Erlangen der Berechti-
gung zur selbstständigen Aus-
übung des ärztlichen Berufs
zu verkürzen, werde sehr po-
sitiv gesehen. Ebenso sei die
Absicht zu würdigen, „dass
die Ausbildung in der Allge-
meinmedizin in Form eines
eigenen Faches sowohl eine
neue Grundlage, als auch ei-
nen höheren Stellenwert in der
ärztlichen Versorgung erhal-
ten soll“.
Wer bezahlt?
Es gibt aber auch negative
Kritik und Zweifel an der
Durchführbarkeit des Vorha-
bens. Ein heikler Punkt ist die
Finanzierung der Lehrpraxis.
Eine verpflichtende Lehrpra-
xis könne nur dann funktio-
nieren, „wenn eine Finanzie-
rung – wie auch in anderen
europäischen Ländern – durch
öffentliche Mittel erfolgt“,
heißt es seitens der ÖÄK: „Die
Österreichische Ärztekammer
möchte ausdrücklich darauf
aufmerksam machen, dass die
Primärversorgung in Öster-
reich mittelfristig zusammen-
bricht, wenn in der Ausbil-
dung der künftigen Hausärzte
Halb-halb
Viele Forderungen sind in dem Ge-
setzesentwurf erfüllt, aber auch sehr
zentrale eher halbherzig. Und in man-
chen Punkten werden erst die auf
Grundlage des Gesetzes entstehenden
Verordnungen zeigen, wie gut die neu-
en Rahmenbedingungen sind. Aber
die Zielsetzung stimmt und der Weg
auch. Wirklich mit Leben erfüllen
müssen die neuen Rahmenbedin-
gungen vor allem die Spitalsträger und
deren Ausbildungsstätten. Sie tun gut
daran, wenn sie das Gesetz jedenfalls
nur als Mindeststandard sehen. Nur
so werden sie die Doktorinnen und
Doktoren bekommen, die sie ausbilden
wollen, um nicht nur den Ärztemangel
verwalten zu müssen. Und die Finan-
zierung der Lehrpraxis ist zu klären.
Darauf zu hoffen, dass Länder, Sozial-
versicherungen und Lehrpraxis-Ärzte
die Kosten übernehmen werden, reicht
nicht. Hier das Glas nicht halbvoll son-
dern ganz leer.
Karlheinz Kornhäusl, David Windisch
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