AERZTE Steiermark 09 | 2014 - page 40

Angestellte Ärztinnen und Ärzte
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Ærzte
Steiermark
 || 09|2014
48 Stunden
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Für Spitalsärztinnen und Spitalsärzte
stellen sich an-
gesichts der bevorstehenden Änderung des Krankenan-
stalten-Arbeitszeitgesetzes (KA-AZG) viele Fragen. Da die
Grundlagen aber noch nicht feststehen, lassen sie sich
derzeit nur vorsichtig beantworten. Ein erster Versuch.
Warum muss die
Ärztearbeitszeit neu
geregelt werden?
Grundlage aller nationalen
arbeitszeitrechtlichen Bestim-
mungen ist die EU-Richtli-
nie 2003/88/EG, in der u. a.
festgelegt ist, dass die Wo-
chenarbeitszeit in der Regel
im Schnitt 48 Stunden nicht
überschreiten darf. Ebenso
sind Ruhezeiten darin ge-
regelt. Dass Bereitschafts-
dienste mit Anwesenheit am
Dienstort als Arbeitszeit zu
bewerten sind – auch das ist
eine Frage, die immer wieder
diskutiert wurde – ist das
eindeutige Ergebnis ständiger
Rechtsprechung des Europä-
ischen Gerichtshofes (EuGH).
Seit wann gibt es
diese Regelung?
Die gültige Regelung stammt
aus dem Jahr 2003, es gab auch
vorher Richtlinien aus dem
Jahr 1993 und 2000. Schla-
gend werden EU-Richtlinien
aber erst durch Umsetzung in
nationales Recht. Das wurde
in Österreich zwar 2004 ver-
sucht, aber mit so vielen Hin-
tertürchen, dass dies von der
Europäischen Kommission,
wie mittlerweile klar ist, nicht
akzeptiert wurde. In den letz-
ten Jahren gab es auch immer
wieder politische Diskussi-
onen (2006, 2008), bei denen
offenbar die Hoffnung auf eine
Novellierung bestand. Diese
ist aber nicht erfolgt.
Wodurch ist die Frage
jetzt aktuell geworden?
Im Februar 2014 hat der
zuständige EU-Kommissar
László Andor ein Mahn-
schreiben an den zuständigen
österreichischen Sozialmini-
ster Rudolf Hundstorfer über-
mittelt, in dem auf Umset-
zung der Richtlinie gedrängt
wird. Das hat zu intensiven
Verhandlungen in Österreich
geführt. Das Ergebnis ist ein
neuer Entwurf für das öster-
reichische Krankenanstalten-
Arbeitsgesetz, das mit 1. Jän-
ner 2015 in Kraft treten soll.
Was sind die wesent­
lichen Punkte in dieser
Gesetzesnovelle?
Vorweg: Der Entwurf liegt seit
Ende Mai vor. Er ist allerdings
(noch) nicht einmal in der
offiziellen parlamentarischen
Begutachtungsphase. Daher
kann das Gesetz derzeit nicht
abschließend beurteilt wer-
den. Außerdem machen die
Ländervertreter immer noch
Druck, um die Bestimmungen
zu durchlöchern. Aktuelles
Beispiel ist etwa ein Antrag des
Landes Niederösterreich.
Wesentlich ist aber:
y
Die durchschnittlich erlaubte
Wochenarbeitszeit soll von
derzeit 60 Stunden bis zum
Jahr 2021 auf 48 Stunden
reduziert werden.
y
Die höchstzulässige Dienst-
dauer soll ebenfalls in Etap-
pen von derzeit 32 bzw. 49
Stunden (am Wochenende)
auf 25 Stunden reduziert
werden.
y
Durch eine so genannte
Opt-out-Regelung sind aber
längere Arbeitszeiten bis 1.
Jänner 2021 möglich, wenn
sowohl eine Betriebsverein-
barung, als auch die per-
sönliche Zustimmung der
einzelnen Dienstnehmerin/
des einzelnen Dienstneh-
mers vorliegt.
Ausgleichsruhezeiten müssen
ab 1. Jänner 2015 ohne Aus-
nahme unmittelbar an die
Arbeitszeit angeschlossen wer-
den und sind immer nach
dem Schlüssel Dienstdauer-2
Stunden zu berechnen (Bei-
spiel: Nach einem 49-Stunden-
Dienst wäre/ist die Arbeit-
nehmerin/der Arbeitnehmer
zukünftig für 47 Stunden in
Ruhe zu schicken).
Lässt sich das KA-AZG
in dieser Form über­
haupt umsetzen?
Die Übergangsregelungen
schaffen einen gewissen Ge-
staltungsraum. Mit entspre-
chenden organisatorischen
Begleitmaßnahmen (die von
den spezifischen Gegeben-
heiten in der jeweiligen Or-
ganisationseinheit abhängen)
ist eine Umsetzung möglich.
Aber natürlich ist es eine He-
rausforderung.
Hier findet aber derzeit die
Entwicklung der entspre-
chenden Modelle statt. Da
das Gesetz aber noch nicht
endgültig vom Nationalrat
beschlossen ist, können auch
noch nicht alle Fragen beant-
wortet werden.
Aber: In anderen Bundeslän-
dern und einigen Trägern so-
wie den meisten EU-Ländern
ist die Umsetzung der Richt-
linie bereits gelungen, auch
wenn sie noch nicht österrei-
chisches Recht ist.
Soll ich das Opt-out in
Anspruch nehmen?
Drei Punkte sind wichtig: Das
Opting-out gilt nur für die
Übergangsfrist, Dienstneh-
merinnen und Dienstnehmer
können ihre Zustimmung
auch immer widerrufen (in-
nerhalb von acht Wochen
nach dem derzeitigen Ge-
setzesentwurf, wobei es starke
Bemühungen gibt, das zu
ändern) und es dürfen ih-
nen keine Nachteile daraus
entstehen. Die Zustimmung
darf schon gar nicht Bedin-
gung für den Abschluss eines
Dienstvertrags sein, bzw. darf
sie nicht gemeinsam mit dem
Dienstvertrag vorgelegt wer-
den. Es ist aber derzeit ver-
früht, das zu entscheiden, weil
die Grundlagen noch nicht
endgültig geklärt sind.
Was sind die finanziellen
Auswirkungen?
Die finanziellen Auswir-
kungen müssen im Zusam-
menhang mit den laufenden
Dienstrechts- und Gehalts-
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