AERZTE Steiermark 09 | 2014 - page 30

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Ærzte
Steiermark
 || 09|2014
sonderthema Hepatitis C
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kein signifikanter Abfall
der Viruslast erzielt werden
kann, oder trotz initialem
Abfall der Viruslast zu Monat
sechs noch Viren nachweis-
bar sind, wird die Thera-
pie abgebrochen, da dann
keine Aussicht auf Heilung
mehr besteht.
Neue antivirale
Substanzen
Mit der Zulassung der Pro-
teaseinhibitoren der 1. Ge-
neration, Telaprevir und Bo-
ceprevir (Grafik 2), für die
sogenannte Triple-Therapie,
kamen in Österreich 2012
die ersten direkt aktiven
antiviralen Substanzen für
den Genotyp 1 auf den
Markt. Die Heilungsquoten
bei PatientInnen mit Geno-
typ 1 stiegen mit Verfügbar-
keit der Triple-Therapie auf
etwa 70-75% an. Die The-
rapieschemata sind etwas
unterschiedlich: Bei der Bo-
ceprevir-Tripletherapie wird
eine vier-wöchige Startpha-
se mit dualer pegyliertem
Interferon/Ribavirin Thera-
pie (sogenannte Lead-In
Phase) durchgeführt. Dies
ist mit Telaprevir nicht er-
forderlich. Im Rahmen der
Zulassungsstudien wurden
abhängig von der jeweiligen
Substanz und dem An-
sprechen der PatientInnen
individuelle Therapiealgo-
rithmen etabliert, die im kli-
nischen Alltag Anwendung
finden. Bei einigen Patient­
Innen, besonders bei Erst-
therapien, kann dadurch die
Therapiedauer auf sechs
Monate verkürzt werden,
ohne das Ansprechen zu
gefährden. Die geringe Re-
sistenzbarriere beider Pro-
teaseinhibitoren der 1. Ge-
neration hat ein sehr striktes
Einnahmeschema zur Folge,
um die Schwankungen der
Wirkspiegel so gering wie
möglich zu halten. Bocepre-
vir muss im acht-Stunden-
Abstand (je vier Kapseln
zu 200 mg), zusammen mit
einer kleinen Mahlzeit ein-
genommen werden. Tela-
previr kann sowohl auf acht-
Stunden-Abstände (je zwei
Tabletten zu 375 mg), als
auch auf zwei Tagesdosen
im zwölf-Stunden-Abstand
(dann je drei Tabletten) ver-
teilt werden und sollte mit
einer kleinen fettreichen
Mahlzeit (z.B. Butterbrot)
eingenommen werden.
Die neuen Proteasehemmer
versprechen zwar ein ver-
bessertes Therapieanspre-
chen, sind allerdings auch
mit vermehrten Nebenwir-
kungen behaftet. Insbeson-
dere die Anämie ist unter
beiden Proteaseinhibitoren
deutlich verstärkt und kann
durch eine Reduktion der
Ribavirindosis zumeist kon-
trolliert werden, ohne den
Therapieerfolg zu schmä-
lern. Häufig treten auch
gastrointestinale Nebenwir-
kungen, wie Übelkeit oder
Erbrechen auf. Kutane Ne-
benwirkungen, die in Form
eines typischen Exanthems
(Rash) auftreten, sind bei
Telaprevir etwas häufiger zu
beobachten und können
in Einzelfällen zu einer sy-
stemischen Beteiligung, im
Sinne eines Stevens-John-
son-Syndroms führen. Da-
bei muss die Therapie sofort
abgebrochen werden. Oft
beobachtet man auch infek-
tiöse Komplikationen. Unse-
re eigenen Forschungser-
gebnisse zeigen, dass dies
wahrscheinlich auf einen
negativen Effekt der Protea-
sehemmer auf die Funktion
der neutrophilen Granulo-
zyten zurückzuführen ist.
Besondere Vorsicht ist in
der Therapie von Patien-
tInnen mit fortgeschrittener
Leberzirrhose geboten, da
hier hohe Raten schwerer
Komplikationen und auch
Todesfälle beschrieben wur-
den. Wichtig ist es auch,
das starke Interaktions-
potential der Proteaseinhi-
bitoren der 1. Generation zu
beachten, die über das zen-
trale Enzym CYP3A4 ver-
stoffwechselt werden und
mit einer Vielzahl an Medi-
kamenten (unter anderem
Statine, Calciumantago-
nisten, Cyclosporin, Tacro-
limus, Midazolam, Digoxin)
interagieren. Es empfiehlt
sich unbedingt, die Be-
gleitmedikation über com-
puterbasierte Algorithmen
(z.B.
actions.org) zu kontrollieren
und auch die PatientInnen
darauf hinzuweisen, jede
neue Begleitmedikation mit
den betreuenden Hepatolo-
gInnen abzustimmen.
Zweite Generation direkt
antiviraler Medikamente
In den letzten Jahren wur-
den weitere direkt antivi-
rale Substanzen bis zur
Marktreife weiterentwickelt,
die unterschiedliche Pro-
teine das Virus angreifen
(siehe Tabelle unterhalb).
Dies sind (unter anderem)
NS3-Proteaseinhibitoren
der 2. Generation (Simepre-
vir, Asunaprevir, der NS5A
Inhibitor Daclatasvir und
der nucleosidische NS5B
Inhibitor Sofosbuvir). Sofos-
buvir ist in Österreich seit
März 2014 in der roten Box
und weist gegenüber den
NS3-Proteaseinhibitoren
der 1. Generation als Cha-
rakteristika eine pan-geno-
typische Wirksamkeit (Ge-
notyp 1 bis 6), eine hohe
Resistenzbarriere, eine gute
Verträglichkeit sowie ein ge-
ringeres Interaktionspoten-
tial auf und muss nur in
einer Einmaldosierung (400
mg Tablette) verabreicht
werden. Nebenwirkungen
von Sofosbuvir sind Mü-
digkeit und Kopfschmerzen
sowie gelegentlich Haut-
ausschläge. Sofosbuvir er-
zielt in Kombination mit
pegyliertem Interferon und
Ribavirin bei Genotyp 1-Pa-
tientInnen SVR-Raten von
bis zu 90%, beim Genotyp
2 und 3 wurden sogar ohne
Interferon bis zu 80% der
NS3
NS5A
NS5B
Protease
Telaprevir
Boceprevir
Simeprevir
multifunktionelles
Phosphorprotein
Daclatasvir
Polymerase
Sofosbuvir
1...,20,21,22,23,24,25,26,27,28,29 31,32,33,34,35,36,37,38,39,40,...64
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