AERZTE Steiermark 06 2014 - page 50

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Ærzte
Steiermark
 || 06|2014
Niedergelassene Ärztinnen und Ärzte
Foto: Schiffer
Ordinations-Vorschriften
Ärztinnen und Ärzten
obliegt im Rahmen der Arbeitgeber-
funktion neben der grundsätzlichen Fürsorgepflicht, noch die
Einhaltung weiterer für den ArbeitnehmerInnenschutz relevanter
Vorschriften.
Dr. Georg Wultsch
Grundlegend ist jeder Arbeits-
platz, andemeineBeschäftigte/
ein Beschäftigter tätig ist, auf
einwirkende Gefährdungen zu
evaluieren. Die Evaluierung
ist an sich ein kontinuierlicher
Prozess, der regelmäßig, und
vor allem nach Änderung der
Tätigkeit, angepasst werden
muss. Neben der grundsätz-
lichen Erhebung der allgemei-
nen Gefährdung kommen wei-
ters besondere Verordnungen
– die Gefährdungspotentiale
eingehender definieren – zur
Anwendung
Im medizinisch-ärztlichen Be-
reich betrifft dies vor allem
das Mutterschutzgesetz, Eva-
luierung der Gefahrenstoffe,
die Verordnung biologischer
Arbeitsstoffe sowie das KJBG.
Im Bereich der Evaluierung
der Gefahrenstoffe wird ge-
prüft, ob die verwendeten Ar-
beitsstoffe eine gesundheit-
liche Gefährdung der damit
beschäftigten Arbeitneh-
merInnen hervorrufen kön-
nen. Hierbei sollten sensibili-
sierende, fruchtschädigende
und kanzerogene Arbeitsstoffe
besonders und getrennt Be-
rücksichtigung finden. Diese
Gefährdung hängt weiteres
von Einsatzdauer und Einsatz-
ausmaß ab.
Im Bereich der biologischen
Arbeitsstoffe wird im Rah-
men der Evaluierung geprüft,
inwieweit bei einer Tätigkeit
eine Infektionsgefährdung für
die/den beschäftige/n Arbeit-
nehmer/in vorliegt. Es gilt,
zwischen beabsichtigter und
unbeabsichtigter Exposition
zu unterscheiden.
Im Bereich Mutterschutz­
evaluierung wird die generelle
Tauglichkeit des Arbeitsplatzes
für die besonders schützens-
werte Gruppe der werdenden
Mütter in Beschäftigung ge-
prüft. Tätigkeitsbereiche sind
zu definieren, die ohne Ge-
fährdung ausgeübt werden
können – dies im Anlegen
einer Positiv-, Negativliste.
Jede Evaluierung schließt mit
einer Gefährdungsanalyse
und einem Maßnahmenka-
talog, der konkrete Schritte
zur Verhinderung oder Mi-
nimierung der bestehenden
Gefährdung anführen soll.
Maßnahmen können tech-
nischer, organisatorischer und
persönlicher Art sein, wobei
technischen Lösungen immer
der Vorzug zu geben ist.
Die Immunisierung der Ar-
beitnehmerInnen oder das
Anpassen der Schutzausrü-
stung (PSA) sind Beispiele für
abgeleitete Maßnahmen, die
im Zuge der Evaluierung erho-
ben werden. Die Evaluierung
ist tätigkeitsbezogen und für
den gesamten Bereich der Or-
dination durchzuführen.
In weiterer Folge gilt es nun,
die beschäftigten Arbeitneh-
merInnen durch eine Unter-
weisung auf die bestehenden
Gefahren und die notwen-
digen Maßnahmen zur Ver-
meidung bzw. Minimierung
der Gefährdungen zu unter-
richten und zu schulen. Im
Sinne des kontinuierlichen
Prozesses eines aufrechten Ar-
beitnehmerInnenschutzes und
Gesundheitsmanagements
sind Tätigkeiten, die abseits
der evaluierten Gegebenheiten
dennoch zu Unfällen (wie
etwa Nadelstichverletzung)
geführt haben, nachzu evalu-
ieren und im Rahmen einer
Unfallnachevaluierung erneut
zu beurteilen. Die Einführung
von Sicherheitsprodukten
wäre die abzuleitende Maß-
nahme, wenn es gilt, Nadel-
stichverletzungen bestmöglich
zu verhindern.
In all diesen Angelegenheiten
berät sie das Referat für Ar-
beitsmedizin jederzeit und ger-
ne; um jedoch einen generellen
Überblick über die Thematik
geben zu können, wird eine
Informationsveranstaltung
zum Thema Arbeitnehmer­
Innenschutz in Ordinationen
am 2. Juli um 18 Uhr in der
Ärztekammer stattfinden.
Evaluierung
psychischer Belastung
Durch die letzte Novelle des
Arbeitnehmerschutzgesetzes
ist der Fokus verstärkt auf
die Belastungen durch psy-
chische Fehlbelastungen ge-
legt worden. Diese stellen
in Zeiten der Arbeitszeitver-
dichtung und seit jeher im di-
rekten PatientInnenkontakt
eine oftmals nicht zu negie-
rende Belastungsgröße da.
Die Arbeitgeberin/der Ar-
beitgeber ist aufgefordert,
diese Belastungen am Ar-
beitsplatz zu beschreiben, zu
erfassen und Maßnahmen
zum Schutz der Arbeitneh-
merInnen abzuleiten. Um di-
ese Evaluierung abwickeln
zu können, kann sich jede
Arbeitgeberin/ jeder Arbeit-
geber einer Vielzahl von In-
strumenten bedienen. Neben
der Fragebogenerhebung und
der Gruppeninterviews kön-
nen auch rein beobachtende
Erhebungen durchgeführt
werden. Ziel ist es, belastende
Momente in der Arbeitsrou-
tine, die einen besonderen
Einfluss auf das psychische
Wohlbefinden haben, zu er-
heben und wenn möglich zu
verhindern oder abzuschwä-
chen. Oftmals reicht es, die
anfallenden Problemkonstel-
lationen anzusprechen, um
mögliche Lösungsvorschläge
erfragen zu können, und in
einen Maßnahmenkatalog
aufzunehmen. Viele Bela-
stungen müssen jedoch als
berufsinhärent angesehen
werden, und eine vollkom-
mene Vermeidung derselben
ist nur bedingt möglich.
Um den KollegInnen die
Möglichkeit zu geben, ein
zielgerichtetes und vor allem
praxisnahes Vorgehen zu er-
lernen, um sich in diesem
komplexen Thema zurechtzu-
finden, wird am 02. Juli eine
Informationsveranstaltung
um 18 Uhr in der Ärztekam-
mer stattfinden.
Dr. Georg
Wultsch ist
Ärztekam-
merreferent
im Referat Ar-
beitsmedizin.
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