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Eine kurze Einführung in die Musiktherapie

Dr. Monika Glawischnig-Goschnik
Univ. Klinik für Med. Psychologie und Psychotherapie, Graz
Kunstuniversitäten Graz, Wien

Das Hören, das Zuhören, das Horchen und das Lauschen sind wesentliche Themen in der Musiktherapie.
Musik ist seit Menschengedenken in unser kulturelles und gesellschaftliches Leben eingebunden.
Immer schon war Musik auch Teil von schamanistischen Heilritualen, sie wurde neben anderen Methoden in asklepiadischen Heiltempeln verwendet, Musik half böse Geister und Krankheiten auszutreiben und oft wird aus der Bibel die Geschichte vom kranken König Saul erzählt, der durch Davids Harfenspiel eine Linderung seines Leidens erfuhr. Wobei sich immer wieder auch an diesem Beispiel die Frage stellt, welche lindernden Eigenschaften tatsächlich der Musik zuzuschreiben sind und welche Rolle die Person Davids und die Beziehung zwischen David und Saul in diesem Krankheitsverlauf gespielt haben könnten.
War David ein guter Zuhörer? Konnte Saul dem Spiel Davids besser lauschen als den Worten anderer BeraterInnen?
Die Musiktherapie beschäftigt sich mit diesen vielen Fragen der Wirksamkeit und Anwendbarkeit von Musik sowie von musikalischen Parametern im Bereich von Krankheit , möglicher Heilung oder Begleitung von Krankheit. Unser Medizinsystem kann ja in vielen Fällen Krankheiten nicht „heilen“, aber wesentlich dazu beitragen, dass PatientInnen trotz und mit Krankheiten leben und das mit guter Lebensqualität bis zuletzt. PatientInnen zuzuhören, ihren Krankengschichten zu lauschen und mit großen, offenen Ohren da zu sein sind sicher auch die wesentlichen Eigenschaften der Menschen in helfenden und heilenden Berufen.
Musik und Musiktherapie können in vielen Fällen dazu beitragen, das Leben kranker und beeinträchtigter Menschen zu verbessern, zu erleichtern und Zeiten von besonderer Qualität bereitzustellen.

Was ist Musiktherapie?

Seit 2008 gibt es in Österreich ein Berufsgesetz , das die Ausübung des Berufes der MusiktherapeutInnen klar regelt.
In Österreich kann derzeit an der Musikuniversität in Wien im Rahmen eines Diplomstudiums der Beruf der MusiktherapeutIn erlernt werden , viele Facetten von Wissenschaft und Kunst werden über mehrere Jahre beleuchtet und die Erfahrungen mit Musik und musikalischen Mitteln werden den StudentInnen in vielen Stunden Theorie, Praktika und Selbsterfahrung nahegebracht.

MusiktherapeutInnen haben also hohe Kompetenz in den vielen Bereichen der Musikwirkungsforschung, der therapeutischen Beziehung, der therapeutischen Rahmenbedingungen, sie beschäftigen sich mit Fragen der Wirksamkeit und Symbolik von Musikinstrumenten, der Frage der Therapiedauer und des Therapieziels , das erreicht werden soll.
Musiktherapie findet also immer in einem bestimmten sogenannten „ Setting“ statt, das den Kontext, in dem sich PatientIn und TherapeutIn bewegen sehr genau beleuchtet.
Für eine musiktherapeutische Zugehensweise sind besonders die Fragen von Rhythmus, Resonanz, Klang, Harmonie und Ausdrucksform von besonderer Bedeutung. MusiktherapeutInnen bringen immer diese vielen Aspekte verstärkt in die Diskussion ein wenn es in Kliniken, Rehabilitationseinrichtungen und therapeutischen Kontexten um die Fragen von Krankheit, Ressourcen, Krankheitsbewältigung, Lebenssinn und Lebensqualität geht, auch abseits einer im strengen Sinn definierten „ Musiktherapie“.

Was empfinden Menschen als „therapeutisch“ und heilsam?

Viele Menschen kennen Musik, die sie für sich selbst als „ therapeutisch“ und heilsam definieren. In den meisten Buchläden gibt es inzwischen große Bereiche von Literatur zu Fragen der „ Lebensbewältigung“, Ideen wie „Schicksal als Chance“, „Krankheit als Weg“ und „ Positiv Denken“ im weitesten Sinne haben sich in das Denken vieler eingebaut und oft sind den Ratgebern und Hilfen zur Lebens- und Krankheitsbegleitung CDs beigepackt mit heilsamen Klängen, Musiken zur Entspannung oder gar Vorschlägen im Sinne einer musikalischen Hausapotheke. Die Idee einer Heilung mittels Musik ist sehr verführerisch, die Wirksamkeit musikalischer Parameter lässt sich allerdings niemals von der Bedeutung dieser Wirkung für den einzelnen Menschen trennen.

Musikwirkungsforschung, Musikmedizin

In zahlreichen Studien wurden die Wirkungen musikalischer Parameter in umfangreicher Weise nachgewiesen. Rhythmen, Melodien, Harmonien, Dynamik und musikalische Formen wirken auf Menschen im Sinne von Erhöhung oder Erniedrigung des Blutdrucks, des Hautwiderstandes, der Beschleunigung oder Verringerung der Herzfrequenz, haben also verschiedenste Auswirkungen auf das vegetative Nervensystem, also auf die Bereitschaft des Körpers, sich zu entspannen oder zu aktivieren. Diese vegetativen Wirkungen sind jedoch nicht eindeutig mit Bedeutungen verknüpft, das schnellere Schlagen des Herzens sagt uns im Einzelfall nicht aus, ob der Mensch diese An- oder Aufregung als angenehm oder unangenehm empfindet, ebenso nicht, ob es dabei um Themen wie Verliebtheit, Ängstlichkeit oder Eile geht, Zustände, die alle auch mit einem schnelleren Herzschlag verbunden sein können. Der einzelne Mensch weiß meist um die Bedeutung der Wirkung der Musik, die ihm wichtig ist. Für viele Menschen sind sehr unterschiedliche Musikstile bedeutsam, die Frage der Hörgewohnheiten, der Bildungsmöglichkeiten und damit also der Lebenswelten der Menschen sind eng verknüpft mit der Musikpräferenz . Sowohl Mozart als auch die Beatles oder Musiken aus anderen Kulturkreisen werden als wirkungsvoll und von vielen Menschen als „therapeutisch“ erlebt und sind auch im Forschungskontext vertreten.
In der Musiktherapie jedoch geht es immer um ein ganz klar definiertes Setting: Musik wird angewendet zur Begleitung von Krankheiten und Lebensfragen, es gibt ein klares Therapieziel und die therapeutische Beziehung ist von besonderer Bedeutung . In dieser therapeutischen Beziehung werden nun musikalische Mittel eingesetzt, zB in der aktiven Musiktherapie wird auf einfachen Instrumenten improvisiert, in der rezeptiven Musiktherapie spielt die TherapeutIn entweder vom Tonträger oder auf Instrumenten für die PatientInnen.
Um die Bedeutung der Wirkungen zu erkennen, müssen sich TherapeutIn und KlientIn mit verbalen und nonverbalen Mitteln darüber einigen, meist tun wir das mit verbaler Sprache, in der Musiktherapie spricht man dann von verbaler Aufarbeitung des nonverbalen Geschehens.
Dem Hören von Worten kommt dabei die gleich wichtige Bedeutung zu wie dem Hören von Klängen und dem musikalischen Ausdruck der Themen.

Musiken für Zeiten der Not?

Jeder Mensch kennt Zeiten der Traurigkeit, der Einsamkeit und der Zweifel. Musik kann helfen, sich zu entspannen, sich zu beleben und zu beseelen, Musik kann als Kraftquelle dienen, das Hören von eigener Lieblingsmusik ist für viele Menschen wertvolle Ressource, gerade auch in dunklen oder schweren Zeiten. Das Spiel auf Instrumenten dient dem besonderen Ausdruck, sich selbst am Instrument zuzuhören, oder dem Spiel anderer zu lauschen wird in vielen Fällen als wohltuend, oft sogar als therapeutisch empfunden.

Die Musiktherapie als spezifische künstlerisch wissenschaftliche Methode stellt darüber hinaus auch in speziellen medizinischen und therapeutischen Bereichen wertvolle Möglichkeiten der Behandlung und Begleitung bereit.



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