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ÆRZTE

Steiermark

 || 04|2017

GESUNDHEITSPOLITIK

Foto: ÖÄK/Michaela Obermeir

Das will ich

Beim Ärztegipfel zur

Primärversorgung am 15. März in Wien

hielt Karlheinz Kornhäusl, Bundesobmann der Turnusärzte,

eine vielbeachtete Rede über Wunsch und Wirklichkeit der

Primärversorgung(-szentren).

tolles Teamwork, ganz viel

Zeit für die Patienten, Fall-

besprechungen, guten Kaffee,

Family Practice wie im Pri-

vatfernsehen. Und natürlich

ganz viel Geld, das notwendig

ist, um das zu finanzieren.

Nur fürchte ich: Das ist nur

die Demo-Version.

Denn: In der Gesundheit

muss gespart werden, sagt die

Politik. Die Menschen wer-

den älter und brauchen mehr

Medizin, sagen die Experten

und die Politik. Es gibt nicht

genug Ärzte – das braucht mir

niemand zu sagen. Das erlebe

ich täglich im öffentlichen

Spital, das weiß ich, wenn ich

die vielen unbesetzten Kas-

senstellen sehe.

Das geht sich nicht aus

Und wir sollen diese Pri-

märversorgungszentren von

sieben Uhr in der Früh bis

sieben Uhr am Abend offen

halten. Und Hausbesuche ma-

chen, und, und, und.

Ich bin nicht gut in Mathe-

matik. Aber so viel kann ich

rechnen: Das geht sich schon

dann nicht aus, wenn die

zwei bis drei Kollegen, die

das bewältigen sollen, nie

krank sind, nie auf Urlaub

Ich weiß nicht, warum ich

heute hier reden darf: Denn

ich liebe Primärversorgungs-

einheiten. Und natürlich das

Primärversorgungsgesetz.

So wie Bill Gates die Höl-

le liebt. Sie kennen die Ge-

schichte? Bill Gates darf nach

seinem Tod die Hölle auspro-

bieren, und es ist toll dort:

Sonne, weißer Sandstrand,

klares Meer, wunderschöne

Menschen, gute Drinks.

Und selbstverständlich will er

gehen und, was Gott verhüten

möge, nie eine Fortbildung

besuchen.

Klar, zwei drei Vorzeigezen-

tren leistet sich die Politik.

Die sind das Paradies – bzw.

die Demo-Hölle. Und erzählt

uns, dass alle so werden. Aber

dann hängen wir über der

Lava.

Ich kenne einen Kollegen in

der Steiermark, der die Pri-

märversorgung beforscht. Der

schwärmt von solchen Zen-

tren, er hat nämlich selbst in

einem gearbeitet … in der

Schweiz: vier bis sechs Pati-

enten in der Stunde, Pflege,

Sozialarbeit, Physiotherapie,

Psychotherapie, Akutlabor,

Ultraschall, Röntgen; alles

im Haus. Keine organisato-

rischen Aufgaben natürlich,

40-Stunden-Woche und su-

per Verdienst … „Allgemein-

medizin wie im Paradies“,

schreibt er. Sie können das in

AERZTE Steiermark nachle-

sen. Das sind im O-Ton die

Worte des Kollegen.

Da hab ich nachgeschaut:

Bruttoinlandsprodukt pro

Kopf in der Schweiz: 65.000

Dollar, BIP pro Kopf in Ös-

terreich 45.000 Dollar. Das

dort bleiben und nicht in den

Himmel.

Ganz plötzlich hängt er gefes-

selt über kochender Lava, um

ihn stöhnen die Verdammten

in ihrer Qual. Dann protes­

tiert er. Der Engel, der ihn

geführt hat, grinst nur und

sagt: „Bill, das vorher war nur

die Demo-Version …“

Ja, Sie lachen. Aber es ist

ernst. Das, was uns mit den

Primärversorgungszentren

versprochen wird, will ich:

„Ich wäre begeistert von diesem Primärver­

sorgungseinheiten-Konzept, wenn unsere neue

Gesundheitsministerin morgen sagt: Ja, es gibt um

12,5 Milliarden mehr pro Jahr für Gesundheit.“

Karlheinz

Kornhäusl

warnte beim

Ärztegipfel

in Wien: Das

vielgelobte

Primärversor-

gungsmodell

könnte eine

„Demo-Versi-

on“ sein, die

wenig mit der

Wirklichkeit

zu tun hat.