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ÆRZTE

Steiermark

 || 04|2017

9

MARTIN NOVAK

Dass Pamela Rendi-Wagner

soziale Medien ähnlich offen-

siv nutzt wie andere Politi-

kerinnen und Politiker, kann

man ihr nicht nachsagen. Auf

Facebook hat sie auch Tage

nach der Ernennung zur Mi-

nisterin 141 handverlesene

„Freunde“, weniger als halb

so viele wie der durchschnitt-

liche Facebook-Nutzer und

viel, viel weniger als von Fa-

cebook erlaubt – das wären

nämlich 5.000. Ihr 2015 ein-

gerichteter Twitter-Account

enthält sechs Tweets, das

schafft Donald Trump an

einem einzigen Tag und an-

dere österreichische Politiker

in einer Woche.

Öffentlichkeitsscheu ist die

Nachfolgerin von Sabine

Oberhauser aber keineswegs.

In den sechs Jahren als Lei-

terin der Sektion III für Öf-

fentliche Gesundheit konnte

sie das auch nicht sein. Die

Feuertaufe des Zeit-im-Bild-

II-Studiogesprächs brachte

sie bereits als Spitzenbeamtin

hinter sich. Wann immer es

in den letzten Jahren eine

mögliche Gesundheits-Katas­

trophe zu erklären gab, stand

sie im Mittelpunkt des Me-

dieninteresses. Der Fukushi-

ma-Atomunfall, ein gehäuftes

Auftreten von Masernfällen

und EHEC-Infektionen trafen

sie bereits im ersten Jahr nach

der Ernennung zur Gene-

raldirektorin für Öffentliche

Gesundheit. Und die Herzen

der Journalistinnen und Jour-

nalisten flogen ihr dabei zu:

„Die … Gesundheitsdirekto-

rin wirkt kompetent. Man

würde ihr, jetzt und heute,

jederzeit eine Kiste Gemü-

se abkaufen“, schwärmte die

Kronen Zeitung 2011 und

beschrieb sie als „Frau, die …

aussieht, wie man sich eine

Professorin mit Fachgebiet

Epidemiologie in einer Dan-

Brown-Verfilmung vorstellt“.

Man höre ihr zu, „weil es ihr

gelingt, komplizierte Zusam-

menhänge einfach und auf

den Punkt gebracht darzu-

stellen“, lobten sie auch die

Oberösterreichischen Nach-

richten.

Tatsächlich ist Pamela Rendi-

Wagner die bisher höchst­

ausgebildete Ärztin an der

Spitze des Gesundheitsres-

sorts. Es gab zwar eine ganze

Reihe von Ärztinnen und

Ärzten – zuletzt Sabine Ober-

hauser als Fachärztin für Kin-

der- und Jugendheilkunde –,

Primariae und Primarii, ja

mit Reinhart Waneck (als

Staatssekretär) auch einen

Universitätsprofessor. Aber

Rendi-Wagner ist die erste

habilitierte Ärztin in dieser

Funktion.

Profilierte

Wissenschafterin

1996 promovierte die knapp

46-Jährige an der damaligen

Medizinischen Fakultät der

Universität Wien, absolvierte

ihre Fachausbildung an der

London School of Hygiene

and Tropical Medicine und

am Royal College of Physi-

cians in London, arbeitete

wissenschaftlich am Institut

für Tropenmedizin der Me-

dizinischen Universität Wien

und war Gastprofessorin an

der Universität Tel Aviv. Es

ist also keine Überraschung,

dass sie zahlreiche wissen-

schaftliche Publikationen in

anerkannten Journals aufzu-

weisen hat.

Welches Thema ihr am Her-

zen liegt, erkennt man be-

reits am Titel ihrer Habilita-

tion: „Prävention durch Imp-

fungen“. Bei Impftagen und

einschlägigen Fachveranstal-

tungen war sie in den letzten

Jahren auch immer eine gern

gesehene Referentin. Sie ist

auch das Gesicht hinter dem

österreichischen Impfplan.

Kein Wunder, dass ihr der

Rektor der Medizinischen

Universität Wien, gleich nach

dem Bekanntwerden ihrer

Ernennung zur Ministerin,

Blumen streute: „Ich freue

mich, dass mit Pamela Rendi-

Wagner eine ausgewiesene

Gesundheitsexpertin und

profilierte Wissenschafterin

dieses wichtige politische

Amt übernimmt und gratu-

liere ihr herzlich zu diesem

Karriereschritt“, sagte er in

einer Aussendung.

Keine Impfpflicht

Auch als ausgewiesene Bot-

schafterin des Impfens ver-

meidet Rendi-Wagner bei die-

sem heißen politischen Eisen

Konflikte. Sie ist laut Medien­

berichten gegen eine allge-

meine Impfpflicht und will

eine Impfpflicht für das Ge-

sundheitspersonal nur „recht-

lich prüfen“, wie sie gegenüber

mehreren Medien sagte.

Sie lässt sich aber von Me-

dien auch nicht so leicht zu

negativen Aussagen gegen die

Ärztekammer hinreißen: „Die

Ansagen der Österreichischen

Ärztekammer … sind aus

Sicht der Interessensvertre-

tung, die die Ärztekammer ist,

völlig legitim. Eine Interes-

sensvertretung hat die Auf-

gabe, hier in der einen oder

anderen Weise sich zu äußern

… Das steht ihr auch zu. Aber

am Ende des Tages muss un-

ser beider Ziel – nämlich das

Foto: BMG/ Thomas Jantzen

Die „Dan-Brown“-Ministerin

Pamela Rendi-Wagner ist

die erste habilitierte Ärztin als Gesundheits-

ministerin. Die Wissenschafterin und Expertin für das öffentliche Gesund-

heitswesen kann kontroversielle Themen elegant umschiffen und vermag

auch in Publikumsmedien zu punkten.

COVER

Eine Frau, die … aussieht,

wie man sich eine Pro­

fessorin mit Fachgebiet

Epidemiologie in einer

Dan-Brown-Verfilmung

vorstellt …

Aus einem Kronen Zeitungs-

Artikel über Pamela Rendi-

Wagner (2011)