

Ærzte
Steiermark
|| 02|2017
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Und sie bewegt sich doch, soll Galileo Galilei
gesagt haben. Was für die Erde gilt, gilt auch für
die Gebietskrankenkasse. Während und trotz der
heftigen Dispute um die 15a-Vereinbarung ist es
uns gelungen, einen „echten“ Vertragsabschluss
zu schaffen.
Das Gesamtvolumen ist mit mehr als drei Pro-
zent in Zeiten einer Inflationsrate von weniger als
einem Prozent sehr akzeptabel.
Was aber noch wichtiger ist: Mit dem Abschluss
sind auch wichtige strukturelle Signale möglich.
Das Wichtigste ist die Beseitigung der letzten
Stufe der Ordinationsdegression.
Solche Signale brauchen wir. Sie stärken die
Kontinuität der Behandlung. Dieses hohe Gut
wischen ja die Fans der staatlich gesteuerten
Primärversorgungsindustrie gerne beiseite,
obwohl sie genau wissen, dass die Gewährleis
tung der „Continuity of Care“ nicht nur einem
Grundbedürfnis der Patientinnen und Patienten
entspricht, sondern auch ein ganz wesentliches
Kriterium qualitätsvoller Primärversorgung ist.
Wie Sie vielleicht schon gehört haben, werde ich
in der nächsten Periode nicht mehr für die Funk-
tion des Kurienobmanns zu Verfügung stehen.
Daher freut es mich besonders, dass dieser Ver-
trag gelungen ist. Zu tun bleibt dennoch genug,
das weiß ich. Kurzfristig geht es vor allem um
Zusammenarbeitsmöglichkeiten ohne wirtschaft-
liche Hemmnisse. Wer aber „Stärkung der Pri-
märversorgung“ sagt, und damit nicht „Verknap-
pung der Medizin“ meint (bei manchen habe ich
den Eindruck), wird sich dem nicht verwehren.
Und angeblich gibt es ja Geld für diese Stärkung.
Die darf nur nicht in eine teure Primärversor-
gungsbürokratie verschleudert werden, sie muss
tatsächlich in die Versorgung gehen. Das wün-
sche ich uns allen.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
extra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 46.
Jörg Garzarolli
Mehr für die
Primärversorgung
debatte
Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, Furgler, Hassler/Kleine Zeitung. Grafik: Mirko Maric´
Standortbestimmung
Herwig Lindner
Wahlen sind kein Selbstzweck,
sie sind die Basis
Richtig ist: In der Ärztekammer wird gewählt. Falsch ist aber,
was Gegner der Ärzteschaft schon seit Monaten behaupten: dass
wir Dinge wollen und andere ablehnen, weil es Wahlen in der
Ärztekammer gibt.
Wir haben (erfolgreich) für die Arbeitsbedingungen der Spitals
ärzte gekämpft, lange bevor Wahlen ins Haus standen. Weil der
Zeitpunkt der richtige war. Wir kämpfen für die Arbeitsbedin-
gungen der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte, weil es jetzt
erforderlich ist, weil die Politik es jetzt zum Thema gemacht hat.
Dafür, dass wir uns durch
Wahlen nicht davon abhalten
lassen, das Richtige zu tun, wer-
den wir uns nicht entschuldigen.
Dass Menschen im politischen
Umfeld Wahlen gerne als Tot-
schlagargument benutzen, sagt
nichts über die Ärzteschaft, aber
leider viel über die politische
Logik, der manche in der Politik
und um die Politik huldigen.
Dass Ärztinnen und Ärzte, die bei Ärztekammerwahlen antre-
ten, gewählt werden wollen, liegt auf der Hand. Sie wollen das
aber, um etwas zustande zu bringen. Und versuchen nicht, etwas
zustande zu bringen, damit sie gewählt werden. Böse Zungen be-
haupten ja, das wäre in der „richtigen“ Politik anders.
Ich weiß auch schon, was das nächste „Totschlagargument“ sein
wird: Wenn die Wahlbeteiligung bei den Ärztekammerwahlen
nicht mehr als 100 Prozent beträgt, sprechen die Hilfskräfte der
politisch Verantwortlichen den Vertreterinnen und Vertretern
der Ärzteschaft sicher das Recht ab, Schaden von der Ärzteschaft
abzuwenden, und sich das Recht zu, über die Ärztinnen und
Ärzte drüberzufahren.
Das ist in dreifacher Hinsicht perfide: Erstens wollen sie damit
die Ärztinnen und Ärzte schwächen, sie erleichtern es sich, die
Rechte der Patientinnen und Patienten zu beschneiden, die in
Österreich leider keine (starke) Stimme haben, sie stellen damit
aber letztlich das Prinzip der Demokratie in Frage.
Denn Wahlen sind kein Unfall und kein Selbstzweck. Sie sind
die Basis eines demokratischen Systems.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark.
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