AERZTE Steiermark | November - page 27

ÆRZTE
Steiermark
 || 11|2014
27
VERANSTALTUNG
Fotos: beigestellt
Reden über
Sterbehilfe
Eine Patientin/ein Patient kann grundsätzlich auf
eine Aufklärung verzichten, wobei für die Ärztin/
den Arzt wesentlich ist, dass sie/er das Vorliegen
eines Aufklärungsverzichtes nachweisen muss. In
aller Regel scheint es daher empfehlenswert, wenn
die Ärztin/der Arzt der Patientin/dem Patienten
trotz Aufklärungsverzicht jedenfalls die Diagnose,
den durchzuführenden Eingriff namentlich sowie
allgemein mitteilt, dass jeder Eingriff mit Risiken
verbunden ist. Der Aufklärungsverzicht der Pati-
entin/des Patienten sollte jedenfalls dokumentiert
werden, wobei es ratsam ist, dass die Patientin/
der Patient mit ihrer/seiner Unterschrift bestätigt,
dass sie/er auf eine weitergehende Aufklärung
ausdrücklich verzichtet. In der Praxis kommt es
häufig vor, dass sich ein/e Patient/in nicht mit der
genauen Kenntnis um ihre/seine Krankheit oder
Details der Operationen sowie Nebenfolgen, wel-
che typischerweise eintreten können, belasten will.
Problematisch ist ein Aufklärungsverzicht des-
wegen, weil PatientInnen bei unglücklichen
Heilungsverläufen in Gerichtsverfahren glaub-
würdig ausführen, dass sie über den Eingriff im
Detail und die damit einhergehenden Risiken
und Komplikationen sowie bestehenden Be-
handlungsalternativen nicht aufgeklärt wurden.
Sollte ein Aufklärungsverzicht nicht dokumentiert
sein, so gilt die Vermutung, dass ein solcher
Aufklärungsverzicht auch nicht stattgefunden
hat, sodass die Dokumentation eines solchen
Aufklärungsverzichtes unbedingt erforderlich ist.
Eine generelle Annahme eines therapeutischen
Privilegs als Rechtfertigung für eine unterlassene
Aufklärung wird in der Rechtsprechung strikt
abgelehnt. Das therapeutische Privileg, also die
medizinische Behandlung ohne entsprechende
Information und Zustimmung der Patientin/
des Patienten, ist rechtlich nur in jenen Fällen
gedeckt, wenn in Einzelfällen die/der Patient/in
aufgrund ihres/seines Zustandes ohnehin keine
rechtsgültige Einwilligung oder Ablehnung in den
Behandlungsvertrag abgeben könnte. Dies ist
der Fall in Notsituationen, wenn eine ernstliche
Gefährdung des Gesundheitszustandes der
Patientin/des Patienten droht, sowie bei Bewusst-
losen, allenfalls auch bei einer unvorhersehbaren
Operationserweiterung. Soweit jedoch die Ärztin/
der Arzt die Möglichkeit einer Operationserwei-
terung präoperativ voraussehen kann, muss sie/
er die Patientin/den Patienten auch über diese
Möglichkeit aufklären und eine Zustimmung zu
dieser weiteren Maßnahme präoperativ einholen.
Sollte der Umfang der allenfalls notwendigen
Operation bzw. voraussehbaren Operationserwei-
terung von der Ärztin/vom Arzt schuldhaft nicht
präoperativ erkannt worden sein, so kann dies zu
einer Haftung führen. Grundsätzlich ist die freie
Selbstbestimmung der Patientin/
des Patienten umso gewichtiger, je
weniger dringlich die Erweiterung
des Eingriffes ist und je gravierender
die Auswirkungen andererseits
für die künftige Lebensführung
der Patientin/des Patienten bei
Operationserweiterung sein können.
RA Dr. Karin Prutsch
RA Dr. Jörg Herzog
E-Mail:
E-Mail:
Aufklärungsverzicht und
therapeutisches Privileg
Anzeige
Eine DFP-Fortbildungsveranstal-
tung zum schwierigen Thema „Pas-
sive Sterbehilfe“ am Freitag, den
6. Februar 2015 in der steirischen
Ärztekammer von 15 bis 18:30 Uhr,
soll Klarheit bringen.
Die im Allgemeinen als „passive
Sterbehilfe“ bezeichnete Unter-
stützung von Kranken zu würde-
vollem Sterben in aussichtslosen
Situationen gehört zu den differen-
ziertesten und ethisch anspruchs-
vollsten Herausforderungen für
Ärztinnen und Ärzte.
PatientInnen und deren Angehörige
leiden unter der Belastung eines
sich ständig wiederholenden Kreis-
laufs von Noteinweisungen und
Entlassungen. Sie fordern neben der
stationären, zunehmend auch eine
dezentrale, palliativmedizinische
Versorgung.
Die Ärztekammer Steiermark ist
bemüht, die erforderlichen Voraus-
setzungen (Gesundheitsressort, So-
zialversicherung, 15A-Vereinbarung
etc.) zu schaffen, um die weitaus
effizientere Versorgung durch nie-
dergelassene Ärztinnen und Ärzte
zu fördern.
Die Durchführung dieser Fort-
bildungsveranstaltung wurde von
Ronald Kurz initiiert, dem Vorsit-
zenden der Ethikkommission der
Ärztekammer Steiermark, in Zu-
sammenarbeit mit dem Ethikkomi-
tee des LKH/Univ.-Klinikum Graz
und der Medizinischen Universität
Graz. Durch den Nachmittag führt
Univ.-Prof. Dr. Karl Harnoncourt.
Aviso: Menschenwürde am
Lebensende:
Sterben an der Hand, nicht durch die Hand des Arztes.
Menschenwürde am Lebensende
Termin/Ort:
Freitag, 6. Februar 2015 von 15 bis 18:30 Uhr
Ärztekammer Steiermark
Vortragende und Themen:
Univ. Prof. Dr. Horst Noack:
Sterbehilfe im Spannungsfeld öffentlicher Gesundheit
Univ.- Prof. Dr. Thomas Kenner:
Eid und Standesordnung der Ärzte
Univ.- Prof. Dr. Walter Schaupp:
Sterbehilfe aus interkultureller und interreligiöser Sicht
OA Dr. Juljana Verebes:
Palliativmedizin bis zum Ende
Univ.-Prof. Dr. Hans Tritthart:
Erfahrungen mit der Patientenverfügung
Anrechenbarkeit:
DFP approbiert
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