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Ærzte
Steiermark
 || 04|2014
Foto: Schiffer, Conclusio
elga
bei rund einem Prozent. Die
Entscheidungen liegen bei
den Patienten. Ich gehe von
den Größenordnungen aus,
die wir von Umfragen kennen,
also vier bis zehn Prozent.
Reden wir über den Nutzen
von ELGA: Was kann ELGA,
was die Krankenhausinfor-
mationssysteme im KAV oder
der KAGes nicht können? Was
wird für eine Oberärztin dort
besser?
Herbek:
ELGA wird die Mög-
lichkeit eröffnen, Befunde von
anderen Krankenanstalten-
trägern und im Zuge der Zeit
auch von anderen Leistungs-
erbringern im niedergelas-
senen Bereich systematisch
zu erhalten. Krankenhausver-
bünde, die kein gemeinsames
Informationssystem haben,
bedienen sich der ELGA-
Technologie, um intern zu
kommunizieren. Dort, wo es
heterogene Strukturen mit
unterschiedlichen Trägern
gibt, wie in Oberösterreich,
können systematisch die de-
finierten Daten von anderen
Krankenhausorganisationen
abgerufen werden. Die prak-
tische Handhabbarkeit wird
natürlich davon abhängen,
wie gut die jeweiligen Verbün-
de den technischen Einbau
in ihre Arbeitsplatzsysteme
vornehmen und wie gut die
Strukturierung der Befunde
voranschreitet.
Das situative Widerspruchs-
recht und die damit verbun-
dene Aufklärungspflicht wer-
den aber Spitalsärzten Einiges
abverlangen. Wie „verkaufen“
Sie Spitalsärzten diesen Mehr-
aufwand?
Herbek:
Wenn man ein
neues System einführt, ist
es am Anfang immer ein
Mehraufwand. Man muss
das im Verhältnis zu den
Minderaufwendungen, die
man haben wird, sehen. Ge-
rade in der Psychiatrie ist
es wichtig, dass man die
Patienten entsprechend in-
formiert, weil das Gesetz den
Patienten dort ein vertieftes
Informationsrecht einräumt.
Man ist als behandelnde Ein-
richtung aufgefordert, dafür
zu sorgen, dass die Patienten
speziell darauf hingewiesen
werden, dass ihnen auch
psychiatrische Befunde über
ELGA verfügbar gemacht
werden. Psychiatrie, HIV
und Schwangerschaftsabbrü-
che sind im ELGA-Gesetz
ausdrücklich als Bereiche
genannt, wo eine vertiefte In-
formationspflicht besteht …
Aber laut ELGA-Gesetz nur
„insbesondere“, also gilt das
diese Regelung ja nicht aus-
schließlich …
Herbek:
… das orientiert
sich an den Empfehlungen
der Artikel 29-Datenschutz-
gruppe der Europäischen
Kommission, eher aus einem
gesellschaftlichen, als einem
medizinischen Hintergrund.
Als Ärztin begrüße ich eine
differenzierte Haltung: Me-
dizinisch wäre es durchaus
relevant, zu wissen, dass
Menschen in psychiatrischer
Behandlung waren und ent-
sprechende Medikamente
nehmen. ELGA-Gesundheits-
diensteanbieter sind jedoch
nur Ärzte, Apotheken und
Pf legeeinrichtungen. Die
Apotheken haben dabei nur
Zugriff auf die Medikations-
daten.
Eine Medikation ergibt sich ja
in den meisten Fällen aus der
Behandlung, man wird also
aus den Medikamenten auf
die Diagnose rückschließen
können.
Herbek:
Das ist heute auch
ELGA für Sachwalter
Für in medizinischen Fragen besachwaltete Personen liegt die ELGA-Entscheidung
bei den Sachwaltern. Wie die Entscheidung der Sachwalter in der Praxis eingeholt
werden soll, scheint aber noch völlig ungeklärt.
Es ist vielleicht ein Randproblem: Aber immerhin 60.000 Österreicherinnen und Österrei-
cher haben einen Sachwalter, nicht wenige davon in medizinischen Belangen. Für diese müs-
sen die Sachwalter entscheiden, ob deren Gesundheitsdaten in ELGA gespeichert bzw. über
ELGA zugänglich sind. Wenn es um die grundsätzliche Austrittsentscheidung geht, sind die
organisatorischen Herausforderungen nicht allzu groß. Schwieriger dürfte es aber werden,
wenn es um die Wahrnehmung des situativen Widerspruchsrechts angesichts einer sensiblen
Einzeldiagnose in einer Ambulanz oder Praxis geht. In solchen Fällen müsste der Sachwalter
jedenfalls anwesend sein, um „den höchstpersönlichen Schutzbereich des Besachwalteten“,
wie es der Wiener Rechtsanwalt und Sachwalterschaftsexperte Eric Heinke formuliert, hüten
zu können: Der behandelnde Arzt „muss die Entscheidung vom Sachwalter einholen“, betont
Heinke, der im zuständigen Arbeitskreis der Österreichischen Rechtsanwaltskammer sitzt.
Wie das praktisch gehen soll? „Die befassten Stellen müssen das organisatorisch in den Griff
bekommen“, sagt Heinke trocken.
„ELGA räumt dem
Patienten mehr Rechte
ein und überträgt
ihm damit auch mehr
Verantwortung.“
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