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AUSBILDUNG

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ÆRZTE

Steiermark

 || 07_08|2017

Fotos: KAGes/Marija Kanizaj

auch angehende Anästhesi-

stInnen starten hier mit ihrer

Ausbildung. „Die ersten zwei

Wochen verbringen sie im

Simulationszentrum, machen

30 bis 50 Narkosen und lernen

auch mögliche Zwischenfälle

kennen“, erläutert Wegschei-

der, selbst Anästhesist in Aus-

bildung. Erst nach diesem

Trockentraining stehen die

Neulinge erstmals am Nar-

kosearbeitsplatz, wo sie unter

fachärztlicher Supervision am

Patienten arbeiten.

Allererste Narkose

Als kürzlich eine angehende

Anästhesistin nach dem Si-

mulationstraining ihre aller-

erste reale Narkose vornahm,

war sie bei der Patientin mit

einem unerwartet schwie-

rigen Atemweg konfrontiert,

für den es bei der Vorun-

tersuchung keine Anzeichen

gegeben hatte. Zur Sicherheit

alarmierte sie sofort die su-

pervidierende Oberärztin, die

jedoch letztlich während des

gesamten Procederes nicht

eingreifen musste. „Die jun-

ge Kollegin hat sämtliche

erlernten Algorithmen ab-

gerufen und die Beatmung

komplett eigenständig sicher-

gestellt“, erzählt Wegscheider.

„Die Patientin war in jeder

Phase gut oxidiert und konn-

te am selben Tag die Klinik

wieder verlassen. Sie hat von

dem Zwischenfall gar nichts

mitbekommen.“ Früher, so

Wegscheider, hätte man eine

Handvoll derartiger Fälle be-

obachten müssen, um dann

Bildschirm angezeigt, wo sich

auch Röntgenbilder einspie-

len lassen – wenn der Trainer

nicht gerade ein Strom-Black-

out simuliert und der Trainee

darauf reagieren muss.

Vom dritten Studientag

bis zur Pension

Trainee kann jede/r sein:

Studierende, Ärztinnen und

Ärzte in Ausbildung und sol-

che, die voll im Berufsleben

stehen, aber auch Pflegeper-

sonal. Im Studium an der

Meduni Graz ist die Simu-

lation schon seit fast einem

Jahrzehnt verankert, als Vor-

bereitung auf die OSCE-Prü-

fung (Objective Structured

Clinical Examination), bei

der verschiedene Prüfungs-

situationen konstruiert wer-

den, in denen oft mehrere

Problemlösungskompetenzen

gleichzeitig abgefragt werden.

Aber auch für den Erwerb der

Famulaturlizenz, die im Rah-

men des Studiums in Graz für

das erste Klinikpraktikum

erforderlich ist – inklusive

Blasenkatheter-Setzen an Le-

opold und Leopoldine. Für

ihre innovative Ausbildung

erhielt das CSC der Meduni

bereits mehrere Preise, den

Dr. Michael Hasiba-Preis der

steirischen Ärztekammer und

einmal selbst richtig reagie-

ren zu können. Dank Simu-

lation hatte die Jungärztin

die Handgriffe jedoch bereits

geübt und konnte sie ohne

langes Überlegen ausführen.

„Es gibt zwar nur wenige Stu-

dien, die belegen, dass Simu-

lation wirkt – dieses Erlebnis

ist für mich allerdings ein

klarer Beweis“, resümiert er.

Simuliert wird in drei Rea-

litätsstufen: low – ein Teddy

übernimmt die Rolle des Neu-

geborenen –, mid – dabei wird

beispielsweise einem Schau-

spieler eine Wunde aufgeklebt

–, und high fidelity. Eine high

fidelity-Simulationspuppe

kostet zwischen 50.000 und

70.000 Euro, dafür reagiert

sie unglaublich realitätsnah.

Sie schließt die Augen, wenn

die Narkose wirkt, kann eine

Infusion bekommen, hat vor-

ab programmierte oder vom

Trainer per Tablet unauffällig

gesteuerte Körperausschei-

dungen, hustet verdächtig,

aus ihrer Zahnprothese bricht

unerwartet ein Teil aus ... Sie

kann aber auch allergisch auf

ein Medikament reagieren

– samt keuchender Atmung,

Zungenschwellung und tast-

bar erhöhtem Puls. Ihre Vi-

talfunktionen werden am

den Staatspreis „Ars docendi“

für exzellente universitäre

Lehre.

„Auch in der neuen Basis-

ausbildung für Ärzte wird

das Simulationstraining ei-

nen fixen Platz einnehmen“,

betont Jutta Piswanger-Söl-

kner, Leiterin des KAGes-

Ärzteservice und zuständig

für die Basisausbildung. „Ich

denke dabei vor allem an Not-

fallkompetenzen, denn jeder

Arzt und jede Ärztin sollte

fachunabhängig einen Notfall

versorgen können.“ Wer sein

Studium in den vergangenen

Jahren in Graz absolviert hat,

ist mit dem Tool der Simula-

tion ohnehin bereits vertraut.

„Im Idealfall schaffen wir ein

Continuum, bei dem die Si-

mulation Ärzte auf ihrem

Berufsweg sozusagen von der

Wiege bis zur Bahre begleitet“,

sagt SIMZ-Leiter Untersweg.

Zweite Chance

am Simulator

Auch erfahrene Spezialis-

tInnen ihres Faches können

von einem Simulationstrai-

ning profitieren: Vor dem

ersten Einsatz auf der EBA

des Klinikums wird schon

jetzt verpflichtend am Simu-

lator trainiert, aber auch beim

Testen neuartiger periopera-

tiver Prozesse kann Simula-

tion hilfreich sein. Ebenso im

Rahmen eines teambilden-

den Trainings oder aus aktu-

ellem Anlass, wenn eine OP

nicht wie geplant verlaufen ist.

„Dann reserviert das Team

„In der neuen Basisausbildung für

Ärzte wird das Simulationstraining

einen fixen Platz einnehmen.“

Jutta Piswanger-Sölkner, Leiterin des KAGes-

Ärzteservice

Beim Training

im simulierten

Schockraum

perfektioniert

das Team seine

Kommunika-

tion.

Täuschend

ähnliche Kör-

perflüssigkeiten

begleiten das

Trockentrai-

ning.