

AUSBILDUNG
26
ÆRZTE
Steiermark
|| 07_08|2017
Fotos: KAGes/Marija Kanizaj
auch angehende Anästhesi-
stInnen starten hier mit ihrer
Ausbildung. „Die ersten zwei
Wochen verbringen sie im
Simulationszentrum, machen
30 bis 50 Narkosen und lernen
auch mögliche Zwischenfälle
kennen“, erläutert Wegschei-
der, selbst Anästhesist in Aus-
bildung. Erst nach diesem
Trockentraining stehen die
Neulinge erstmals am Nar-
kosearbeitsplatz, wo sie unter
fachärztlicher Supervision am
Patienten arbeiten.
Allererste Narkose
Als kürzlich eine angehende
Anästhesistin nach dem Si-
mulationstraining ihre aller-
erste reale Narkose vornahm,
war sie bei der Patientin mit
einem unerwartet schwie-
rigen Atemweg konfrontiert,
für den es bei der Vorun-
tersuchung keine Anzeichen
gegeben hatte. Zur Sicherheit
alarmierte sie sofort die su-
pervidierende Oberärztin, die
jedoch letztlich während des
gesamten Procederes nicht
eingreifen musste. „Die jun-
ge Kollegin hat sämtliche
erlernten Algorithmen ab-
gerufen und die Beatmung
komplett eigenständig sicher-
gestellt“, erzählt Wegscheider.
„Die Patientin war in jeder
Phase gut oxidiert und konn-
te am selben Tag die Klinik
wieder verlassen. Sie hat von
dem Zwischenfall gar nichts
mitbekommen.“ Früher, so
Wegscheider, hätte man eine
Handvoll derartiger Fälle be-
obachten müssen, um dann
Bildschirm angezeigt, wo sich
auch Röntgenbilder einspie-
len lassen – wenn der Trainer
nicht gerade ein Strom-Black-
out simuliert und der Trainee
darauf reagieren muss.
Vom dritten Studientag
bis zur Pension
Trainee kann jede/r sein:
Studierende, Ärztinnen und
Ärzte in Ausbildung und sol-
che, die voll im Berufsleben
stehen, aber auch Pflegeper-
sonal. Im Studium an der
Meduni Graz ist die Simu-
lation schon seit fast einem
Jahrzehnt verankert, als Vor-
bereitung auf die OSCE-Prü-
fung (Objective Structured
Clinical Examination), bei
der verschiedene Prüfungs-
situationen konstruiert wer-
den, in denen oft mehrere
Problemlösungskompetenzen
gleichzeitig abgefragt werden.
Aber auch für den Erwerb der
Famulaturlizenz, die im Rah-
men des Studiums in Graz für
das erste Klinikpraktikum
erforderlich ist – inklusive
Blasenkatheter-Setzen an Le-
opold und Leopoldine. Für
ihre innovative Ausbildung
erhielt das CSC der Meduni
bereits mehrere Preise, den
Dr. Michael Hasiba-Preis der
steirischen Ärztekammer und
einmal selbst richtig reagie-
ren zu können. Dank Simu-
lation hatte die Jungärztin
die Handgriffe jedoch bereits
geübt und konnte sie ohne
langes Überlegen ausführen.
„Es gibt zwar nur wenige Stu-
dien, die belegen, dass Simu-
lation wirkt – dieses Erlebnis
ist für mich allerdings ein
klarer Beweis“, resümiert er.
Simuliert wird in drei Rea-
litätsstufen: low – ein Teddy
übernimmt die Rolle des Neu-
geborenen –, mid – dabei wird
beispielsweise einem Schau-
spieler eine Wunde aufgeklebt
–, und high fidelity. Eine high
fidelity-Simulationspuppe
kostet zwischen 50.000 und
70.000 Euro, dafür reagiert
sie unglaublich realitätsnah.
Sie schließt die Augen, wenn
die Narkose wirkt, kann eine
Infusion bekommen, hat vor-
ab programmierte oder vom
Trainer per Tablet unauffällig
gesteuerte Körperausschei-
dungen, hustet verdächtig,
aus ihrer Zahnprothese bricht
unerwartet ein Teil aus ... Sie
kann aber auch allergisch auf
ein Medikament reagieren
– samt keuchender Atmung,
Zungenschwellung und tast-
bar erhöhtem Puls. Ihre Vi-
talfunktionen werden am
den Staatspreis „Ars docendi“
für exzellente universitäre
Lehre.
„Auch in der neuen Basis-
ausbildung für Ärzte wird
das Simulationstraining ei-
nen fixen Platz einnehmen“,
betont Jutta Piswanger-Söl-
kner, Leiterin des KAGes-
Ärzteservice und zuständig
für die Basisausbildung. „Ich
denke dabei vor allem an Not-
fallkompetenzen, denn jeder
Arzt und jede Ärztin sollte
fachunabhängig einen Notfall
versorgen können.“ Wer sein
Studium in den vergangenen
Jahren in Graz absolviert hat,
ist mit dem Tool der Simula-
tion ohnehin bereits vertraut.
„Im Idealfall schaffen wir ein
Continuum, bei dem die Si-
mulation Ärzte auf ihrem
Berufsweg sozusagen von der
Wiege bis zur Bahre begleitet“,
sagt SIMZ-Leiter Untersweg.
Zweite Chance
am Simulator
Auch erfahrene Spezialis-
tInnen ihres Faches können
von einem Simulationstrai-
ning profitieren: Vor dem
ersten Einsatz auf der EBA
des Klinikums wird schon
jetzt verpflichtend am Simu-
lator trainiert, aber auch beim
Testen neuartiger periopera-
tiver Prozesse kann Simula-
tion hilfreich sein. Ebenso im
Rahmen eines teambilden-
den Trainings oder aus aktu-
ellem Anlass, wenn eine OP
nicht wie geplant verlaufen ist.
„Dann reserviert das Team
„In der neuen Basisausbildung für
Ärzte wird das Simulationstraining
einen fixen Platz einnehmen.“
Jutta Piswanger-Sölkner, Leiterin des KAGes-
Ärzteservice
Beim Training
im simulierten
Schockraum
perfektioniert
das Team seine
Kommunika-
tion.
Täuschend
ähnliche Kör-
perflüssigkeiten
begleiten das
Trockentrai-
ning.