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ÆRZTE
Steiermark
|| 07_08|2017
Foto: Marija Kanizaj, KAGes, Werner Stieber
AUSBILDUNG
U. JUNGMEIER-SCHOLZ
Wo einst am Areal des Grazer
Klinikums täglich Tonnen
von Karotten, Kartoffeln und
Co. angeliefert, gewaschen
und küchenfertig gemacht
wurden, liegen nun Leopold
und Leopoldine auf Unter-
suchungsliegen – beide in
Erwartung eines Blasenka-
theters. Und nicht nur eines:
eine ganze Gruppe von Stu-
dierenden im ersten Studien-
jahr wird demnächst – jeder
einzeln – an ihnen das Kathe-
tersetzen üben, solange, bis
der Schlauch reibungslos die
Harnröhre passiert. Nein, hier
wurde keine Folterkammer
für renitente PatientInnen er-
richtet, denn trainiert wird an
Simulationspuppen. In die-
sem Fall an Simulationsunter-
leibern, denn nicht für jeden
Eingriff braucht es gleich eine
Ganzkörperpuppe.
Auch Intubieren lässt sich
an diesen sogenannten Part
Task-Trainern erlernen. Zu
unterschätzen ist der Eingriff
aber auch am Simulator nicht:
Die Körperteil-Puppe kann
einen Stimmbandkrampf be-
kommen oder sich ganz plötz-
lich übergeben, künstlicher
Mageninhalt inklusive. Ob
und wann derartige Ereig-
nisse eintreten, weiß man
nicht – ganz wie im richtigen
Medizinerleben.
Derzeit zwei in einem
Die Steiermark hat das Pri-
gensonde trainiert“, erklärt
Thomas Wegscheider, lang-
jähriger Mitarbeiter am CSC
und Programmentwickler im
SIMZ. „Sitzen die einzelnen
Fertigkeiten, folgt die Algo-
rithmus-Simulation.“ Dabei
werden dann Gesamtabläufe
nach Schema trainiert, bei-
spielsweise eine Reanimation.
Geübt werden sowohl die
Standardvariante als auch Re-
aktionen beim Auftreten von
Komplikationen. Jahrelange
Erfahrungen haben gezeigt,
dass es zudem ebenso wichtig
ist, scheinbar nebensächliche
Details – wie das eindeutige
Identifizieren des Patienten
oder das Alarmieren von Kol-
legInnen im Notfall – bis zur
Routine durchzuspielen.
Die dritte Stufe, die Teamsi-
mulation, setzt voraus, dass
jede/r einzelne bereits weiß,
vileg, über zwei Simulati-
onszentren zu verfügen: Das
Clinical Skills Center CSC
der Meduni Graz und das
im Vorjahr eröffnete Simu-
lationszentrum SIMZ der
KAGes. Ein Jahr lang waren
die beiden Institutionen nun
räumlich im selben Zentrum
vereint, im heurigen Herbst
wird die Meduni im neuen
MED Campus wieder – wie
vor der SIMZ-Gründung – ei-
gene Flächen beziehen, wäh-
rend die KAGes ihr Zentrum
am jetzigen Standort weiter
betreibt. Für das SIMZ der
KAGes wurde in Rekord-
zeit auf rund 1000 m
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ein
täuschend krankenhausähn-
liches Ambiente nachgebaut
– ressourcenschonend mit
zahlreichem ausgemustertem
Klinikmobiliar. Viele der der-
zeit verwendeten Simulatoren
hat die Meduni eingebracht,
doch auch da investiert die
KAGes zurzeit.
Noch stehen die Details der
künftigen Kooperation der
zwei Zentren nicht fest, Fried-
rich Untersweg, Leiter des
SIMZ, plädiert jedoch lang-
fristig für ein gemeinsames
Kompetenzzentrum beider
Institutionen.
Drei Stufen des Lernens
Medizinische Simulation
kann in verschiedenen Stufen
erfolgen: „Am Part Task-Trai-
ner werden Einzelfertigkeiten
wie Beatmung, Wundspülung
oder das Legen einer Ma-
was er oder sie zu tun hat
und dann nur mehr die Zu-
sammenarbeit in der Gruppe
samt Kommunikation trai-
niert wird, wie beispielsweise
im Schockraum vonnöten.
Oder im Falle einer kompli-
kationsreichen Geburt.
Lernerfolg
nachvollziehbar
Im OP führt das Team gerade
eine Notsectio durch: Anäs-
thesie, Schnitt … Blut fließt,
missfärbiges Fruchtwasser tritt
aus, das Baby wird rasch he-
rausgeholt. In der Schleuse
übernimmt die Hebamme das
Kind, nebenan bereitet der
(auszubildende) Kinderarzt
die Neugeborenen-Versorgung
vor. Die Wärmelampe ist akti-
viert, aber sämtliche Regler am
Versorgungstisch müssen neu
justiert werden – ab Alarm
Wenn sich die
Puppe übergibt
Graz hat´s –
ein Trainingszentrum zur medizinischen Simu-
lation, wo Basisfertigkeiten ebenso erlernt werden wie ganze
Operationen. Hier trainieren Studierende ab der zweiten Wo-
che, aber auch routinierte ÄrztInnen der KAGes.
„Im Idealfall schaffen wir ein Continuum,
bei dem die Simulation Ärzte auf ihrem
Berufsweg sozusagen von der Wiege bis
zur Bahre begleitet.“
Friedrich Untersweg, Leiter des SIMZ
Völlig stress-
frei intubie-
ren lernen
– solange der
Magensack
ungefüllt
ist …