

ÆRZTE
Steiermark
|| 11|2015
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er Herr?
Technik den Menschen
kontrollieren oder ihm
helfen wird, scheint noch
ungewiss. Der Trend ist
aber nicht aufzuhalten.
schweigt, oder was nicht in
Dramaturgie passt, berichtete
Thalmann, der heute nicht
mehr in Klagenfurt, sondern
in der Herz- und gefäßchirur-
gischen Abteilung des Kran-
kenhauses Hietzing arbeitet,
Buchautor Gawande: Nach-
dem es in mehreren ähnlich
gelagerten Fällen nicht gelun-
gen war, die Opfer zu retten,
habe man unter Einbindung
aller Beteiligten – von den
Rettungsteams bis zum Te-
lefonisten am Krankenhaus
– die Rettungskette standar-
disiert. Und seinem Team sei
es dann auch gelungen, das
„Wunder“ zumindest zweimal
zu wiederholen, auch nach-
dem er – Thalmann – Klagen-
furt verlassen hatte. Die Le-
bensrettung wird damit nicht
weniger bedeutsam, es sind
aber kein Wunder und kein
Guru dafür nötig, sondern
nur die richtige Analyse und
der richtige Prozess – Trai-
ning und Technik.
Die richtige technische Unter-
stützung kann also für Profis,
die damit umgehen können,
durchaus hilfreich sein, mehr
noch, sie ist in einer kom-
plexen Welt sogar nötig, um
menschliche Unzulänglich-
keiten auszugleichen. Es gibt
allerdings auch andere Seiten.
Über die Infusions
pumpe ins System
Das österreichische Unter-
nehmen Hospira gilt als einer
der weltweit renommiertesten
Hersteller von Infusionspum-
pen. Zuletzt lag der Jahres-
umsatz bei mehr als vier Mil-
liarden Euro. 2015 hatte das
Unternehmen zwei einschnei-
dende Ereignisse zu verkraf-
ten: Erstens wurde es (das
beweist wohl seine Attrakti-
vität) vollständig von Pfizer
übernommen. Zweitens, und
das war bei weitem weniger
erfreulich, hackte der US-
Sicherheitsforscher Billi Rios
eine Hospira-Infusionspum-
pe und drang auf diesem Weg
in das Krankenhausnetzwerk
vor. Die US-Behörde FDA
(Food and Drug Administra-
tion) warnte Spitäler vor der
Verwendung der betroffenen
Infusionspumpe. Das Unter-
nehmen setzte sich zur Wehr
und argumentierte, dass diese
bereits seit 2013 nicht mehr
ausgeliefert würde und Nach-
folgeprodukte die kritisierten
Schwachstellen nicht mehr
aufwiesen. Aber Sicherheits-
fachleute wie Scott Erven von
Secmedic halten derartige
Ereignisse nicht für Einzel-
fälle. Er ist der Meinung, dass
der Gesundheitsbereich in
Sachen Sicherheit zehn Jahre
hinter anderen Branchen zu-
rückliege. Der Computerwis-
senschafter Avi Rubin von der
Johns Hopkins Universität
drückt es noch drastischer
aus: „Würde die Finanzwirt-
schaft Sicherheit so behandeln
wie es der Gesundheitssektor
tut, stopfte ich mein Geld in
die Matratze.“
Aber deswegen die völlige
Abkehr von der E-Health-
Nutzung zu verlangen, wäre
wohl einerseits nicht ange-
bracht, weil sie einfach Nut-
zen stiftet, und sie wäre an-
dererseits weltfremd, weil
dahinter ein gewaltiger Markt
steht. Dietmar Bayer, IT-Ex-
perte der Österreichischen
Ärztekammer, spricht sich
für mehr Bewusstsein bezüg-
lich der Sensibilität medizi-
nischer Daten aus, verlangt
für den IT-Bereich gesetzliche
Bestimmungen analog zum
Medizinproduktegesetz und
die Umsetzung der digitalen
Agenda „mit einem eigenen
Netz, abseits des öffentlichen
Internets – als eigenes Ge-
sundheitsnetz“. Dort wäre
dann wohl auch jene Sicher-
heit herzustellen, die erfor-
derlich ist – laut Scott Erven
mit geringen oder gar keinen
finanziellen Mitteln.
Die Frage ist allerdings, ob
diese strikte Trennung über-
haupt noch möglich ist – denn
E-Health ist für die groß-
en Player wie Google, Apple
oder IBM längst „the next big
thing“. Und dahinter steht
eine riesige Zahl kleinerer
Anbieter, die sich ebenfalls ein
Stück vom Kuchen abschnei-
den wollen.
Ein Großer unter den Kleinen
ist das Kärntner Elektronik-
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