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ÆRZTE
Steiermark
|| 11|2015
Ärztin im besonderen Dienst
Fotos: Sudy
Eine Könnerin mit Staffelei
und (ohne) Stethoskop
Eigentlich stimmt der
Titel „Ärztin im besonderen Dienst“
diesmal nicht. Denn die promovierte Medizinerin Gabriele Hartl
hat ihr motorisches Geschick nie für Unfallchirurgie oder Or-
thopädie, sondern immer für das Kunsthandwerk eingesetzt.
Aber der Traum vom Arztberuf lebt weiter.
REINHARD SUDY
Aufgewachsen ist Gabriele
Hartl in der Kärntner Lan-
deshauptstadt. Und hier im
Gymnasium Klagenfurt-Vik-
tring waren es die Schwer-
punkt-Angebote in Musik
und Zeichnen, die ihre Nei-
gung zur Malerei und präzi-
sen handwerklichen Arbeit
förderten.
Kein Wunder, dass ihr ein
Professor nahe legte, eventu-
ell Bildrestauratorin zu wer-
den. Hoffnungsvoll bereitete
sie sich auf die Akademie der
bildenden Künste Wien vor,
doch die Aufnahmeprüfung
verlief nicht nach Wunsch.
Immerhin sah sie nun in
ihrem technischen Verständ-
nis, ihrer Fingerfertigkeit und
ihrer Genauigkeit eine Emp-
fehlung für die unfallchi-
rurgische und orthopädische
Arbeit.
Nach ersten Medizin-Studi-
enjahren in Wien studierte
sie in Graz bis zur Promotion
2003. Nicht ohne Wermuts-
tropfen: „So interessant ich
das Medizinstudium auch
fand, meine Liebe zu künstle-
risch-handwerklichen Tätig-
keiten war letzten Endes aber
größer“, erzählt Dr. Hartl.
So sammelte sie in einem
Ferialjob während ihrer Stu-
dienzeit Erfahrungen bei
einem Restaurator, arbeitete
später als Gehilfin bei einer
Kunsttischlerei in Mariatrost.
Ebenso wie sie mit feinem
Pinsel und mit Schellack eine
gediegene Polierung anferti-
gte, so glänzte bald ihr end-
gültiger Entschluss: Nicht in
der vergleichsweisen Sterilität
als Medizinerin wollte Dr.
med. Hartl arbeiten, sondern
mit sprichwörtlicher Beru-
fung machte sich die forsche
Frau auf die Suche nach einer
Tischlerei-Lehrstelle.