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ÆRZTE
Steiermark
|| 11|2015
COVER
Unternehmen Infineon. Sa-
bine Herlitschka, seit 2011
im Infineon-Vorstand und
zuvor auch Vizerektorin für
Forschungsmanagement und
Internationale Kooperationen
der Meduni Graz, spricht von
einem Heathcare-IT-Markt
mit einem Volumen von 160
Milliarden US-Dollar (2015).
Dazu kommen 156 Milliarden
bei medizinischer Elektro-
nik, immer noch vier Milliar-
den Dollar bei medizinischen
Halbleitern und – noch – eine
halbe Milliarde bei Mobile
Health. Dieser Markt wer-
de aber bis 2017/2018 auf
23 Milliarden wachsen. Das
virtuelle Spital, immer mehr,
immer intelligentere und ver-
netztere Sensorik seien ein
unumkehrbarer Trend, sagte
Herlitschka Anfang Oktober
bei einem Vortrag auf Ein-
ladung der Vereinigung For-
schungsförderung Med Uni
Graz (MEFO Graz).
Der messende Patient
Wobei das große Volumen gar
nicht so sehr in den professi-
onellen Anwendungen liegt,
sondern vor allem durch den
Wunsch der Menschen ent-
steht, eigene Daten aufzuzei-
chnen, zu dokumentieren und
zu sammeln. Teils so, dass die
Interpretation Ärztinnen und
Ärzten obliegt, teils aber auch
in Eigenverantwortung der
Nutzerinnen und Nutzer. Bei-
spiele dafür sind etwa propel-
lerhealth.com– die Plattform
sammelt Daten von und für
angemeldete Asthma-Patien-
tinnen und -Patienten – oder
mymee, eine App, die Daten
sammelt, um Nutzerinnen
und Nutzer zu einem gesün-
deren Lebensstil zu verhelfen –
in dem Fall nicht nur mit Hil-
fe eines virtuellen Trainers,
sondern eines „Data driven
Coachs“ aus Fleisch und Blut.
„Ich halte wenig davon, dass
man diese Entwicklung auf-
halten kann, die Frage ist, wie
gehen wir damit um?“, sagt
Herlitschka. Dass es keine
hundertprozentige Sicherheit
gibt, sagt sie auch: „Alles,
was gehackt werden kann,
wird gehackt.“ Aber, so die
Infineon-Vorständin: „Wir
vermessen uns gerne.“ Und
das am besten mit M-Health-
Applikationen, die jederzeit
und überall per Smartphone
zur Verfügung stehen.
Auch in der europäischen
Ärzteschaft ist das Thema
längst angekommen. Erst
kürzlich beschloss das Co-
mité Permanent des Médi-
cins Européens (CPME), die
Dachorganisation aller eu-
ropäischen Ärztekammern
und -organisationen ein
Grundsatzpapier, in dem die
geforderten Standards für
medizinische Big-Data-An-
wendungen festgelegt wurden.
Stoßrichtung: Sicherheit für
die Patientinnen und Pati-
enten und die Gewähr, dass
die ärztliche Expertise nicht
auf der Strecke bleibt.
Mensch-Maschine
Während das „Quantified
Self“ aber noch auf externe
technische Hilfsmittel wie
Smartphones oder Armbän-
der (Stichwort Wearables)
angewiesen und daher eini-
germaßen sicht- und kontrol-
lierbar ist, so wie die dahin-
ter stehenden Unternehmen
Apple, Nike und Co., hat sich
daneben bereits eine Open-
Source-Bewegung etabliert,
die sich von Standards und
rechtlichen Rahmenbedin-
gungen kaum beeindrucken
lassen wird.
Was der „Biohacker“ Tim
Cannon 2013 realisierte,
war noch ein spektakuläres
Kunstprojekt: die Einpflan-
zung eines Chip-Implantats
namens Circadia, das in sei-
Fotos: Elisabethinen, Schiffer
„Ich halte wenig davon, dass
man diese Entwicklung
aufhalten kann, die Frage ist,
wie gehen wir damit um?“
Sabine Herlitschka, Infineon
Neues OP-Zentrum der
Elisabethinen: Durch die
Integration der Simulation in
das normale OP-Geschehen
kann am Modell geübt werden,
was dann am Menschen
angewendet wird. Dabei geht
es nicht nur um technische
Fertigkeiten, sondern auch
um Teambuilding.