AERZTE Steiermark | Februar - page 6-7

Ærzte
Steiermark
 || 02|2015
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Gerne wird ein Wettbewerb zwischen §2-Kassen­
ärzten und Wahlärzten konstruiert. Gegen Wett-
bewerb ist grundsätzlich nichts zu sagen, aber
in den meisten Belangen sitzen alle im gleichen
Boot – vor allem, wenn es um Patientinnen und
Patienten geht, die Kassenrückersätze in Anspruch
nehmen. Wenn die Kassentarife steigen, steigen
auch die Rückersätze. Wenn sich Leistungen im
Kassenkatalog finden, sind sie auch für Wahlärzte
leichter erbringbar, weil die Patienten Kosten
refundiert bekommen. Wenn Deckelungen und
Limite gelockert werden, haben auch Wahlarzt-
patienten etwas davon. Für einen Verdrängungs-
wettbewerb fehlen weitgehend die Gründe, es gibt
für alle genug zu tun. Alles spricht für ein solida-
risches Vorgehen im Sinne aller Ärztinnen und
Ärzte sowie ihrer Patientinnen und Patienten.
Dass nun nach einigen Hungerjahren zum zweiten
Mal hintereinander die (automatische) Tarifan-
hebung klar über der Inflation liegt (siehe Seite
44), mag keine Freude hervorrufen angesichts der
Jahre zuvor und der Tatsache, dass es sich um eine
lineare Anpassung ohne strukturelle Verbesse-
rungen handelt (tatsächlich ist es eine „Nichtei-
nigung“), aber es stellt doch eine wirtschaftliche
Erleichterung für alle dar.
Und wenn wir in den nächsten Monaten mit der
GKK über den Leistungskatalog, Reihung, Planstel-
len und Jobsharing diskutieren werden, tun wir das
weniger für die etablierten Kassenärztinnen und
-ärzte, von denen viele bald in Pension gehen wer-
den, sondern auch und vielleicht sogar sehr für die
nachfolgende Generation, die bereits in der Nieder-
lassung ist oder daran denkt, dorthin zu gehen.
Wir bauen heute das Gesundheitssystem und des-
sen Rahmenbedingungen für morgen. Das mag
pathetisch klingen, ist aber tatsächlich eine ganz
einfache Wahrheit.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
Landesrat Christopher Drexler hat es kürzlich bei einer Presse­
konferenz sehr salopp ungefähr so gesagt: Dass man bei hö-
herem Bruttogehalt auch höhere Abzüge hat, sagt einem die
allgemeine Lebenserfahrung.
So einfach machen wir es uns nicht. Höhere Bruttogehälter müs-
sen auch zu entsprechend höheren Nettogehältern führen. Weil
das unsere Überzeugung ist, haben wir die Kammerumlage
gesenkt und auch die Versicherungsanteile bei den Wohlfahrts-
fondsbeiträgen.
Politisch gedacht der einfachste Weg
wäre es, auch gleich die Pensionsbeiträge
zu senken. Nur: Damit senken wir auch
die Pensionsansprüche. Und erhöhen die
sowieso schon hohe Lohnsteuer noch wei-
ter. Etwas vereinfacht: Statt in eines der
wahrscheinliche besten Pensionssysteme zu investieren, würden
Spitalsärzte ihr Geld dann ins „System Lohnsteuer“ versenken.
Vielleicht wollen das sogar manche. Aber es wäre halt ein Weg
„of no return“ – rasch gesetzt, aber lange Zeit nicht reversibel.
Daher brauchen wir einen guten Meinungsbildungsprozess. Der
beginnt einmal damit, dass Rückschlüsse aus dem Jänner- und
auch dem Februar-Lohnzettel nicht möglich sind. Der März-
Lohnzettel wird – weil er den ersten Teil der steuergemilderten
Sonderzahlungen für das 13. und 14. Gehalt enthält – das Ge-
genteil bewirken. Da schaut es dann wieder zu positiv aus. Wirk-
lich aussagekräftig ist nur das Jahresgehalt mit allen Abzügen
und allen Lohnsteuervorteilen.
Jeder ist jederzeit eingeladen, sich darüber zu informieren und
auch darüber, ob er die Pensions-Möglichkeiten der Beitrags­
orientierten Zusatzversorgung voll ausschöpfen will oder nicht.
Was viele Spitalsärzte jetzt erstmals können, weil ihr Bruttoein-
kommen erstmals dafür ausreicht.
Allgemeine, aber sehr konkrete Informationen gibt es bei Infor-
mationsveranstaltungen, ganz individuelle in der Ärztekammer.
Seien Sie skeptisch, seien Sie kritisch, glauben Sie nichts, hinter-
fragen Sie alles. Aber bilden Sie sich eine fundierte Meinung auf
der Grundlage aller Informationen.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der
Ärztekammer Steiermark.
extra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 45.
Jörg Garzarolli
Solidarität – auch aus
reinem Eigennutz
debatte
Der Wettbewerb der Arbeitgeber um die besten
(und genug) Ärztinnen und Ärzte in Österreich
hat endlich auch offiziell begonnen. Wir hatten in
der Steiermark den besten Start. Andere Bundes-
länder ziehen nach, und das ist gut so.
Wir haben es den Verhandlern anderer Bundes-
länder vielleicht auch ein wenig leichter gemacht,
weil sie immer auch mit der Steiermark argumen-
tieren können.
In der Darstellung unseres Verhandlungsergeb-
nisses haben wir von Anfang ein klares Prinzip
verfolgt: Fakten, Fakten, Fakten.
Fakt ist: Ja, wir haben besonderes Augenmerk auf
die Gehälter der Fachärztinnen und Fachärzte,
der Assistenzärztinnen und Assistenzärzte, aber
auch der Stationsärztinnen und Stationsärzte
gelegt. Weil auf ihnen das Gros der Verantwor-
tung lastet und auch, weil wir in Spitalskarrieren
denken: Das Einkommen muss nicht (nur) heute,
sondern in der Lebensarbeitszeit stimmen.
Wir arbeiten nicht mit Projektionen, sondern mit
den Gehältern 2015.
Wir hatten dennoch von Anfang an die vorher-
sehbare Weiterentwicklung des KA-AZG mit den
Meilensteinen 2018 und 2021 im Auge – es wer-
den weitere Anteile der Journaldienstentlohung
ins Grundgehalt fließen.
Wir haben vor allem auch für die jungen Kolle-
ginnen und Kollegen sehr viele Verbesserungen
bei den Arbeits- und Ausbildungsbedingungen
verhandelt. Sie bilden das Sprungbrett für die
Spitalskarriere.
Und wir haben sehr genau darauf geachtet, dass
das Gesamtbild nicht durch Umschichtungen
verzerrt wird, dass sich etwa niemand die ver-
kürzten Dienste selbst bezahlen muss.
Und wir setzen auf Transparenz: Alle Doku-
mente (einschließlich des neuen SI-Schemas im
Original) gibt es auf der Website der Ärztekam-
mer Steiermark.
Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz
ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
intra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 40.
Martin Wehrschütz
Es gilt das Prinzip 
Transparenz
Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, Conclusio, Furgler, Grafik: Mirko Maric´
Standortbestimmung
Herwig Lindner
Sie entscheiden – aber holen
Sie sich die Informationen
kont a
Wir haben mit DON’T SMOKE bereits viel erreicht:
Wir konnten über 23.000 UnterstützerInnen unter den
ÖsterreicherInnen gewinnen. Über 2.800 Menschen
haben motivierende und oft bewegende Kommen-
tare geschrieben. Mehr als 50 Prominente – Politiker,
Schauspieler, Künstler, Journalisten, Menschen aus
dem Gesundheitssektor, der Wirtschaft und dem Uni-
versitätsbereich – haben sich für unsere Anliegen stark
gemacht. Und wir konnten zahlreiche Organisationen
wie u.a. die Ärzte- und Apothekerkammer, den Haupt-
verband der Sozialversicherungsträger oder die Krebs-
hilfe hinter uns vereinen.
Zudem haben uns die Ergebnisse einer repräsenta-
tiven Gallup-Studie in unseren Forderungen be-stärkt:
63% der ÖsterreicherInnen befürworten demnach die
Einführung eines generellen Rauchverbots in der Gas-
tronomie. 82% sprechen sich für eine Anhebung der
Altersgrenze auf 18 Jahre aus. Und 60 Prozent wollen
eine Erhöhung der Tabaksteuer, um Information und
Beratung zum Rauchstopp zu finanzieren.
Vor allem aber ist es gelungen, eine Absichtserklärung
der politischen Entscheidungsträger zu erzielen, noch
in diesem Jahr das generelle Rauchverbot gesetzlich zu
verankern.
Das ermutigt uns. Doch wir lehnen uns noch nicht zu-
rück und halten an unseren Forderungen fest. So lange
gesetzliche Änderungen nicht tatsächlich umgesetzt
sind und vor allem auch ein besserer Jugendschutz
Wirklichkeit geworden ist, bleiben wir unbequem.
Das sind wir unserem Anliegen und auch unserem ver-
storbenen Mitstreiter Kurt Kuch schuldig.
Wir werben daher dafür, die Petition auch weiterhin
auf unserer Website (
) durch Unter-
zeichnung und Weiterleitung nachhaltig zu unterstüt-
zen.
Univ.-Prof. Dr. Hellmut Samonigg ist Präsident der
Österreichischen Gesellschaft für Hämatologie & Medi-
zinische Onkologie (OeGHO) und Leiter der Klinischen
Abteilung für Onkologie am LKH-Universitätsklinikum
Graz.
Hellmut Samonigg
Don‘t smoke: Wir 
bleiben unbequem
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