AERZTE Steiermark 07/08 2014 - page 42

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Ærzte
Steiermark
 || 07/08|2014
Forschung Steiermark
Fotos: Med Uni Graz, Creative Collection
MEDIA BASED MEDICINE
Schluss mit dem Händeschütteln
Amerikanische Wissenschaftler wollen Ärztinnen und
Ärzten das Händeschütteln mit PatientInnen untersagen,
denn sie halten diese Gepflogenheit für so gesundheitsge-
fährdend wie das Rauchen in der Öffentlichkeit. Als Alter-
native zum Händedruck schlagen sie eine kleine Verbeu-
gung oder Winken vor.
Quelle:
experten-fordern-verbietet-aerzten-das-haendeschuetteln-
id2868508.html
Täglich bekommen Patient-
Innen von den Medien neue
„Sensationen“ aus der Welt
der Medizin aufgetischt:
Unter Beteiligung der
Med Uni Graz wird im EU-Projekt „MyNewGut“ erforscht, welchen Einfluss das
Darmmikrobiom auf die metabolische Gesundheit, das Immunsystem und die Gehirnfunktion ausübt.
Darmmikrobiom wird untersucht
Die Zahl der Bakterien, wel-
che vor allem die Schleimhäu-
te, die Haut und den Magen-
Darmtrakt besiedeln, über-
steigt die Zahl der Zellen im
menschlichen Körper um das
mindestens Zehnfache. Die
Bakterien des Mikrobioms
interagieren intensiv mit dem
Immunsystem des Körpers
und erfüllen wichtige Funk-
tionen innerhalb des Stoff-
wechsels. „Diese Mikroben
stellen ein riesiges Ökosystem
dar, dessen Bedeutung für
Gesundheit und Krankheit
erst allmählich ins Bewusst-
sein rückt“, erklärt Univ.-
Prof. Mag. Dr. Peter Holzer,
Leiter der Forschungseinheit
für Translationale Gastro-
enterologie an der Med Uni
Graz. Ein gut funktionie-
rendes und ausgewogenes
Darmmikrobiom ist für die
Darmgesundheit und für ein
optimal funktionierendes
Immunsystem unabdingbar.
Holzer: „Übergewicht, meta-
bolische Erkrankungen, Au-
toimmunerkrankungen und
Frisch publiziert
y
Retropubic vs. transobturator tension-free vaginal tape
for female stress urinary incontinence: 3-month results of
a randomized controlled trial.
in PLoS One von Thomas
Aigmüller, Ayman Tammaa, Karl Tamussino, Engelbert
Hanzal, Wolfgang Umek, Dieter Kölle, Stephan Kropshofer,
Vesna Bjelic-Radisic, Josef Haas, Albrecht Giuliani, Peter F. J.
Lang, Oliver Preyer, Ursula Peschers, Katharina Jundt, Geor-
ge Ralph, Andrea Dungl und Paul A. Riss
y
Autochthonous leptospirosis in South-East austria, 2004-
2012.
in PLoS One von Hoenigl, M; Wallner, C; Aller-
berger, F; Schmoll, F; Seeber, K; Wagner, J; Valentin, T;
Zollner-Schwetz, I; Flick, H; Krause, R
Forscherinnen und Forscher der Grazer Medizinischen
Universität publizieren regelmäßig in internationalen
Journalen. Wir bringen jeden Monat aktuelle Beispiele.
sogar psychische Störungen
können durch eine Unausge-
wogenheit im Mikrobiom des
Darms ausgelöst werden.“
30 internationale Instituti-
onen haben sich im Projekt
„MyNewGut“ zusammenge-
schlossen, um einen sicht-
baren Schwerpunkt auf dem
hochaktuellen Forschungsge-
biet der Mikrobiomforschung
zu setzen. „Erklärtes Pro-
jektziel ist die Neudefiniti-
on des Zusammenspiels von
Magen-Darm-Trakt und dem
Darmmikrobiom“, so Hol-
zer. Einerseits wird in den
nächsten Jahren umfassend
erforscht, welche Umweltfak-
toren das Darmmikrobiom in
seiner Entwicklung von der
Schwangerschaft bis in das
hohe Alter bestimmen. „Ne-
ben der Ernährungsqualität
fließen auch weitere Faktoren,
wie etwa Essgewohnheiten,
Lebensstil und Körperhygi-
ene in die Forschung ein“,
erklärt Holzer. Andererseits
gilt es, die Frage zu beant-
worten, welche Komponenten
des Darmmikrobioms ent-
scheidenden Einfluss auf die
Nahrungsverwertung, die
metabolische Gesundheit, das
Immunsystem und die Funk-
tion des Gehirns ausüben. Die
interdisziplinäre Zusammen-
arbeit zwischen PartnerInnen
sowohl aus der Industrie als
auch der Wissenschaft wird
zeigen, welche Darmmikro-
ben eine Schlüsselrolle spielen
und wie diese gezielt durch
spezifische Prä- und Probioti-
ka beeinflusst werden können,
um das Risiko metabolischer
und neuropsychiatrischer Er-
krankungen zu minimieren.
Aufgrund der international
renommierten Expertise auf
dem Gebiet der „Darm-Ge-
hirn-Achse“, wurde die For-
schungseinheit für Translati-
onale Neurogastroenterologie
am Institut für Experimentel-
le und Klinische Pharmako-
logie der Med Uni Graz zur
Teilnahme eingeladen. Un-
ter der Leitung Holzers wird
untersucht, welche Auswir-
kungen ein durch Fehlernäh-
rung verändertes Darmmi-
krobiom auf die Gehirnfunk-
tion und das emotionale und
kognitive Verhalten hat. „Der
Fokus unserer Forschung liegt
dabei auf der Signalfunktion
des Darmhormons Peptid YY
und dem negativen Impact
von Insulinresistenz auf das
Gehirn“, erklärt Holzer. Es
stellt sich immer deutlicher
heraus, dass Insulin eine be-
sonders wichtige Funktion bei
der Aufrechterhaltung einer
physiologischen Gehirnfunk-
tion spielt. „Diese Erkenntnis
in Zusammenwirken mit dem
Einfluss des Darmmikrobi-
oms auf das Gehirn wird un-
sere Forschung im Rahmen
des Projektes prägen“, so Hol-
zer abschließend.
Univ.-Prof.
Mag. Dr.
Peter Holzer
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