AERZTE Steiermark 07/08 2014 - page 36

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Ærzte
Steiermark
 || 07/08|2014
steuer
Änderungen bei der
Grunderwerbssteuer
Das Verfassungsgericht hat die Unterstellung
der Einheits-
werte bei unentgeltlichen Grundstücksübertragungen aufgehoben.
Dr. Herbert Ember-
ger
Der Verfassungsgerichtshof
hat bekanntlich die Unter-
stellung der Einheitswerte bei
unentgeltlichen Grundstücks-
übertragungen (Schenkungen,
Erbschaften) deshalb als ver-
fassungswidrig aufgehoben,
weil diese Einheitswerte veral-
tet und höchst unaktuell sind
und vor allem unterschied-
liche Besteuerungsgrundlagen
die Folge sind, je nachdem,
ob ein entgeltlicher Vorgang
vorliegt – hier ist die Gegen-
leistung zu unterstellen – oder
ein unentgeltlicher Vorgang,
bei dem im Wesentlichen der
dreifache Einheitswert zu un-
terstellen ist. Die Aufhebung
ist mit 31.05.2014 in Kraft
getreten, sodass eine Neurege-
lung ab 01.06.2014 unbedingt
geboten war. Diese ist nun
in der Novelle des Grunder-
werbsteuergesetzes, BGBl. I
36/2014, veröffentlicht worden.
Ziel dieser Novelle war die
Schaffung einer praktikablen,
verfassungskonformen und
möglichst auf kommensneu-
tralen Grunderwerbsteuer-
bemessungsgrundlage für
unentgeltliche Grundstücks-
übertragungen sowie Begün-
stigung von Grundstücksü-
bertragungen im Familien-
kreis unter Heranziehung von
vorhandenen Werten.
Die wesentlichsten
Änderungen
Eine Differenzierung bei der
Grunderwerbsteuer soll nicht
mehr wie bisher danach er-
folgen, ob der Erwerb des
Grundstücks entgeltlich oder
unentgeltlich erfolgt, sondern
danach, in welchen Bereichen
der Erwerb stattfindet, d.h. ob
im Familienverband oder au-
ßerhalb. Bei Übertragungen
außerhalb des Familienver-
bandes ist die Steuer grund-
sätzlich vom Wert der Gegen-
leistung zu berechnen, bzw.
falls eine Gegenleistung nicht
feststellbar ist vom gemei-
nen Wert (Verkehrswert) bzw.
vom gemeinen Wert auch
dann, wenn die Gegenlei-
stung geringer ist als der ge-
meine Wert des Grundstücks.
Dieser Wert kann durch ge-
eignete Maßnahmen, wie z.B.
Sachverständigengutachten,
nachgewiesen, aber auch z.B.
durch vergleichbare Verkäufe
in der Umgebung glaubhaft
gemacht werden.
Bei Erwerb innerhalb der Fa-
milie ist grundsätzlich immer
die Steuer vomDreifachen des
Einheitswerts zu ermitteln,
maximal jedoch von 30 % des
gemeinen Wertes, wenn die-
ser nachgewiesen wird. Das
gilt sowohl bei entgeltlichen
Übertragungen (Kauf) eines
Grundstücks unter Lebenden
in den Familien, als auch
bei unentgeltlichen (Schen-
kungen) und bei Übertragung
durch Erbanfall, Vermächtnis
oder Erfüllung eines Pflicht-
teilanspruchs. Familie ist un-
verändert die Ehegattin/der
Ehegatte, die/der eingetragene
Partnerin/Partner, ein Eltern-
teil, ein Kind, ein Enkelkind,
ein Stiefkind, ein Wahlkind
oder Schwiegerkind und –
neu hinzugekommen – die
Lebensgefährtin/der Lebens-
gefährte, sofern die Lebens-
gefährt/innen einen gemein-
samen Hauptwohnsitz haben
oder hatten. Die ursprünglich
vorgesehene größere Erwei-
terung des Familienkreises
wurde fallengelassen.
Maßgebend für die Berech-
nung der Grunderwerbssteuer
ist der Einheitswert, der auf
dem unmittelbar vorausge-
gangenen Feststellungszeit-
punkt festgestelltem Erwerbs-
vorgang ist.
Die Bestimmungen über die
Ausnahme der betrieblichen
Grundstücke, also über den
Betriebsfreibetrag, bleiben in-
sofern unverändert, als von
der Grunderwerbsteuer nur
unentgeltliche Vorgänge und
nicht, wie ursprünglich im
Entwurf vorgesehen, auch ent-
geltliche erfasst sind, bis zu
einem Wert des Grundstücks
von 365.000 Euro. Neu ist aber,
dass der Betriebsfreibetrag nur
bei unentgeltlichen Erwerben
(Schenkung, Erbschaft) im
Familienverband gilt. Die üb-
rigen Voraussetzungen bleiben
unverändert (Übertragung an
natürliche Personen, Vollen-
dung des 55. Lebensjahres oder
Erwerbsunfähigkeit bei Zu-
wendungen unter Lebenden).
Unentgeltlicher Erwerb heißt,
dass eine Gegenleistung nicht
vorhanden oder nicht zu er-
mitteln ist oder die Gegen-
leistung geringer ist als der
dreifache Einheitswert des
Grundstücks oder 30 % des
gemeinen Wertes des Grund-
stücks, wenn dieser nachge-
wiesen wird. Letzteres kann
dann eine Rolle spielen, wenn
die teilweise Gegenleistung
zwar über dem dreifachen
Einheitswert liegt, der ge-
meine Wert aber so stark
gestiegen ist, dass die 30 %
des gemeinen Werts nicht
überschritten werden.
Neu aufgenommen in die Be-
freiungsbestimmungen wird
der Erwerb von Grundstü-
cken infolge eines behörd-
lichen Eingriffs oder eines
Rechtsgeschäfts zur Vermei-
dung eines unmittelbar dro-
henden behördlichen Ein-
griffs (Enteignung).
Unter bestimmten Vorausset-
zungen waren schon bisher
die entgeltlichen Erwerbe zur
gleichteiligen Anschaffung
oder Erweiterung der Ehe-
wohnung befreit; diese Befrei-
ung wird auch auf entgeltliche
Erwerbe ausgeweitet.
Die Steuersätze bleiben unver-
ändert. Im nunmehr erwei-
terten Familienbereich (erwei-
tert um die Lebensgefährten)
beträgt die Steuer 2 %, im
Bereich außerhalb der Familie
unverändert 3,5 %.
Die Neuregelung gilt für alle
Erwerbsvorgänge, die nach
dem 31.05.2014 verwirklicht
werden oder für die die Steuer-
schuld nach diesem Zeitpunkt
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