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ÆRZTE
Steiermark
|| 09|2015
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PRAXIS
am besten über die Broschüre
der ÖÄK. Mit diesem Über-
blickswissen gerüstet sollten
Ärztinnen und Ärzte eine
Fachkraft in die Ordination
holen. „Ein derartiger Bar-
rierecheck ist in eineinhalb
Stunden absolviert, wenn ad
hoc Lösungen angedacht wer-
den, dauert er vielleicht vier
Stunden“, schätzt Sieber.
Kleine Veränderungen
– große Wirkung
Entsprechend qualifizierte
Fachleute finden sich in In-
genieurbüros, bei planenden
Baumeistern, Zivilingeni-
euren und Architekten, die
sich jeweils auf die Thema-
tik spezialisiert haben. Sieber
weist darauf hin, dass oft
schon mit kleinen Verände-
rungen große Wirkung erzielt
wird: Eine Umstellung des
Mobiliars im Untersuchungs-
raum schafft Platz für das
U. JUNGMEIER-SCHOLZ
„Rund 40 Prozent der Be-
völkerung sind Betroffene,
nämlich Menschen, die mit
baulichen Hürden im Alltag
zu kämpfen haben“, erklärt
Bernd Sieber, Inhaber des
gleichnamigen Ingenieurbü-
ros und Fachmann für bar-
rierefreie Bauten. „Entweder
sitzen sie im Rollstuhl oder
haben einen Kinderwagen
dabei, ein Kind am Arm oder
erleben aufgrund ihres Alters
eine Stiege als Hindernis.“ Für
all diese Menschen bedeu-
tet barrierefreies (Um-)Bauen
eine große Erleichterung im
Alltag. Barrierefreie Arztpra-
xen verfügen daher über ei-
nenWettbewerbsvorteil, denn
Betroffene gehen bevorzugt
dorthin, wo sie die nötigen
Bedingungen vorfinden.
Wie Barrierefreiheit her-
gestellt werden kann, lässt
sich allerdings immer nur
an konkreten Gebäuden und
Ordinationsräumlichkeiten
planen. Der Experte emp-
fiehlt daher, sich zunächst ein
wenig ins Thema einzulesen –
Manövrieren eines Rollstuhls
oder Behandlungsstühle mit
klappbaren Lehnen ermög-
lichen Älteren ein leichteres
Aufstehen, ohne dass die Leh-
nen anderen Patientinnen
und Patienten im Weg sind.
Hürdenlos
kommunizieren
Stiefkind der Überlegungen
zur Barrierefreiheit sind meist
die kommunikativen Hürden,
die Menschen mit Sinnesbe-
hinderungen zu überwinden
haben. Der Fokus liegt dabei
auf der Gestaltung der Home-
page der Ordination, die von
Design, Textgestaltung und
Bedienbarkeit entsprechend
aufbereitet sein sollte. Bieten
Ärztinnen und Ärzte ihrer
Patientenschaft Vorträge oder
andere Veranstaltungen an,
sollten diese ebenso für be-
wegungseingeschränkte wie
sinnesbehinderte Menschen
zugänglich und erfassbar
sein; nicht zu vergessen die
Barrierefreiheit eines etwai-
gen Social Media-Auftrittes.
Die am häufigsten vorgezeigte
Visitenkarte der Ordination
ist allerdings ihre Homepage,
denn Menschen mit Behin-
derung checken gerne vorab
im Internet, inwieweit ein
Arztbesuch in der jeweiligen
Ordination für sie überhaupt
möglich ist und ob sie dazu
eine Begleitperson benötigen.
Auf der Homepage selbstver-
ständlich sein sollten daher
variierbare Schriftgrößen und
Graustufeneinstellungen. Für
Menschen mit Gehörschädi-
gung ist jedes Videomateri-
al mit Untertiteln zu verse-
hen, für nicht geburtsblinde
Menschen mit starker Seh-
behinderung jedes Bild mit
einem aussagekräftigen Bild-
beschreibungstext, den ein
Vorlesesystem erfassen kann.
Die Sprachausgabe managen
viele sehbehinderte Menschen
mit ihrem eigenen Endgerät,
wichtig ist die Kompatibilität.
„Keinesfalls sollte die Web-
site mit Flash als Programm
Wettbewerbsvorteil
Barrierefreiheit
Wer in seiner
Ordination für Barrierefreiheit sorgt, verfügt
über einen Wettbewerbsvorteil. Daher empfiehlt sich eine
baldige Bestandsaufnahme der Gegebenheiten in der Praxis –
inklusive der oft vergessenen Kommunikationsbarrieren.
Wie Barrierefreiheit hergestellt werden
kann, lässt sich allerdings immer
nur an konkreten Gebäuden und
Ordinationsräumlichkeiten planen.