serie
Arzt im besonderen Dienst
14
Ærzte
Steiermark
 || 01|2014
Reinhard A. Sudy
„Soweit es der Beruf zuließ,
gingen unsere Eltern an den
Wochenenden mit uns Kin-
dern wandern. Uns machte
es Spaß, und wir sammelten
mit Begeisterung Wanderna-
deln und Abzeichen“ schildert
Hannes Pichler den Anfang
einer wachsenden sportlichen
Leidenschaft. Seine Begeiste-
rung fürs Bergsteigen führt er
auf seinen Großvater zurück.
Der einstige Bergknappe be-
suchte mit 65 Jahren einen
Kletterkurs und begann dann
mit einer alten Kamera Berg-
filme zu drehen, die er mit
Volksmusik vertonte und sei-
nen Enkelkindern vorführte.
Die­se waren fasziniert: „Es
hat uns schon wahnsinnig be-
eindruckt, als er mit 67 Jahren
seine Dachstein-Südwand-
Besteigung selbst filmte und
uns bei Wanderungen die
ersten Kletterschritte und das
Anlegen eines Klettergurtes
zeigte.“
Mit 18 Jahren wurde Pich-
ler zu einer internationalen
Tagung nach Chamonix mit-
genommen, bei der Experten
aus aller Welt über Sicher-
heits-Standards im Bergsport
diskutierten. „Die eindrucks-
vollen Touren dort haben
mich sicher geprägt“ ist der
Bergsportler überzeugt, der
zumeist mit seiner Lebensge-
fährtin Sabine auf Berg- und
Schitouren unterwegs und
vom Reiz neuer, extremer
Schitouren fasziniert ist.
Lawinentod entkommen
„Trotz aller Erfahrungen und
Vorsicht habe ich schon Situ-
ationen erlebt, wo sich Beglei-
ter verletzt haben. Ich selbst
blieb bisher Gott sei Dank
verletzungsfrei.“ Dramatisch
war aber ein Lawinenunfall
im Gebiet des Bösensteins,
bei dem Pichler gemeinsam
mit seinen vier Begleitern ver-
schüttet wurde. Zwei der Ver-
unglückten, darunter Pichler
selbst, konnten sich rasch
selbst aus den Schneemas-
sen befreien. „Ich war zwar
auch vollkommen verschüttet,
muss aber ganz knapp un-
ter der Schneedecke gewesen
sein, als die Lawine zum
Stillstand kam“, erinnert er
sich sehr nachdenklich: „Aus
meiner Kauerstellung heraus
reichte es, einmal kräftig an-
zudrücken, um wieder an die
Oberfläche zu kommen. Wir
haben dann die Bergrettung
verständigt, konnten die an-
deren drei aber ausgraben,
bevor die Bergrettung eintraf.
Einer war zwar nur teilwei-
se verschüttet aber so vom
Schnee ‚einbetoniert‘ gewe-
sen, dass er sich nicht bewe-
gen oder gar selbst befreien
konnte. Die beiden anderen
konnten wir mit Hilfe des
LVS-Gerätes auch finden und
noch rechtzeitig ausgraben“.
Unmittelbar danach hat Pi-
chler mit Schitouren weiter-
gemacht: „Aber mit einem
ungeheuren Respekt, der bis
heute geblieben ist. Ich bin
noch viel vorsichtiger gewor-
den und habe mich intensiv
weitergebildet.“ Wenn Pichler
heute allein unterwegs ist, hat
er nicht nur sein LVS-Gerät
bei sich, sondern auch ei-
nen zwei bis drei Kilogramm
schweren Lawinen-Airbag.
Der soll helfen, bei einem La-
winenunfall nicht verschüttet
zu werden, sondern an der
Oberfläche zu bleiben.
Der Berg ruft
Als Facharzt für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe ist Hannes
Pichler besonders um Mütter und deren Babies in einem be-
sonderen Lebensabschnitt bemüht. Als experimentierfreudiger
Schi-Bergsteiger und Buchautor sind ihm kreative, selten oder
noch nie befahrene Extrem-Schitouren ein Anliegen.
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