Ærzte
Steiermark
 || 01|2014
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Viel wird über flexible, menschen- und familien-
freundliche Arbeitsbedingungen gesprochen. Aber
meist nur in Zusammenhang mit unselbstständig
Beschäftigten. Unternehmer und Freiberufler dür-
fen ruhig ausgebeutet werden (bzw. sie dürfen sich
selbst ausbeuten).
Kassenvertragsärztinnen und -ärzte unterliegen
dabei nicht nur wirtschaftlichem, sondern auch
vertraglichem Druck. Das unterscheidet sie von an-
deren Unternehmerinnen und Unternehmern.
Aber auch Kassenärztinnen und -ärzte haben Be-
dürfnisse, die über die finanziellen hinausgehen.
Das zeigt das große Interesse an den Modellen der
Nachfolgepraxis und der Erweiterten Stellvertre-
tung, die es seit 2011 bzw. 2013 gibt. Bereits mehr
als 70 Kolleginnen und Kollegen nutzen eine dieser
beiden Möglichkeiten, rechnet man die nachfol-
genden bzw. vertretenden Ärztinnen und Ärzte
hinzu, sind es sogar mehr als 140.
Ich bin daher wirklich froh, dass es uns gelungen ist,
diese Modelle mit der entsprechenden Konsequenz
(sie waren ja mit der Kasse auszuverhandeln) tat-
sächlich umzusetzen.
Diese beiden Angebote helfen in erster Linie den
Älteren (und den Jungen), die als Nachfolgerinnen
bzw. Nachfolger einsteigen oder als „erweiterte“
Vertreterinnen und Vertreter arbeiten können. Für
das „mittlere“ Alter soll es aber auch ein Angebot
geben, die Arbeitszeit freier zu gestalten. Deswe-
gen werden wir uns jetzt bemühen, das Modell
„Jobsharing“ umzusetzen. Derzeit können etwa
Kolleginnen und Kollegen, die wegen ihrer kleinen
Kinder nicht in Vollzeit arbeiten wollen, das nur im
wahlärztlichen Bereich tun.
Das soll sich ändern. Unseren Vorschlag haben wir
bereits bei der GKK deponiert.
Vizepräsident Dr. Jörg Garzarolli
ist Obmann der Kurie Niedergelassene Ärzte.
ELGA ist sicher, ELGA vermeidet unnotwendige Leistungen. ELGA
macht die Gesundheitsversorgung in Österreich besser. ELGA ist
billig und komfortabel. Gegen das, was ELGA verspricht, kann nie-
mand sein. Man darf aber bezweifeln, dass ELGA ihre Versprechen
halten kann.
ELGA bietet erstmals den zentralen Zugriff zu den sensibelsten Da-
ten, die es über Menschen gibt: ihre Krankheiten, Diagnosen und
Therapien. Hat es einen
ernsthaften gesellschaft-
lichen Diskurs darüber
gegeben, ob dieser extrem
hohe Preis bezahlt werden
soll? Ich habe ihn nicht ge-
hört. Ein paar polemische
Aussagen sind kein Diskurs.
ELGA ist sicher. Aber das
Mobiltelefon der deutschen
Bundeskanzlerin, die Kor-
respondenz der US-Bot-
schaften und internationale
Bankdaten sind auch sicher.
Aber nicht so sicher, dass
staatliche Geheimdienste
und private Hacker sie nicht
knacken konnten.
ELGA in der derzeitigen Form ist in der Praxis kaum nutzbar. Man
verspricht uns nur, dass die Funktionalität in den nächsten Mona-
ten noch deutlich verbessert wird.
Es fehlt bis dato eine Gesamtkostenrechnung. Welche Kosten wird
ELGA in Ländern, Krankenhäusern, Arztpraxen, Apotheken und
bei anderen freien Gesundheitsberufen entstehen lassen? Die Sum-
me ist unbekannt. Nur „Projektkosten“ werden angeführt. Auf der
anderen Seite werden „Einsparungen“ versprochen, ohne aber auch
nur sagen zu können, wie hoch die Kosten vermeidbarer Mehrfach-
befundungen tatsächlich sind.
Wenn alle offenen Fragen befriedigend beantwortet sind, werden
Ärztinnen und Ärzte, Patientinnen und Patienten und alle anderen,
die ELGA verwenden sollen, gerne mitmachen.
Dr. Herwig Lindner ist Präsident der
Ärztekammer Steiermark.
extra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 34.
Jörg Garzarolli
Arbeit flexibel gestalten
– in der Praxis
debatte
Fotos: Ärztekammer Steiermark/Schiffer, beigestellt, Grafik: Mirko Maric´, Parlamentsdirektion/Wilke
Standortbestimmung
Herwig Lindner
ELGA muss beweisen, dass
sie kann, was sie verspricht
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