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ÆRZTE

Steiermark

10|2017

7

Fotos: Oliver Wolf, Elke Meister, Harry Schiffer, Grafik: Konrad Lindner

Warum können sich Ärztinnen und Ärzte eine

Kassenstelle immer noch nicht teilen, obwohl je-

der diese Möglichkeit will?

Es scheint so, als ob die Gebietskrankenkasse da-

rin eine Möglichkeit sieht, durch zusätzliche Kür-

zungen der Honorare die Kassenmedizin noch

etwas billiger zu machen. So wird sie es natürlich

nicht sagen. Es soll ja nur verhindert werden,

dass die geteilte Arbeit zur doppelten Arbeit wird.

Das Argument ist doppelt falsch. Durch die

Teilung einer Kassenstelle vermehren sich ja die

Patientinnen und Patienten nicht. Also ist eine

Ausdehnung der Arbeitszeit in Jobsharing-Praxen

gar nicht möglich.

Viel schlimmer ist es aber, dass junge Ärztinnen

und Ärzte – vielfach mit Kindern, die ja oft der

Grund für den Wunsch nach weniger Arbeitszeit

sind – in Verträge gedrängt werden sollen, die

wirtschaftlich nicht mehr tragfähig sind.

Das heißt aber, dass ein solches Jobsharing-Mo-

dell mit Honorarkürzung einfach nicht funktio-

nieren wird. Wenn schon klassische Kassenarzt-

stellen nicht zu besetzen sind, werden es diese

wirtschaftlich schlechter gestellten Praxen noch

viel weniger sein.

Ein solches Billig-Jobsharing ist weder ein faires

Angebot an die Ärztinnen und Ärzte, noch ist es

geeignet, den Kassenärztemangel zu lindern.

Es dient nur der betriebswirtschaftlichen Sicher-

heit der Krankenkassen. Dieser Sicherheit dienen

billige und nicht besetzte Kassenpraxen genauso.

Tatsächlich geht es aber um Versorgungssicher-

heit. Die müssen auch die Krankenkassen wollen.

Sie herzustellen, ist ihre vorrangige Aufgabe.

Eine faire, tragfähige Jobsharing-Lösung ist der

einzig richtige Weg.

Vizepräsident Dr. Norbert Meindl ist Obmann

der Kurie Niedergelassene Ärzte.

EXTRA

Norbert Meindl

Wir brauchen faires

Jobsharing

STANDORTBESTIMMUNG

Herwig Lindner

Sie wollen Ärzte im Parlament?

Sie können sie wählen.

Die Gesundheitspolitik wird leider von Politikerinnen und Poli-

tikern bestimmt, die wenig Ahnung von der Praxis haben. Weil

sie noch nie in einem Spital oder in einer Ordination gearbeitet

haben. Das hat die Österreichische Ärztekammer auch dazu bewo-

gen, die Parteien in einer Resolution aufzufordern, Ärztinnen und

Ärzte ins Parlament zu bringen.

Dass das möglich ist, lebt uns Deutschland vor. Eine ganze Reihe

von Ärztinnen und Ärzten hat es geschafft, (wieder) ins deutsche

Parlament zu kommen, darunter zum Beispiel Rudolf Henke,

Facharzt für Innere Medizin, Präsident der

Ärztekammer Nordrhein und Vorsitzender der

deutschen Ärztegewerkschaft Marburger Bund.

Gelungen ist das nicht nur, weil sie für die Wahl

aufgestellt wurden, sondern auch weil sie per-

sönlich in ihren Wahlkreisen gewählt wurden.

Diese Möglichkeit gibt es auch in Österreich.

Auf den Listen aller bundesweit antretenden

Parteien gibt es zumindest eine Ärztin oder

einen Arzt. Und es gibt die Möglichkeit, diesen

ärztlichen Kandidatinnen und Kandidaten ärztliche Vorzugsstim-

men zu geben.

Hier geht es nicht um Parteien und Parteiprogramme. Es geht

darum, dass Ärztinnen und Ärzte ihre praktischen Erfahrungen,

ihr Wissen, das sie aus dem Berufsalltag schöpfen, im Nationalrat

einbringen.

Auf die Art entsteht nämlich bessere Gesundheitspolitik. Die Ideen

der Ökonomen und Theoretiker der Gesundheitsversorgung wer-

den der Realität gegenübergestellt, die ärztliche Nationalrätinnen

und Nationalräte erleben.

Für die Wählerin und den Wähler bereitet das ein wenig Mühe.

Sie müssen sich informieren, welche Ärztinnen und Ärzte über-

haupt auf den Listen stehen, sie müssen sich mit der Vorzugsstim-

menregelung vertraut machen (regional sind die Kandidatinnen

und Kandidaten anzukreuzen, auf Landes- und Bundesebene

muss der Name zur gewählten Partei dazugeschrieben werden).

Machen Sie sich bitte diese Mühe.

Ihre Stimme wird dadurch wertvoller.

Dr. Herwig Lindner ist Präsident der Ärztekammer Steiermark.

DEBATTE