

ÆRZTE
Steiermark
|| 07_08|2017
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PRAXIS
Blutungsneigung vor OP nicht abgefragt
Der aktuelle Fall des Monats ereignete sich an einem Wo-
chentag im Routinebetrieb einer Krankenhaus-Ambulanz.
Der 61- bis 70-jährige Patient wurde als Notfall in ein
anderes Bundesland transferiert.
Der Patient, selbst Allgemeinmediziner und zuvor in
gutem Allgemeinzustand, kam zur Sanierung seiner Wir-
belkanalstenose in die Klinik. Einige Wochen davor hatte
er eine internistische OP-Freigabe erhalten, bei der die
Gerinnungs- und Blutbildwerte in Ordnung waren. Beim
Narkosegespräch war eine weitere präoperative Blutab-
nahme vereinbart worden sowie die Bereitstellung zweier
Blutkonserven. Trotzdem wurde vor – und während – der
OP nicht nochmals der Thrombozytenwert bestimmt;
auch ein Abhören von Herz und Lunge am Vortag, das
Hinweise auf vorhandene Hämatome gegeben hätte, un-
terblieb. Über seine Immunthrombozytopenie wusste der
Patient noch nicht Bescheid.
Perioperativ kam es zu massiven Blutungen, daher wur-
de das Autologe Blutrückgewinnungssystem Cell Saver
eingesetzt, womit vermutlich auch die Antikörper gegen
die Thrombozyten retransfundiert wurden. Trotz des
auffallend hohen Blutverlusts wurde während der OP, die
letztlich notfallmäßig abgebrochen werden musste, kein
Blutbild erstellt.
Der Patient wurde nach Erhalt eines Thrombokonzentra-
tes als Notfall in ein anderes Bundesland überstellt. Zum
Zeitpunkt der Meldung war der Patientenschaden noch
nicht absehbar.
Gründe für das Ereignis:
Der meldende Arzt – in diesem
Fall der Patient selbst – spricht von „völlige(r) Ignoranz“
der Operateure. Diese seien chirurgisch hochkompetent,
hätten es jedoch verabsäumt, sofort nach Auftreten der
ungewöhnlich starken Blutung ein Blutbild zu erstellen.
Eigener Ratschlag:
Ausbildung und Training seien zu
verbessern, aber auch die Kommunikation im Team.
Die CIRSmedical-ExpertInnen dazu:
Gemäß den Empfehlungen der Arbeitsgruppe periopera-
tive Gerinnung der Österreichischen Gesellschaft für An-
ästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin ÖGARI
hat vor Operationen eine Gerinnungsanamnese stattzu-
finden. Die hätte im vorliegenden Fall, so der/die Experte/
in des Bundesinstituts für Qualität im Gesundheitswesen
(BIQG), einen Hinweis auf die vorliegende Blutungsnei-
gung erbracht. Auf Basis des standardisierten Blutungsa-
namnesebogens wäre dann ein Gerinnungslaborbefund
einzuholen gewesen.
CIRSmedical.atFALL DES MONATS
Der Tipp von
der Expertin
Tätigkeit als Wohnsitzarzt gemäß § 47 Ärztege-
setz – keine ärztliche Tätigkeit amWohnsitz (aus-
genommen Aktengutachten)
Der Wohnsitzarzt/die Wohnsitzärztin kann ärztliche Tätig-
keiten ausüben, die weder eine eigene Ordinationsstätte erfor-
dern, noch in einem Angestelltenverhältnis ausgeübt werden.
Arbeitsbereiche sind z. B. Praxisvertretung, Schularzt/-ärztin,
Gutachter (Aktengutachten), ehrenamtliche ärztliche Tätig-
keit (die keine Praxis erfordern), ärztliche Leitung von Insti-
tuten, ärztliche Beratung und ärztliche Tätigkeit auf Honorar-
basis (Werkvertrag). Die wohnsitzärztliche Tätigkeit bedeutet
nicht, dass die ärztliche Tätigkeit am Wohnsitz erbracht wird
(außer Aktengutachten). Der Begriff der wohnsitzärztlichen
Tätigkeit kommt aus dem Ärztegesetz (§ 47), demzufolge
Wohnsitzärzte zur Eintragung in die Ärzteliste den Wohnsitz,
sollte ein solcher im Bundesgebiet nicht vorhanden sein, den
Ort der Tätigkeit bekannt zu geben haben.
Als Wohnsitzarzt/-ärztin dürfen keine Patienten in den Wohn-
räumlichkeiten untersucht oder behandelt werden, dazu ist
jedenfalls eine gemeldete Ordination erforderlich.
Eine wohnsitzärztliche Tätigkeit kann hauptberuflich oder
nebenberuflich ausgeübt werden. Wird die wohnsitzärztliche
Tätigkeit hauptberuflich ausgeübt, erfolgt die Eintragung
in die Ärzteliste jener Ärztekammer, in deren Bereich der
Hauptwohnsitz des Wohnsitzarztes/der Wohnsitzärztin liegt.
Bei nebenberuflicher wohnsitzärztlicher Tätigkeit wird die
Registrierung der Tätigkeit bei jener Ärztekammer vorgenom-
men, in deren Bereich die Tätigkeit als niedergelassene/r oder
angestellte/r Ärztin/Arzt ausgeübt wird. Für die Ausübung
wohnsitzärztlicher Tätigkeiten ist der Nachweis einer gesetzes
konformen Berufshaftpflichtversicherung erforderlich – aus-
genommen wohnsitzärztliche Nebentätigkeit in Form von
Praxisvertretungen.
Da gemäß § 29 Ärztegesetz die Meldung über die Aufnahme
bzw. Beendigung einer ärztlichen Tätigkeit binnen einer (1)
Woche an die Ärztekammer erforderlich ist, ist eine entspre-
chende Meldung über die wohnsitzärztliche Nebentätigkeit
auch dann notwendig, wenn Sie bereits als angestellte/r Ärz-
tin/Arzt oder niedergelassene/r Ärztin/Arzt in der Ärzteliste
eingetragen sind. Die schriftliche Meldung kann formlos (Be-
ginn bzw. Ende und Art der Nebentätigkeit bzw. Übermittlung
des Werkvertrages) per E-Mail an
info@aekstmk.or.atoder
per Fax an 0316-8044-790 erfolgen.
Mag. Beatrice Steiner-Pollheimer
Leitung Informations- und Mitgliederservice