

ÆRZTE
Steiermark
|| 06|2017
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„Die primär auf der Datenba-
sis 2014 aufbauenden Inhalte
der PM sind in Bezug auf
Vollständigkeit und Rich-
tigkeit noch nicht abschlie-
ßend validiert“, heißt es im
Plan. Daran knüpft auch
die grundlegende Kritik der
Österreichischen Ärztekam-
mer an: Die Zielsetzungen
einer Gesamtplanung, die
auf solider Versorgungsfor-
schung beruhen, würden
nicht erfüllt, der Entwurf
weise insgesamt fehlende
Transparenz der Analyse-,
Berechnungs- und Entschei-
dungsgrundlagen auf. Daher
empfehle man dringend eine
Verschiebung des Beschlus-
ses in der Bundeszielsteue-
rungskommission, der noch
vor dem Sommer vorgese-
hen ist, zumal der ÖSG als
österreichweit verbindlicher
Rahmenplan für die in den
regionalen Strukturplänen
Gesundheit (RSG) vorzu-
nehmende konkrete Gesund-
heitsstrukturplanung und
Leistungsangebotsplanung
anzusehen sein wird und
die Entwicklung der öster-
reichischen Gesundheitsver-
sorgung in Zukunft massiv
beeinträchtigen wird.
COVER
Tröstlich ist nur, dass der Pla-
nungshorizont des ÖSG nur
bis ins Jahr 2020 reicht und
dann neuerlich zur Revision
ansteht. Für die regionalen
Planungen werden aber auch
Orientierungswerte bis zum
Jahr 2025 angeführt. Geplant
wird auf Grundlage von sie-
ben Prinzipien, die allesamt
vernünftig klingen: Bedarfs-
gerechtigkeit, Versorgungsge-
rechtigkeit, Qualitätsprinzip,
Effektivitätsprinzip, Effizienz-
prinzip, Ökonomieprinzip,
„Best point of Service“.
Was allerdings ein „Best point
of Service” genau ist, so die
Kritik, bleibt unklar. Die all-
gemeine Definition („Die ku-
rative Versorgung ist jeweils
zum richtigen Zeitpunkt am
richtigen Ort mit optimaler
medizinischer und pf lege-
rischer Qualität gesamtwirt-
schaftlich möglichst kosten-
günstig zu erbringen.“) wird
wenig mit konkreten Fakten
hinterlegt.
Laienversorgung
„Bei entsprechender Gesund-
heitskompetenz kann bei ge-
sundheitlichen Beeinträch-
tigungen ein großer Teil an
einfachen Behandlungser-
fordernissen außerhalb des
professionellen Gesundheits-
systems abgedeckt werden.“
Dieser Aussage im ÖSG kann
man schwerlich widerspre-
chen. Nur: Es fehlen die kon-
kreten Angaben, worin diese
Gesundheitskompetenz be-
steht und um welche „gesund-
heitlichen Beeinträchtigun-
gen“ es konkret geht. Daher
die Kritik: „Welche Rolle die
Laienversorgung im Struk-
turplan für Gesundheit spielt,
wird nicht erklärt.“
Primärversorgung
Breiten Raum nimmt die Dar-
stellung der „Primärversor-
gung“ im ÖSG ein: Primär-
versorgung (Primary Health
Care) ist die allgemeine und
direkt zugängliche erste Kon-
taktstelle für alle Menschen
mit gesundheitlichen Proble-
men im Sinne einer umfas-
senden Grundversorgung. Sie
soll den Versorgungsprozess
koordinieren und gewährleis
tet ganzheitliche und kon-
tinuierliche Betreuung. Sie
berücksichtigt auch gesell-
schaftliche Bedingungen. Die
Darstellung widerspricht aber
dem Konzept „das Team rund
um den Hausarzt“, das eine
wesentlich weiter gefasste Pri-
märversorgung auch unter
Einbeziehung fachärztlicher
Leistungen vorsieht. Ebenso
werden sehr stark „Zentren“
betont, die gerade für den
ländlichen Raum unverzicht-
bare dislozierte Versorgungen
(Einzelpraxen, Netzwerke)
spielt kaum eine Rolle in der
Planung.
I n ma nche r Hi ns icht
nimmt der ÖSG auch be-
reits Fest legungen vor-
weg, die im Entwurf zum
„G e s u nd h e i t s r e f o r mum
setzungsgesetz“ (GRUG)
vielleicht geregelt werden
könnten, aber noch nicht ge-
regelt sind. Gleichzeitig wer-
den bestehende Regelungen
(Ärztegesetz, Berufsgesetze
für verschiedene medizi-
nische Disziplinen) teilweise
ignoriert.
„Die Bundes-Zielsteuerungskommission hat im Sinne des öffentlichen
Interesses jene für die nachhaltige Versorgung der Bevölkerung
unerlässlichen Teile des ÖSG, dazu zählen insbesondere definierte
Planungsrichtwerte und -kriterien sowie die überregionale
Versorgungsplanung, die eine rechtlich verbindliche Grundlage für
Planungsentscheidungen des RSG bilden sollen, als solche auszuweisen.
Die Verbindlichkeit wird durch eine Verordnung der Gesundheitsplanungs
GmbH gemäß Abs. 3 hergestellt.“
Gesundheits-Zielsteuerungsgesetz, § 23
„Der ÖSG beruht
teilweise auf
nicht validen
Planungsgrundlagen“
Vizepräsident Eiko Meister,
der den ÖSG noch als
Qualitätsreferent der
Ärztekammer Steiermark
analysiert hat.