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ÆRZTE

Steiermark

 || 06|2017

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Eiko Meister

ÖSG: Bitte ganz rasch

Stopp-Taste drücken

Wie Sie vielleicht wissen, arbeite ich an der inter-

nistischen EBA des Grazer Universitätsklinikums.

So wie alle Kolleginnen und Kollegen, die sich in

der Ärztekammer engagieren, bin ich also nicht

nur von der Ausbildung her Mediziner, sondern

von Beruf Arzt. Gesundheitspolitik ist für Ärz-

tinnen und Ärzte nicht abstrakt, sie muss sich im

täglichen Erleben als praktikabel erweisen – und

tut es oft leider nicht. Aus dieser Perspektive

und mit dem kritischen Auge des Qualitätsfach-

mannes habe ich den Österreichischen Struktur-

plan Gesundheit (ÖSG) analysiert, der in Kürze

beschlossen und die Grundlage der Gesundheits-

planung für die nächsten Jahre werden soll.

Planung ist wichtig, ganz klar. Aber Planung kann

nur dann funktionieren, wenn sie auf Fakten be-

ruht, nicht auf alternativen, sondern auf echten

Fakten. Und dann lese ich im ÖSG, dass manche

Daten, die auf die Kommastelle genau Ärzte- und

Bettenzahlen der nächsten Jahre bestimmen sollen,

genau genommen nur grobe Schätzungen sind,

oder dass einige Zahlen schon mehrere Jahre auf

dem Buckel haben, weil es keine jüngeren gibt.

Das, mit Verlaub, hat nichts mit seriöser Planung zu

tun. Das ist dann nur Kaffeesudleserei, das ist die

Übersetzung von Wahrsagerei in Excel-Tabellen.

Es ist natürlich keine Schande zuzugeben, dass

man nicht alles weiß. Manchmal muss etwas

ausprobiert werden, manchmal muss man mit

unvollständigen Informationen arbeiten. Welche

Ärztin, welcher Arzt wüsste das nicht?

Was man aber nicht darf, ist so zu tun, als wüsste

man alles und nicht valide Daten zur Grundlage

von Regelungen zu machen, die quasi Gesetz sind.

Genau das aber macht der ÖSG. Er ist die Basis

von neun regionalen Plänen. Das Pech ist: Die we-

nigsten Politiker, kaum Journalisten und gar keine

Patienten führen sich vor Augen, dass hier präzise

Planung nur vorgegaukelt wird. Außer es wird

ganz rasch die Stopp-Taste gedrückt.

Vizepräsident Dr. Eiko Meister ist Obmann

der Kurie Angestellte Ärzte.

INTRA

KONT A

Der Österreichische Gemeindebund erlaubt sich einlei-

tend festzuhalten, dass die in der Art. 15a–BVG-Verein-

barung „Zielsteuerung Gesundheit“ vorgesehene neue

Einrichtung, die nun mit dem vorliegenden Gesetzes-

entwurf umgesetzt werden soll, zur Sicherstellung einer

gemeindenahen Gesundheitsversorgung, auch in derzeit

medizinisch unterversorgten Regionen, ausdrücklich

begrüßt wird.

Positiv wird von uns auch bewertet, dass die Primärver-

sorgungseinheiten (PVE) insbesondere die Versorgung

an den Tagesrandzeiten und an Wochenenden sowie die

Betreuung von chronisch Kranken verbessern und auch

für Gesundheitsförderung und Prävention zuständig

sein sollen.

Den Zielsetzungen „Sicherstellung der Kontinuität der

Betreuung insbesondere durch Zusammenarbeit mit

anderen Versorgungsbereichen“ und insgesamt der

Entlastung der Krankenhausambulanzen dieses Geset-

zesvorhabens folgend, erscheint es sinnvoll, öffentlichen

Krankenanstalten im Vorfeld der Genehmigung einer

PVE die Möglichkeit zur Stellungnahme einzuräumen.

(…)

Die gemäß den Erläuterungen bis zum Jahr 2021 bun-

desweit erwarteten zumindest 75 Primärversorgungs-

einheiten werden von unserer Seite allerdings als eher

unrealistisch eingeschätzt, da es derzeit an konkreten

Umsetzungsplänen für die PVE – einschließlich deren

Finanzierung – mangelt und darüber hinaus seitens der

Ärztekammern schon im Vorfeld des Gesetzesentwurfs

Widerstand gab.

Wir hielten es daher für zielführender und realistischer,

je Bundesland bzw. RSG zunächst einen Pilotversuch zu

starten, um dann beurteilen zu können, ob sich dieses

neue Gesundheitsversorgungsmodell i.S. der Zielset-

zungen als Verbesserung gegenüber den derzeitigen Ver-

sorgungsstrukturen erweist, wobei die in den Erläute-

rungen angedeutete bessere Honorierung der PVE schon

für die Startphase für die beteiligten Institutionen offen

gelegt werden sollten.

Aus der Stellungnahme des Österreichischen Gemeinde-

bundes zum Gesundheitsreformumsetzungsgesetz, das

Primärversorgungseinheiten regeln soll.

Österreichischer Gemeindebund

Primärversorgung:

Pilotversuche realistischer