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ÆRZTE
Steiermark
|| 11|2015
Foto: Getty
PRÄVENTION
SAFE
®
– Für Eltern:
Feinfühligkeit finden
Menschen, die selbst
unsicher gebunden
sind, laufen Gefahr, wenig feinfühlend mit
ihren Kindern umzugehen. Das Präventions-
programm SAFE ® hilft ihnen. Ärztinnen und
Ärzte, die mit Risikofamilien in Kontakt kom-
men, können Eltern weitervermitteln.
Resilienzfaktor Nummer eins
für Babys, aber auch im spä-
teren Leben, sind sichere Bin-
dungen. Als „Schutzmantel“
bezeichnet sie der Münchner
Facharzt für Kinder- und Ju-
gendpsychiatrie, Psychoana-
lytiker und Bindungsforscher
Karl Heinz Brisch. Mütter
und Väter, die selbst wenig
einfühlsam erzogen wurden
oder den Verlust einer Bin-
dungsperson noch nicht aus-
reichend verarbeitet haben,
sind gefährdet, nicht so auf
ihr Baby eingehen zu können,
wie sie es eigentlich gerne
täten.
Feinfühligkeit trainieren
Feinfühligkeit und Bindungs-
fähigkeit lassen sich jedoch
trainieren. Dazu entwickelte
Brisch das mittlerweile in-
ternational praktizierte Pro-
gramm „SAFE® – Sichere Aus-
bildung für Eltern“. An zehn
Sonntagen – damit sich auch
die Väter beteiligen können
– werden Eltern von jeweils
zwei SAFE®-MentorInnen be-
gleitet, hinterfragen eigene
Bindungserfahrungen und
lernen, die Signale ihres Ba-
bys zu deuten.
Der Kurs sollte um die 20.
Schwangerschaftswoche be-
gonnen werden und bein-
haltet vier vorgeburtliche
Treffen und sechs im ersten
Lebensjahr. Zusätzlich ste-
hen die KursleiterInnen
via individueller Hot-
line für Krisensituati-
onen zur Verfügung. Im
Falle nicht aufgearbei-
teter Traumata werden
die Eltern zu einer the-
rapeutischen Behandlung
überwiesen.
Positiv evaluiert
„Grundsätzlich richtet sich
SAFE® an alle Eltern, um
die eigenen Vorerfahrungen
zu reflektieren“, erklärt Karl
Heinz Brisch. Erwecken
Eltern auf Ärztinnen und
Ärzte einen depressiven oder
sehr gestressten Eindruck
oder den Anschein, keinen
richtigen Kontakt zu ihrem
Baby zu finden, sollten sie
jedenfalls auf das SAFE®-
Präventionsprogramm auf-
merksam gemacht werden.
„Risikoeltern erleben wir in
verschiedensten Lebenssitua-
tionen und sie stammen aus
allen sozialen Schichten“, be-
tont der Bindungsforscher.
Er rät auch Ärztinnen und
Ärzten selbst zu einer SAFE®-
Kursteilnahme, vor allem
wenn sie mit (werdenden)
Eltern und Kindern arbeiten.
Zwei Formen von Evaluierung
hat das 2005 gestartete SAFE®-
Programm bereits durchlau-
fen: Das Münchner Staats-
institut für Frühpädagogik
befragte SAFE®-Mentorinnen
und
M e n t o
ren
(r und
zehn Prozent der Aus-
gebildeten sind Männer) sowie
Eltern zu ihren Erfahrungen
mit dem Programm – mit
beiderseits positivem Ergeb-
nis. Zusätzlich wurden in ei-
ner Studie Elternvideos durch
Mitarbeiterinnen und Mit-
arbeiter der Münchner Lud-
wig-Maximilians-Universität
analysiert, die nicht wussten,
aus welcher Elterngrupppe die
Videoaufnahmen stammten.
Eine Hälfte der gefilmten El-
tern hatte einen SAFE®-Kurs
absolviert, die zweite eine
ebenso umfangreiche, aber an-
ders gewichtete Elternbildung
mit Schwerpunkt auf Geburts-
vorbereitung, Säuglingspflege
und Stillanleitung. „Die Er-
gebnisse zeigen, dass SAFE®-
Kurs-AbsolventInnen – ganz
erfreulich: auch die Väter – die
Signale ihres Baby nachweis-
lich klarer dekodieren konnten.
Sie hielten mehr Blickkontakt
u n d
g i n g e n
insgesamt fein-
fühliger mit ihrem Kind um.“
SAFE ® in der
Steiermark
Derzeit im Planungsstadium
befindet sich ein Projekt der
Kinder- und Jugendhilfe im
Bezirk Leibnitz, mit 2016 soll
es starten. Ziel ist eine kosten-
lose Teilnahme für einkom-
mensschwache Familien und
ein einkommensabhängiger
Selbstbehalt für die übrigen.
Eine begleitende Forschungs-
arbeit durch die FH Joanne-
um ist angedacht.
InteressentInnen aus Leib-
nitz können sich unter mar-
tin.ofner@stmk.gv.atoder
03452/82911 DW 336 mel-
den. Für die übrigen führt
Peter Steingruber vom MFZ
Steingruber unter office@
mfz-steingruber.atoder 03182
8527 eine Interessentenliste.