

Der ganz normale Praxiswahnsinn
Knigge ist tot
Österreich ist das Paradies der Titel. Jeder Volksschullehrer
wird hierzulande mit Herr Professor angesprochen. Und
jeder, der irgendwann einmal eine Uni von innen gesehen
hat. wird mit einem Doktortitel bedacht. Und dann all die
Räte: Hofrat, wirklicher oder falscher, Medizinalrat, Land-
wirtschaftsrat usw.
Bei Frauen ist das etwas anders. Da gibt es nämlich noch
immer zwei Klassen. Die, die seit Jahrzehnten schon Frau
Doktor sind oder Frau Professor. Als treusorgende Gat-
tinnen ihrer betitelten Männer. Und die, die selbst einen
akademischen Abschluss erlangt haben. Mittlerweile ja
nicht mehr wirklich eine Minderheit. Allerdings eine oft
noch immer schief angesehene Spezies.
In manch einem Laden überschlägt man sich, Frau Doktor
hin und Frau Professor her, obwohl die Dame wahrschein-
lich außer den Beauty Seiten in Illustrierten noch nie etwas
studiert hat. Während meinereine regelmäßig als Frau
Stelzl angesprochen wird. Mittlerweile habe ich mich schon
daran gewöhnt.
Trotzdem irritiert es mich, wenn draußen an der Rezepti-
on mein Mann als Herr Doktor betitelt wird und drin im
Sprechzimmer ich die Frau Stelzl bin. Das nervt. Immerhin
ist Frau Doktor schließlich auch meine Berufsbezeichnung.
In Tirol kann jederzeit jeder meinen Titel weglassen und in
Spanien sagen sowieso alle Du. Aber hier zwischen all den
Hofräten?
Gestern war wieder so ein Tag. Einer nach dem anderen:
Frau Stelzl. Ich wurde immer mehr sauer. Als dann auch
noch so ein zwanzigjähriges Bürschchen reinkam und mich
unaufgefordert gleich mal duzte, riss mein ohnehin schon
dünner Geduldsfaden: „Sie, ich bin doppelt so alt wie Sie
und habe Ihnen nie das Du Wort angeboten, wie kommen
Sie auf die Idee? Das ist unhöflich und respektlos!“ Er war
völlig verdattert: „Tschuldigung, ich wollt nicht unhöflich
sein. Aber du bist immer so nett, da ist mir das ganz nor-
mal vorgekommen.“ Manchmal ist anscheinend genau das
Weglassen der Formalitäten der Ausdruck von Respekt und
Wertschätzung.
Dr. Ulrike Stelzl ist niedergelassene Ärztin für Allgemein
medizin. Mehr von ihr gibt es im Buch „Hallo Doc!
Anekdoten aus der Sprechstunde“ (Goldegg Verlag 2014).
PRAKTISCH
TÄGLICH
Von Ulrike Stelzl
NIEDERGELASSENE ÄRZTINNEN UND ÄRZTE
56
ÆRZTE
Steiermark
|| 09|2015
Mit heißen Eisen in Sachen Impfung wartet bereits
der erste Teil am Morgen auf: Andreas Trobisch
(Klin. Abt. f. allg. Pädiatrie, Meduni Graz) wird
über „Die Verbreitung der Masern in der Steiermark
erfolgt durch Impfgegner“ referieren. Pamela Rendi-
Wagner (Gesundheitsministerium) folgt mit „Imp-
fungen von Personal des Gesundheitswesens – am
Beispiel von Masern“.
Nach der Pause wird sich Kinderinfektionsexperte
Werner Zenz (Meduni Graz) mit den „Argumenten
von Impfgegnern“ befassen. Vor der Mittagspause
folgt ein am Grazer Impftag neuartiges Feature:
Landesrat Christopher Drexler diskutiert mit Ca-
Am 17.10. findet
der Grazer Impftag im
Hotel Paradies statt. Die Schwerpunkte
befassen sich heuer mit sozialen As-
pekten des Impfens – unter besonderer
Berücksichtigung von Impfpflicht, Impf-
verweigerung und Impfgegnerschaft.
ein
ladung
impf
tag
17.10.2015
, 9–17.00 uhr
hotel paradies graz, straßgangerstraße 380b, 8054
grazer
Grazer Impftag