

ÆRZTE
Steiermark
|| 11|2015
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FORTBILDUNG
Duale Plättchenhemmung vor OP übersehen
Der aktuelle Fall kommt aus dem Bereich der Anästhesi-
ologie, betroffen war ein männlicher Patient zwischen 61
und 70 Jahren. Gemeldet wurde der gerade noch verhin-
derte Vorfall von einem Arzt/einer Ärztin.
Vor der Implantation einer TEP-Hüfte wurde fast überse-
hen, dass der Patient neun Monate vor der elektiven OP ein
Akutes Coronarsyndrom hatte, ihm ein Drug-eluting Stent
eingesetzt worden war und er noch immer das Clopidogrel
Efient einnahm.
Der niedergelassene Internist hatte den Patienten zur
OP freigegeben und zwar TASS 100 pausiert, nicht aber
Efient. Das Medikament war sogar im Freigabebrief als
vorgeschriebene Medikation angeführt. Selbst in der Präa-
nästhesieambulanz fiel die Problematik nicht auf – erst bei
der internistischen präoperativen Visite entdeckte der/die
meldende Arzt/Ärztin die verordnete Blutverdünnung, die
bis zum Tag der Aufnahme fortgesetzt worden war. Nach
Rücksprache mit der behandelnden Kardiologie wurde der
Patient sofort entlassen. Ihm wurde geraten, sich erst nach
erfolgter Kontrolluntersuchung ein Jahr nach Einsetzen des
Stent wieder zur OP vormerken zu lassen. Durch das recht-
zeitige Entdecken der Blutverdünnung vor Beginn der OP
kam der Patient nicht zu Schaden.
Eigener Ratschlag:
Möglicherweise war das Medikament
weder dem niedergelassenen Internisten noch dem Anäs-
thesisten bekannt – es lohnt sich daher, bei Unklarheiten
besser einmal mehr nachzufragen, außerdem empfiehlt sich
das Vier-Augen-Prinzip.
Die CIRSmedical-ExpertInnen dazu:
Der meldende Arzt/die Ärztin hat alle wichtigen Punkte
vermerkt: Nach Implantation eines DE-Stents sind prinzi-
piell innerhalb des ersten Jahres keinerlei elektive Operati-
onen durchzuführen – Nutzen und Risiko sind gegeneinan-
der abzuwägen. Eine Beendigung der TASS-Einnahme ist
wegen des Thromboserisikos nicht zu empfehlen.
Dass der neue Plättchenaggregationshemmer Efient noch
nicht allen bekannt war, könnte den Vorfall erklären. Um
Derartiges zu vermeiden, sollte die Anästhesie frühzeitig
in die Entscheidungsprozesse eingebunden werden. Aller-
dings wurde die Problematik der dualen Plättchenhem-
mung in den letzten Jahren bereits intensiv kommuniziert
und eine europäische Guideline dazu erlassen. Sinnvoll
wäre es, Patienten schon zu Beginn der Medikation über die
Problematik einer Operation zu informieren.
CIRSmedical.atFALL DES MONATS
Der Tipp von
der Expertin
Führung des Titels
Primarärztin bzw. Primararzt
Die Führung der Berufsbezeichnung „Primararzt“ bzw. „Pri-
marärztin“ wird in § 43 Abs. 6 Ärztegesetz geregelt. Diese
Berufsbezeichnung dürfen nur Fachärzte bzw. Fachärztinnen
in Krankenanstalten unter folgender Voraussetzung führen:
1. Ärztinnen und Ärzte, die in Krankenanstalten dauernd
mit der ärztlichen Leitung einer Krankenabteilung betraut
sind, die mindestens 15 systematisierte Betten aufweist und
ihnen mindestens eine Ärztin bzw. ein Arzt unterstellt ist.
Die Abteilung der Krankenanstalt muss sanitätsbehördlich
bewilligt und in der Anstaltsordnung angeführt sein. Dem/r
AbteilungsleiterIn muss mindestens eine Ärztin/ein Arzt
im Rahmen eines Dienstverhältnisses weisungsgebunden
unterstellt sein.
2. Ärztinnen und Ärzte, die mit der dauernden Leitung eines
im Rahmen einer Krankenanstalt geführten Institutes oder
eines selbständigen Ambulatoriums betraut sind, wenn min-
destens zwei zur selbständigen Berufsausübung berechtigte,
hauptberuflich tätige Ärzte unterstellt sind.
Bei den genannten Instituten handelt es sich um nicht
bettenführende Abteilungen einer Krankenanstalt oder
um selbständige Ambulatorien, die sanitätsbehördlich
genehmigte selbständige Einrichtungen im Rahmen einer
Krankenanstalt sind.
Die ärztliche Leitung von Einrichtungen, die keine Kranken-
anstalten sind, berechtigt nicht zur Führung des Titels. Die
Berufsbezeichnung „Primararzt“ bzw. Primarärztin“ kann
unmittelbar nach Vorliegen der Voraussetzungen geführt
werden und bedarf keines besonderen Verleihungsaktes.
Die Berechtigung zur Führung des Berufstitels fällt allerdings
auch wieder weg, sobald die Voraussetzungen nicht mehr
erfüllt sind. Wird der Titel ungerechtfertigt verwendet, kann
eine Unterlassungsklage eingebracht werden.
Bei Unsicherheit, ob der Titel geführt werden kann, empfeh-
len wir zur Vermeidung von Unannehmlichkeiten, die Ärzte-
kammer zur Prüfung der Voraussetzungen zu kontaktieren.
Wünschen Sie eine Registrierung des Titels in der Ärzteliste,
ist eine Meldung unter Bekanntgabe der Voraussetzungen
an die Ärztekammer erforderlich.
Mag. Beatrice Steiner-Pollheimer
Leitung Informations- und Mitgliederservice
Foto: Schiffer/Ärztekammer