AERZTE Steiermark 06 2014 - page 26

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Ærzte
Steiermark
 || 06|2014
promotion Pflege
Entwicklung der
Pflegebedürftigkeit im Alter
Untersuchungen und Analysen zur Entwicklung der Pflegebedürftig-
keit im Alter kommen immer wieder zum selben Ergebnis: Die Anzahl
an pflege- und betreuungsbedürftigen Menschen wird in Zukunft
steigen. Die größte Herausforderung liegt dabei im fehlenden Pflege-
personal: Bis 2025 werden in Österreich laut Rotem Kreuz rund 22.500
zusätzliche Vollzeitkräfte in der Pflege und Betreuung benötigt.
Wie alle anderen europä-
ischen Länder erfährt auch
Österreich in den näch-
sten Jahrzehnten einen
deutlichen Wandel der Al-
tersverteilung der Wohn-
bevölkerung: Der Anteil
älterer Menschen wird
zunehmen. Die demogra-
fische Alterung wird sich
aufgrund des Alterns ge-
burtenstarker Jahrgänge,
die selbst wenige Kinder
haben, beschleunigen. In
den letzten Jahrzehnten
wurde die demografische
Alterung durch eine erhöhte
Lebenserwartung älterer
Menschen verstärkt. Auch
in Zukunft dürfte Österreich
mit einer zweifach forcierten
demografischen Alterung
konfrontiert sein: Einerseits
erhöht sich der Anteil älterer
Menschen als Folge des
Geburtenrückgangs. Ande-
rerseits steigen Zahl und
Anteil betagter Menschen
aufgrund einer erhöhten Le-
benserwartung älterer Men-
schen weiter an.
Da das Risiko funktio-
naler körperlicher Ein-
schränkungen oder hirn-
organischer Störungen mit
dem Alter zunimmt, hat
eine demografische Alte-
rung von oben – aufgrund
eines deutlichen Anstiegs
der Lebenserwartung äl-
terer Menschen – auch be-
deutsame gesundheitspo-
litische Auswirkungen. Je
nach Szenario der Stati-
stikerInnen wird sich die
Zahl der über 79-jährigen
Menschen zwischen 2015
und 2040 mehr als verdop-
peln, und wie heute werden
auch in Zukunft Frauen in
dieser Gruppe die klare
Mehrheit bilden. Die Zahl
der hochaltrigen Menschen
(90 Jahre und älter) wird je
nach Entwicklung der wei-
teren Lebenserwartung in
der Zeit zwischen 2015 und
2040 ähnlich ansteigen.
Bedarf und Angebot
in der Pflege
Aus dieser Entwicklung er-
gibt sich die Frage, wie und
von wem diese Menschen
in Zukunft gepflegt werden.
Die Nachfrage, wie auch An-
gebot von Pflegeleistungen
für kranke alte Menschen,
wird sich rasch verändern.
Es ist denkbar, nach Ansicht
einiger ExpertInnen sogar
wahrscheinlich, dass sich
Angebot und Nachfrage auf
diesem Gebiet in den näch-
sten Jahrzehnten gegen-
sätzlich entwickeln: Auf der
einen Seite zeigt sich klar
ein zunehmender Bedarf
nach Pflegeleistungen. Da-
für verantwortlich sind eine
steigende Zahl älterer Men-
schen und ein vermehrtes
Wissen über Behandlungs-
und Rehabilitationsmöglich-
keiten im höheren Lebens-
alter. Gleichzeitig sind auch
die Ansprüche an Versor-
gungsleistungen für ältere
Menschen gestiegen. So
vielfältig, wie individuelle Al-
ternsprozesse heute ver-
laufen, müssen auch die
ambulanten und stationären
Angebote sein.
Auf der anderen Seite wird
von einem abnehmenden
Arbeits- und Kraftpotenzial
für die Pflege alter Menschen
ausgegangen. Dafür sind
nicht nur demografische
Faktoren, wie etwa eine
Verschlechterung intergene-
rationeller Unterstützungsra-
ten, verantwortlich, sondern
auch eine abnehmende fa-
miliäre Sorge- und Pflege-
kultur und größere Lücken
in den sozialen Netzwerken.
Auch mangelnde finanzielle
Mittel für professionelle Pfle-
geleistungen sowie geringe
soziale und wirtschaftliche
Anreize für den Einstieg und
den Verbleib in Pflegeberu-
fen tragen dazu bei, dass
Bedarf und Angebot in der
Pflege auseinander klaffen.
Wandel der Pflege
Die Nachfrage nach au-
ßerfamiliären Pflegediensten
dürfte umso höher ausfallen,
je stärker sich die bereits
in der Vergangenheit beo-
bachteten Veränderungen
in den Familien- und Haus-
haltsstrukturen auf die Pfle-
gemöglichkeiten innerhalb
der Familie auswirken.
Pflegeheim versus
Pflege zu Hause
Pflegeheime sind aufgrund
der derzeitigen staatlichen
Unterstützungen zumeist
preiswerter als eine 24-h-
Betreuung. Sollte also für
die Betreuung vorwiegend
das Kostenargument ent-
scheidend sein, ist die
Betreuung in einem Pfle-
geheim die erste Wahl.
Möchte die Familie die zu
betreuende Person wei-
terhin im Familienverband
wissen und auch aktiv den
Betreuungsprozess mitge-
stalten können wollen, wird
die Entscheidung auf eine
mobile Betreuung oder die
24-h-Betreuung fallen.
Grundsätzlich kann in den
eigenen vier Wänden jede
Art von Pflege angeboten
werden, die auch in Pflege-
heimen möglich ist. Einer-
seits ist die medizinische
Versorgung in den Pfle-
geheimen, besonders bei
AkutpatientInnen, leichter
zu organisieren. Anderer-
seits stehen für die Betreu-
ung und Pflege zu Hause
zeitliche Ressourcen zur
Verfügung, die in stationärer
Betreuung nicht einmal an-
nähernd erreicht werden
können. Hilfestellung bei
alltäglichen Aufgaben führt
zu einer besseren Lebens-
qualität und gibt nicht das
Gefühl der Einschränkung,
sondern der größtmög-
lichen Selbstbestimmtheit.
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