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ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

13

Arzt im besonderen Dienst

verfasste – damals stand er

noch nicht so unter Zeitdruck

–, dauerte es jahrelang bis zum

ersten Roman. „Erst während

meines Militärdienstes, als

ich abwechselnd in der Am-

bulanz und zur Absicherung

der Flüge eingesetzt wurde,

hatte ich die Gelegenheit, mein

erstes Buch zu konzipieren.“

Absicherung der Flüge bedeu-

tete, dass für den Fall eines

Absturzes immer ein Arzt am

Militärflughafen von Kosice

anwesend sein musste, der je-

doch „Gott sei Dank in meiner

Dienstzeit nie gebraucht wur-

de“. So entstand das Grund-

gerüst für ‚Der Schatten der

Persepolis

, einen Roman über

das Perserreich im sechsten

vorchristlichen Jahrhundert.

Auch jenes Buch, das dem-

nächst erscheinen wird, ver-

dankt seine Existenz dem Zu-

fall, nämlich einer Knieverlet-

zung Polachs im Vorjahr, die

es ihm ermöglichte, zumin-

dest den Handlungsverlauf

während des Krankenstandes

zu skizzieren. Von diesen Aus-

nahmezeiten abgesehen ist

Polachs literarische Tätigkeit

nur durch eine Portion Selbst-

disziplin, gemischt mit viel En-

thusiasmus, aufrechtzuerhal-

ten. „Die Themen für meine

Bücher finde ich beim Reisen“,

erzählt er. „Ich stolpere über

ein spannendes historisches

Detail und recherchiere wei-

ter. Zum Beispiel habe ich bei

der Besichtigung von Schloss

Ambras in Tirol zufällig von

der Liebe zwischen Ferdinand

von Tirol und Philippine von

Welser erfahren, die einan-

der auf dem tschechischen

Schloss Breznice begegnet

sind.“ So entstand aus einem

einfachen Schlossbesuch des

passionierten Reisenden das

Buch ‚Ehre deinen Vater, aber

liebe deine Frau‘, zu dem ihn

das tschechische Fernsehen

schon mehrmals interviewt

hat. Sogar ein Musical wurde

nach der Buchvorlage kompo-

niert und heuer im Sommer

uraufgeführt.

Parallele zu Kepler

Damit kein wichtiger Gedan-

ke verloren gehen kann, führt

Polach stets sein Diktiergerät

mit sich – eigentlich ein ty-

pisches Arztuntensil –, um

auch auf den Autofahrten

zwischen Wagna und seinem

Wohnort Gössendorf bei Graz

Ideen sammeln zu können.

Der derzeitige Heimatort Po-

lachs („Die Heimat trägt man

mit, es sind die Menschen,

nicht die Häuser“) ist Gös-

sendorf, ein Ort, der auch mit

seinem neuen Buch verknüpft

ist. Denn im Gössendorfer

Schloss Mühlegg lebte der

berühmte Astronom Johannes

Kepler – bevor er nach Prag

an den Hof Rudolfs II. gehen

musste, weil er sich weigerte

zu konvertieren. In diesem

Punkt ist Polachs Schicksal je-

nem Keplers ähnlich. Auch er

musste seine Heimat – die wie

bei Kepler eigentlich die Hei-

mat seiner Frau war – verlas-

sen. In Folge seiner politischen

Aktivität rund um den politi-

schen Umsturz im November

1989 war das Verlassen der

Slowakei nach der Trennung

der Tschechoslowakei für den

gebürtigen Tschechen schwer

zu vermeiden. Zwar unter-

stützten ihn viele Kollegen, als

er seiner Führungsposition

enthoben wurde – er war zwei

Jahre lang ärztlicher Leiter

eines Schwerpunktkranken-

hauses gewesen –, doch letzt-

lich ging er im Jahr 1995. Er

folgte seiner Frau, die bereits

an der Pulmologie im LKH

Graz als Ärztin arbeitete. Sie

hatte erfahren, dass auf der

Stolzalpe ein internistischer

Oberarzt gesucht wurde, und

so zog Polach ihr nach in die

Steiermark. Mittlerweile sind

schon drei Familienmitglieder

hier als ÄrztInnen tätig – die

Tochter absolviert gerade ih-

ren Turnus. Hingegen tritt

der Sohn als Schreibender das

väterliche Erbe an: Er studierte

Publizistik.

Derzeit nur

auf Tschechisch

Der Vater schreibt nach der

Arbeit, am liebsten mit einer

Phase der Gartenarbeit dazwi-

schen, um geistig zu regenerie-

ren. Danach empfindet er das

Schreiben als Entspannung

und als Weg, den Geist in

angenehme Gefilde zu len-

ken – auch wenn seine Plots

durchaus aufregend sind und

manchmal in Richtung Krimi

tendieren. Da geht es beispiels-

weise in ,Lang sterbe der König‘

um ein Mordkomplott des

Papstes gegen Kaiser Friedrich

II., Mitte des 13. Jahrhunderts.

Oder in seinem neuesten Werk

um die Suche zweier historisch

belegter Persönlichkeiten nach

dem Rezept für das ewige

Leben. Beide lebten zur selben

Zeit wie Kepler in Prag und

suchten vergeblich nach einem

bestimmten Manuskript, das

sie dem begehrten Rezept

näher bringen sollte. „Dieses

Manuskript existiert wirklich,

liegt heute in den USA, war

aber zu Beginn des 17. Jahr-

hunderts nachweislich in Prag“,

berichtet Polach. „Entschlüs-

selt wurde es bis heute nicht.“

Wie die Geschichte ausgeht,

verrät der Autor nicht.

Wer dieses Buch von Antonin

Polach selbst lesen möchte,

muss allerdings zuvor noch

Tschechisch lernen, denn es

erscheint wie seine anderen

Werke vorerst nur in Polachs

Muttersprache. Obwohl zwei

seiner Romane schon ins Deut-

sche übersetzt wurden, hat der

Autor noch keinen Verlag im

deutschsprachigen Raum ge-

funden und eigentlich mangels

Zeit auch nie ernsthaft danach

gesucht. Lieber nutzt er die

Stunden nach der Arbeit im

Krankenhaus zum Schreiben.

„Diagnostische

Leidenschaft.“

Antonἱn Polach