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ÆRZTE

Steiermark

 || 10|2015

17

Fotos: Schiffer

SERVICE

Ärztinnen und Ärzte

in sicheren Händen

Arbeit ohne Ende,

Ärger mit KollegInnen oder Vorgesetzten,

Druck von Versicherungsträgern oder Konflikte mit Patient­

Innen: Wenn Ärztinnen und Ärzte den Anforderungen nicht

mehr standhalten können, finden sie Hilfe bei AMBOSS, der

Anti-Mobbing-Burn Out-Supervisionsstelle der Ärztekammer.

Mehr als die Hälfte der ös-

terreichischen Ärzteschaft ist

Burnout-gefährdet, so das

Ergebnis einer Studie, die die

Meduni Graz 2011 im Auf-

trag der ÖÄK durchgeführt

hat. Neben Überlastung zäh-

len vor allem Konflikte und

Kränkungen zu den Risiko-

faktoren, wenn der Berufsall-

tag unerträglich wird. Hilfe

finden die Betroffenen in der

Steiermark seit mittlerweile

fünf Jahren bei AMBOSS,

der Anti-Mobbing-Burn Out-

Supervisionsstelle der Ärzte-

kammer: kostenlos und auf

Wunsch auch anonym. Ein-

mal wöchentlich, nämlich

donnerstags von 17 bis 18

Uhr, nimmt einer der fünf

Ombudsleute unter der Tele-

fonnummer 0664/96 57 749

Anrufe hilfesuchender Ärz-

tInnen entgegen.

Da sich Krisen aber nicht an

Zeitpläne halten, vermittelt

Barbara Kellner in der Ärz-

tekammer auch montags bis

freitags von 9.00 bis 13.00

Uhr Kontakt zu den Ombuds­

personen. Sie ist unter 0316

8044 DW 43 oder amboss@

aekstmk.or.at

erreichbar.

In der Regel kann noch am

selben Tag ein Ombudsmann

oder eine Ombudsfrau kon-

taktiert werden. 33 Kolleg­

Innen haben in den vergan-

genen Jahren bereits von die-

sem ÄK-Service Gebrauch

gemacht.

Fünf Fachleute beraten

So vielfältig wie die ärzt-

lichen Tätigkeiten ist auch

der berufliche Hintergrund

der Ombudsleute: Sylvia Ka-

schnitz bringt ihr Wissen als

Fachärztin für Psychiatrie

und Kinder- und Jugendpsy-

chiatrie ein; Helmut Hayn

ist Internist sowie Facharzt

für Nuklearmedizin und Me-

dizinische und Chemische

Labordiagnostik; Klaus Schu-

bert führt eine Ordination für

Allgemeinmedizin; Gottfried

Dohr, Professor an der MUG

und Facharzt für Histologie

und Embryologie, ist zudem

ausgebildeter Psychothera-

peut und Supervisor, und

Michael Schneider arbeitet als

Facharzt für Psychiatrie und

Psychotherapeutische Medi-

zin sowie als Allgemeinme-

diziner bei AMBOSS mit. An

diese fünf ExpertInnen kön-

nen sich KollegInnen wen-

den, wenn sie unter Burnout

leiden, von Mobbing oder

Bossing betroffen sind, sich in

Konflikten mit KollegInnen,

Vorgesetzten, den Versiche-

rungsträgern, aber auch mit

PatientInnen oder Journa-

listInnen befinden und die

Situation nicht mehr aus eige-

ner Kraft bewältigen.

„Die beiden häufigsten Pro-

blemfelder sind Burnout und

Mobbing oder Bossing“, be-

richtet Gottfried Dohr aus

seiner Erfahrung. „Manche

Primarii und Abteilungsleiter

sind fachlich un-

umstritten, ver-

fügen aber über

wenig Kompe-

tenz im Umgang

mit Mitarbei-

tern.“ Er appelliert an KAGes

und Meduni, Menschen in

Führungspositionen dahin-

gehend besser auszubilden.

„Denn alle wissen: Motivation

und Arbeitsleistung steigen,

wenn sich Menschen an ih-

rem Arbeitsplatz respektiert

und geschätzt fühlen.“

Abklären, begleiten,

vermitteln

Dohr vermutet, dass jene

ÄrztInnen, die bei AMBOSS

Hilfe suchen, nur die Spitze

des Eisberges zeigen. Noch

viel mehr Betroffene wür-

den unter ihren Arbeitsbe-

dingungen leiden. „Gerade

KollegInnen nichtösterreichi-

scher Herkunft erfahren oft

wenig Wertschätzung.“ Ge-

nerell, so Dohr, warten die

meisten ziemlich lange, bevor

sie Hilfe annehmen. Auch

die Bereitschaft zu Coaching

oder Supervision sei in der

Ärzteschaft noch nicht so

ausgeprägt wie in anderen

Helferberufen.

Wer zu Amboss kommt, klärt

in ein bis zwei Gesprächen

die Situation ab. Dann sollte

feststehen, welche Art von

Hilfe von der Ombudsstelle

erwartet wird. „Wir coachen

die KollegInnen vor Gesprä-

chen mit ihren Vorgesetz-

ten, begleiten sie auf Wunsch

dorthin und vermitteln exter-

ne ExpertInnen.“ Das erste

Beratungsgespräch mit einem

Rechtsanwalt aus dem ÄK-

Pool finanziert beispielsweise

die Kammer, eine Psycho-

therapie muss selbst bezahlt

werden. Vier bis fünf Stunden

kann der Ombudsmann pro

Fall investieren.

Bei niedergelassenen Ärzt­

Innen führen manchmal auch

wirtschaftliche Probleme zu

akuten Überforderungssitu-

ationen. Hier empfiehlt die

Ombudsstelle entsprechende

BeraterInnen. Generell gilt:

„Wir tun nichts, worum uns

die KollegInnen nicht bitten,

es zu tun. Bei uns sind sie in

sicheren Händen“, garantiert

Dohr. Da dringt nichts nach

außen und auf Wunsch er-

fährt auch die Ärztekammer

nie, wer hier Hilfe gesucht

hat. „Manche möchten sich

die Situation auch nur von

der Seele reden und niemand

soll bemerken, dass sie bei

uns waren.“ Andere melden

sich später wieder, erzählen

von selbstbewussterem Auf-

treten, gelösten Konflikten

oder neuen, angenehmeren

Arbeitsstellen. Dann wissen

die Ombudsleute, dass sie

erfolgreich waren.

Hayn

Schneider

Kaschnitz

Dohr

Schubert

„Die beiden häufigsten

Problemfelder sind Burnout

und Mobbing oder Bossing.“

Gottfried Dohr, AMBOSS