AERZTE Steiermark | März 2015 - page 9

Ærzte
Steiermark
 || 03|2015
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COVER
Wobei Karenz nicht Karenz
ist. Als Chromecki zwei Mo-
nate in Elternkarenz ging, hat
er zwar keinen Widerstand,
aber auch keine Euphorie
erfahren. Völlig andere Re-
aktionen erlebte der Oberarzt,
als er ein Jahr im Ausland ar-
beitete und 60 Publikationen
vorzuweisen hatte: „Da hat
die Kosten-Nutzenrechnung
gestimmt.“
Ganz anders sieht die persön-
liche Kosten-Nutzen-Rech-
nung aus: „Man entwickelt
eine völlig andere Beziehung
zum Kind“, so Chromecki,
„das Kind erlebt beide Eltern-
teile als gleichwertig.“ Ähn-
lich sieht es der Allgemeinme-
diziner Christian Kogelnik,
der als Karenzvater Zwillinge
betreute: „Grundsätzlich wür-
de ich es jedem empfehlen.“
Ob Väter in Karenz gehen,
hängt aber auch von der be-
ruflichen Situation der Part-
nerin ab. Chromecki konnte
mit seiner zweimonatigen El-
ternkarenz seiner Frau, die
ebenfalls Urologin ist, helfen.
Kogelniks Frau arbeitet als
Managerin bei einem inter-
nationalen Konzern in ih-
rem „Traumjob“ (Kogelnik),
während er selbst noch ein
Suchender war bzw. ist.
Markus Magnet, Psychiater
im Krankenhaus der Barm-
herzigen Brüder am Stand-
ort Eggenberg, ist frischge-
backener Vater eines zweiten
Sohnes. Nächstes Jahr wird
er in Karenz gehen, das er-
ste Jahr übernimmt seine
Frau, ebenfalls Ärztin. Wenn
die Väterkarenz normal wird,
werde sich auch die Situation
für die Frauen verbessern, ist
er überzeugt: „Dann wer-
den Arbeitgeber keinen Vor-
teil mehr darin sehen, einen
Mann zu beschäftigen.“ Aus
seinen Plänen, in Karenz zu
gehen, habe er nie ein Ge-
heimnis gemacht. Und es sei
durchwegs positiv aufgenom-
men worden: „Da hat sich viel
getan.“
Ganz grundsätzlich gilt aber:
Väter dürfen, Mütter müs-
sen in Karenz gehen. Helene
Schiffbänker: „Bei Männern
ist es cool, verantwortungs-
voll und mutig, in Karenz zu
gehen. Bei Frauen hört man
so etwas eher nicht.“
Stattdessen würden sie ihre
Karenz oft abkürzen, weil sie
berufliche Nachteile befürch-
ten, vermutet Magnet. Wenn
auch mehr Väter in Karenz
gingen, würden diese Ängste
geringer werden, ist er über-
zeugt.
(Keine) Einbußen
Den berüchtigten Karriere-
knick durch die Karenz müs-
sen Männer laut Schiffbän-
kers Daten übrigens nicht be-
fürchten: Sie verdienen nach
der Karenz nicht weniger, ja
sogar geringfügig mehr, als
vor der kinderbedingten Un-
terbrechung.
„Auch als Frau ist man ein
Bittsteller“, diagnostiziert Ka-
thrin Sieder, niedergelassene
Allgemeinmedizinerin, ka-
renzierte Mutter und Referen-
tin für Arztberuf und Familie
in der Ärztekammer. Wobei
es Verbesserungen gibt: Wer
d Regel
4%
91%
väter unter den 
in der KAGes (2014)
der 25-39jährigen sagen: „Familienfreundlichkeit
eines Unternehmens ist mir 
mindestens so wichtig wie das Gehalt.“ 
(Studie Roland Berger Deutschland 2014)
Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Graz:
Trend zum Betriebskindergarten.
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