Wenn man mit den Menschen, die im LKH Graz
West arbeiten, spricht, spürt man deren Erleich-
terung. Der Druck, der durch die einjährige
Diskussion um den Betreiberwechsel entstand, ist
von ihnen abgefallen. Die mutige Entscheidung
der Landespolitik, diesen Plan letztlich zu ver-
werfen, wird respektiert.
In den Medien wird immer noch von einem
Scheitern der Reform und einer politischen Nie-
derlage gesprochen. Das stimmt aber nicht. Die
Bereitschaft zur Veränderung ist unter jenen, die
sie leben müssen, größer denn je. Vor allem die
Bereitschaft zur Mitwirkung ist da.
Daraus sollten die richtigen politischen Lehren
gezogen werden. Der Versuch, Reformen gegen die
Menschen zu machen, sie unzureichend zu infor-
mieren und deren Bedenken zu ignorieren, kostet
sehr viel: Kraft, Glaubwürdigkeit, Vertrauen.
Natürlich wirkt es auf den ersten Blick einfacher,
sich im stillen Kämmerlein etwas auszumachen,
Gegenargumente weitgehend zu ignorieren und
dann den Plan „von oben durchzuziehen“.
Das Beispiel LKH Graz West zeigt aber, dass
es nicht der richtige Weg ist. Letztlich wurde
wertvolle Zeit für inhaltliche Weichenstellungen
verloren. Es gibt aber Grund zur optimistischen
Annahme, dass sie zumindest teils wieder auf-
geholt werden kann. Denn die Motivation zur
Beteiligung ist groß.
Sicher wird es Kontroversen geben. Sicher wird
man diskutieren müssen. Wenn man das aber
nun ernsthaft tut, wird es letztendlich zu einem
Ergebnis führen, an dessen erfolgreicher Umset-
zung alle mitarbeiten werden.
Gesundheitspolitik, die wirklich etwas bewirken
will, braucht nun einmal breite Diskussionen und
hohe Transparenz.
Vizepräsident Dr. Martin Wehrschütz
ist Obmann der Kurie Angestellte Ärzte.
intra
Weiterer Kurienbericht ab Seite 37.
Martin Wehrschütz
Reformen mit  
den Menschen
kont a
Viel Kritik gibt es am Gesundheitsreformgesetz, das im Mini-
sterrat bereits beschlossen ist und bald dem Parlament vorgelegt
wird. Aber nahezu vernichtend ist die Bewertung durch die kon-
fessionellen Spitalserhalter. Wir bringen sie leicht gekürzt.
…Man würde sich vermutlich dem Vorwurf politischer Nai-
vität aussetzen, würde man meinen, im vorliegenden Begut-
achtungsverfahren noch Änderungen der Gesundheitsreform
2013 bewirken zu können, die offensichtlich auf einem breiten
politischen Konsens beruht. Dennoch soll eine Stellungnahme,
die insbesondere aus rechtsstaatlicher Sicht geboten scheint,
erfolgen.
… Gesetze sind grundsätzlich dazu da, um den Normunter-
worfenen konkrete Handlungsanleitungen zu geben. Sie sollen
klar verständlich und prägnant formuliert werden. Das Ge-
sundheitsreformgesetz 2013 ist das Gegenteil davon. So strotzt
das Gesetz weitestgehend von unbestimmten Gesetzesbegriffen
(…). Dieses Gesetz stellt teilweise einen absoluten Tiefpunkt
sachlicher und sprachlicher Gesetzeskultur dar.
… Rechtsstaatlich bedenklich ist es allerdings, wenn Bereiche
geschaffen werden, die sich völlig vom Grundsatz des Legali-
tätsprinzips entfernen und keinerlei rechtsstaatliche Kontroll-
mechanismen vorsehen, ganz zu schweigen davon, dass neue
Instrumente geschaffen werden wie etwa „Zielsteuerungsver-
träge“, deren rechtliche Qualität völlig unklar ist. Klar ist nur,
dass diese Instrumente offensichtlich keiner wie immer gear-
teten rechtsstaatlichen Kontrolle unterliegen sollen und für
diese auch keinerlei Publizität vorgesehen ist. Dies kann auch
durch die unkontrollierte Verwendung von unklaren Begriffen
nicht verschleiert werden (…) Es ist aus rechtsstaatlicher Sicht
bedenklich, wenn Instrumente geschaffen werden, die offen-
sichtlich hoheitliche Zwecke verfolgen (Bundes-Zielsteuerungs-
verträge), die aber nicht kundzumachen sind oder irgendeiner
nachprüfenden Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen
Rechts unterliegen.
(…) Der Gesetzgeber hat es nicht einmal für notwendig gefun-
den, dass die Beschlussfassungen der Bundes-Zielsteuerungs-
kommission – wenn sie schon nicht kundgemacht werden – zu-
mindest den Mitgliedern der Bundesgesundheitskommission
zur Verfügung zu stellen sind. Ein Gesetzgeber, der kein Inte-
resse an der Umsetzung eines effizienten Rechtsschutzsystems
hat, kann naturgemäß auch kein Interesse an einer Publikati-
on von Entscheidungen mit normativer Wirkung haben.
(…) Man mag der Gesundheitsreform 2013 positiv oder negativ
gegenüber stehen; aus rechtsstaatlicher Sicht handelt es sich
um einen (weiteren) Tiefpunkt der Gesetzeskultur.
Gesundheitsreformgesetz
Tiefpunkt der 
Gesetzeskultur
6
Ærzte
Steiermark
 || 04|2013
1,2,3,4,5 7,8,9,10,11,12,13,14,15,16,...60