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29. November 2019

Mysteriöses Mystery-Shopping bei Ärztinnen und Ärzten: Scharfe Kritik an Magazin KONSUMENT

Bei 78 niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten in der Steiermark und in Wien erschien eine angebliche Diabetes-Patientin. Tatsächlich handelte es sich um eine Testperson im Auftrag des Magazins Konsument. Der steirische Ärztekammerpräsident Herwig Lindner kritisierte die Vorgangsweise als „höchst fragwürdig“ und den Test als „nicht aussagekräftig“.

Wie der „Test“, über den in der Dezember-Ausgabe des Magazins KONSUMENT berichtet wird, genau angelegt war, ließ sich nicht genau feststellen. Eine Anfrage an die Redaktion seitens der Ärztekammer Steiermark wurde nur lückenhaft beantwortet – mehrere Ärztinnen und Ärzte hatten ergänzende Informationen erbeten, um die Qualität der Diabetikerbetreuung in ihrer Praxis verbessern zu können.

Laut Testbericht wurde die „Mystery-Shopperin“ mit einem – offenbar speziell produzierten – Laborbefund ausgestattet und dann in die Praxen geschickt. Allein das ist rechtlich schon problematisch, da es sich bei einem Befund um ein sensibles Dokument handelt. Diese Testperson dürfte vermutlich auch mit einer E-Card aufgetreten sein.

Ob mit der eigenen oder einer falschen, nur für diesen Zweck eingesetzten, blieb bislang im Dunklen. Es handelte sich laut Testbeschreibung jedenfalls um eine „Erstberatung“.

Die Ärztinnen und Ärzte müssten die unbekannte Person wohl eher als Notfall – das Aufsuchen von mehr als einer Ärztin bzw. einem Arzt für Allgemeinmedizin innerhalb eines Quartals ist sonst nicht möglich – eingestuft haben, was für die soziale Krankenversicherung und damit die Beitragszahler erhöhte Kosten mit sich bringt. Ein auf die Akutbehandlung ausgelegtes Test-Setting ist jedoch für die Beurteilung der langfristigen Behandlungsqualität einer chronischen Erkrankung wie Diabetes ungeeignet. Naturgemäß gäbe es daher auch keinen Zusammenhang mit dem auf Dauerhaftigkeit ausgerichteten Betreuungs- und Therapieprogramm „Therapie Aktiv“, an dem mehr als 380 steirische Ärztinnen und Ärzte und rund
260 in Wien teilnehmen. Im Testbericht wurde auf das Programm nämlich hingewiesen.

„Da die Mystery-Shopping-Aktion nicht einmal den Mindeststandard für die Qualität von Tests erfüllt, ist das Ergebnis ohne jede Bedeutung, hat aber einen großen Vertrauensverlust verursacht“, so Lindner.

Wussten die Krankenkassen Bescheid?
Vieles deutet darauf hin, dass der Test ohne Wissen der Krankenkassen stattgefunden hat, bzw. diese erst nachträglich informiert wurden. Für Lindner ein doppeltes Problem: „Es wurde auf Kosten der Krankenkassen getestet, ohne dass diese eingebunden waren. Außerdem hat man durch den Test den wirklich Hilfe suchenden Patientinnen und Patienten die Zeit ihrer Ärztinnen und Ärzte genommen.“

Vertrauen geht verloren
Sollten die Krankenkassen aber in die Mystery-Shopping-Aktion eingeweiht gewesen sein, stelle das einen massiven Vertrauensbruch gegenüber den Ärztinnen und Ärzten dar, sagte Lindner: „Viele junge Ärztinnen und Ärzte, die sich überlegt haben, eine Praxis zu gründen, werden angesichts derartiger Mystery-Shopping- Aktivitäten davon wieder Abstand nehmen. Dieser Test dient damit der Schwächung der hausärztlichen Versorgung, obwohl Krankenkassen und Länder ja immer wieder betonen, dass sie diese stärken wollen. Alle – auch kostenaufwändige – Maßnahmen zur Stärkung der hausärztlichen Versorgung werden so ad absurdum geführt“, warnte der steirische Ärztekammerpräsident.

Ärztinnen und Ärzte n den Pranger gestellt – auch solche, die gar nicht getestet wurden
In einigen Praxen waren während des Test Vertretungsärztinnen und -ärzte tätig. Darauf wird aber im Testbericht nur in einer unauffälligen Fußnote hingewiesen, die Leserinnen und Leser leicht übersehen können. Der Name der Praxisinhaberin oder des Praxisinhabers wird dagegen groß genannt. Damit geraten Ärztinnen und Ärzte in die Kritik, die gar nicht persönlich in die Behandlung einbezogen waren.
„Das ist eine unerträgliche Diffamierung der betroffenen Ärztinnen und Ärzte“, übte Lindner scharfe Kritik.

Hauptverband und Krankenkassen müssen sich distanzieren
„Der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die betroffenen Krankenkassen müssen sich von dieser Art von Tests energisch distanzieren“ verlangte Lindner. Sollten sie das nicht tun, „ist das ein Anschlag auf die eigenen Vertragspartner und die Versicherten“, stellte der steirische Ärztekammerpräsident fest: Denn „ein Test ohne verwertbare Aussagekraft, der das Vertrauen zwischen Ärztin oder Arzt und Patientin oder Patientin schwer belastet, fügt der der Gesundheitsversorgung in Österreich großen Schaden zu.“




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