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Gesundheitsbürokratie statt Gesundheitsversorgung: Ärzte
fordern Alternativen zu einer Politik mit der „Abrissbirne“

Massive Einschnitte in der Gesundheitsversorgung

6. November 2012



Ärztekammer warnt vor Rationierung, Zerstörung der wohnortnahen medizinischen Versorgung sowie massivem Bürokratiezuwachs.

3,4 Milliarden Euro weniger als nötig, sollen in den kommenden vier Jahren für die Gesundheitsversorgung der Österreicherinnen und Österreicher zur Verfügung stehen. Das ist der Plan der Bundesregierung und der Länder, an dem auch die sozialen Krankenversicherungen beteiligt sind.

Für die Steiermark werden es zumindest 350 Millionen Euro sein, die der Gesundheitsversorgung abgehen. „Die massive Deckelung der Gesundheitsleistungen und sklavischen Bindung an die Konjunktur führt zu massiven Einschränkungen für die Bevölkerung“, warnte Ärztekammerpräsident Herwig Lindner am Dienstag bei einem Pressegespräch in Graz.

 

Ausgangslage wird ignoriert

Dass Österreich, so wie andere europäische Industrieländer auch, eine Gesundheitsversorgung in hoher Qualität besitzt, die auch Menschen mit geringem Einkommen zur Verfügung steht, ist unbestritten. Tatsache ist aber auch, dass sich laut OECD und dem jüngsten Bericht des Gesundheitsministeriums die Entwicklung der Gesundheitsausgaben in Österreich im letzten Jahrzehnt deutlich unter dem europäischen Schnitt bewegt hat. „Dieser Einschnitt würde uns weit zurückwerfen – aus einem der besten Gesundheitssysteme der Welt wird eine Ruine, wenn niemand diese Politik mit der Abrissbirne stoppt“ befürchtet Lindner.

Was die Einschnitte für die Steiermark bedeuten, zeigen konkrete Beispiele:
Die Reduktion von 350 Millionen Euro entspricht 14mal dem geplanten Neubau der Abteilung für Innere Medizin am Gelände der LSF, die notwendig würde, wenn das LKH Hörgas verkauft werden soll. Der jährliche Anteil der Kostenreduktion entspricht 520 Kassenstellen für Allgemeinmedizin (von denen es derzeit 615 gibt) oder 355 fachärztlichen Kassenstellen (derzeit 372). Sechseinhalb Millionen Arztbesuche oder drei Millionen Hausbesuche (zum GKK-Tarif) entsprechen ebenfalls dieser Summe.

Für den Obmann der Angestellten Ärzte, Vizepräsident Martin Wehrschütz ist es klar, dass diese Einschnitte „unweigerlich in eine noch nie dagewesene Zweiklassenmedizin führen müssen.“ Ohne Rationierung der medizinischen Leistungen, von der vor allem ältere Menschen betroffen sein werden, könnten die Sparziele gar nicht erreicht werden. Wehrschütz erinnerte daran, dass laut einer von Landesrätin Edlinger-Ploder beauftragten Studie allein die geplanten Betteneinsparungen im Raum Graz dazu führen müssten, dass rund ein Dutzend Kranke nicht ins Spital aufgenommen werden könnten.

Dabei seien gerade die Steirerinnen und Steirer in Sachen Beanspruchung der Spitäler eher zurückhaltend: „Laut Gesundheitsbericht des Bundesministerium liegt die Steiermark nur an sechster Stelle in Österreich – und das, obwohl wir ein Universitätsklinikum haben.“

Für den Obmann der Niedergelassenen Ärzte, Vizepräsident Jörg Garzarolli, ist die Bund-Länder-Vereinbarung ein „massiver Anschlag auf die wohnortnahe, ärztliche Versorgung.“
Seit Jahren seien sich alle Fachleute darüber einig, dass eine Stärkung der extramuralen Versorgung, die Spitalsambulanzen entlasten und die Betreuung der Menschen verbessern würde. Stattdessen gebe es in diesem Bereich seit Jahren Stillstand und Reformstau: „Wir haben eine Liste von rund 100 fehlenden Leistungen bei Allgemeinmedizinern, aber die Kasse rührt sich nicht.“ Stattdessen gibt es bedeutende Überschüsse: Im Vorjahr waren es mehr als 33 Millionen Euro, heuer liegt die steirische GKK rund 11 Millionen über ihrem Finanzziel.
Mit zentralen Polykliniken und Zentren würde die endgültige Zerstörung der fachärztlichen und in der Folge auch der hausärztlichen Versorgung eingeleitet. Wahlärztinnen und Wahlärzte, die längst unverzichtbar für viele Patientinnen und Patienten geworden sind, würden sich viele Menschen bald gar nicht mehr leisten können, wenn die Rückersätze der Krankenkassen an ihre Versicherten weiter sinken.

 

Massiver Bürokratiezuwachs

Der Abbau der Gesundheitsversorgung geht mit einem massiven Bürokratiezuwachs einher. In Hinkunft sollen eine Bundeszielkommission und neun Landeszielkommissionen die Gesundheitsversorgung kontrollieren. „Politik und Krankenkassen als Verwalter der Steuern und Versicherungsbeiträge kontrollieren sich damit selbst – Fachleute für die Gesundheitsversorgung wie Ärztinnen und Ärzte werden als unbequeme Mahner ausgeschlossen“, sagte Lindner.

Aus Sicht der Ärztekammer gibt es klare Vorstellungen für eine qualitätsvolle und wirtschaftliche Gesundheitsversorgung.

  • Detailplanungen müssten lokal und regional erfolgen, zentral könnten nur die Rahmenbedingungen vorgegeben werden.
  • Eine Stärkung der wohnortnahen Versorgung würde den Menschen zugute kommen und Spitäler entlasten.
  • Krankenkassen seien dazu da, um in die Gesundheitsversorgung zu investieren. Dazu gehören faire und kostendeckende Tarife für die Spitalsambulanzen, die Bezahlung aller notwendigen Leistungen für die Versicherten und die Aufgabe der Blockade von Gruppenpraxen und Ärztegesellschaften.
  • Notwendig sei ein Bürokratierückbau statt eines Bürokratiezuwachses, die Gesundheitspolitik dürfe sich nicht selbst kontrollieren.

 

„Bürgermeister, die sich um die wohnortnahe Versorgung bemühen, Pensionistenorganisationen, die wollen, dass die medizinische Versorgung älterer Menschen gewährleistet bleibt, alle, die dafür eintreten, dass Beiträge für die Krankenversicherungen sinnvoll eingesetzt werden, vor allem aber die heute 40- bis 60-jährigen, die wollen, dass ihre Gesundheitsversorgung in zehn bis 20 Jahren gesichert ist, müssen heute dafür eintreten – sonst wird es für lange Zeit zu spät sein“, sagte Präsident Lindner abschließend.

 

 

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