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Einklang von Leib und Seele

Nachruf auf Walter Pieringer.

Nur wenige Tage nach seinem 78. Geburtstag starb der Grazer Psychiater und Psychoanalytiker Walter Pieringer, der nicht nur Vorstand der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie gewesen war, sondern auch Vorreiter in puncto Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie.

Der Einklang von Leib und Seele lag Walter Pieringer ebenso am Herzen wie das In-Einklang-Bringen von Religiosität mit psychischen Vorgängen. Der in Graz als viertes von fünf Kindern geborene spätere Facharzt für Psychiatrie und Neurologie stand in seiner Heimatstadt ab 1980 drei volle Jahrzehnte lang der Universitätsklinik für Medizinische Psychologie und Psychotherapie vor. Seine wissenschaftlichen Schwerpunkte lagen im Bereich Tiefenpsychologie, Psychosomatik, Philosophie der Medizin – wozu er im Jahr 2000 ein Buch herausgegeben hat – und Subjektivitätsforschung. Pieringer fungierte auch als Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Psychosomatische und Psychotherapeutische Medizin und war Mitinitiator der drei PSY-Diplome der Ärztekammer für Steiermark. Jahrzehntelang wirkte Pieringer auch als Psychoanalytiker und Lehrtherapeut. 2007 gründete Walter Pieringer gemeinsam mit Raphael Bonelli das Institut für Religiosität in Psychiatrie und Psychotherapie (RPP-Institut) mit Sitz in Wien, das dritte Gründungsmitglied war der Theologe Bernd Oberndorfer.

Einem breiteren Personenkreis bekannt wurde Pieringer mit seinem Vortrag Religiöser Fanatismus als Psychodynamik auf der Fachtagung Das Unbehagen mit der Religion im Juni 2011 im Islamischen Zentrum Wien. Im Web außerdem posthum zu hören ist er mit seinem Vortrag Die psychotherapeutische Bedeutung der Vergebung aus dem Jahr 2013. Mit dem RPP-Institut lag ihm eine interdisziplinäre und interreligiöse Annäherung von Psychiatrie, Psychologie und Psychotherapie an Philosophie und Theologie am Herzen.

Schon der erste RPPI-Kongress im Oktober 2007 in Graz zum Thema Psychiatrie, Psychologie, Psychotherapie im Dialog mit Religionswissenschaft, Philosophie und Theologie verzeichnete über 1.200 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus elf Ländern. Seit Herbst 2008 finden halbjährlich Fachtagungen statt, deren Themen und Vortragende durchaus auch schon für Kontroversen gesorgt haben.

Ganzheitlicher Ansatz

Als langjähriger Lehrender an der Medizinischen Universität Graz hatte sich Pieringer zum Ziel gesetzt, den Studierenden nicht nur ärztliches Wissen und Enthusiasmus für die Medizin und die medizinische Psychologie mitzugeben, sondern auch ihr Bewusstsein zu wecken für die Methode einer ganzheitlichen Betreuung von Patientinnen und Patienten auf Basis des bio-psycho-sozialen Modells.
Pieringer setzte sich – obwohl selbst Facharzt – für die Anerkennung der Allgemeinmedizin als akademisches Fach ein und wurde deshalb zum Ehrenmitglied der Steirischen Akademie für Allgemeinmedizin (stafam) ernannt.

Stets betonte Pieringer die Wichtigkeit des ärztlichen Gesprächs. Aber auch das Gespräch der Ärztinnen und Ärzte untereinander war ihm ein Anliegen: So gründete er die erste steirische Balint-Gruppe für Ärztinnen und Ärzte, die heute noch weitergeführt wird. Pieringer war außerdem Gründungsmitglied des Ethikkomitees des LKH-Universitätsklinikums Graz und hat sich über viele Jahre für die Etablierung der klinischen Ethik engagiert.

Basketballer

Von Jugend an galt eine seiner außermedizinischen Leidenschaften, die er mit seinen zwei Brüdern – Alberich und Bernhard (beide ebenfalls Ärzte) – teilte, dem Basketballspiel. In den 1960er-Jahren spielte er während seiner Studienzeit und auch noch in seiner Anfangszeit als Arzt mit seiner Mannschaft beim UBBC, dem Vorläuferverein des heutigen Union Basketball Sport Club Raiffeisen Graz, stets um gute Platzierungen.

Pieringer hinterlässt seine Frau, vier erwachsene Kinder sowie zahlreiche Enkelkinder. Die steirische Ärzteschaft trauert um einen verdienten Kollegen, der sich zeitlebens sowohl in der Behandlung von Patientinnen und Patienten wie auch in der Ausbildung von Ärztinnen und Ärzten mit hohem Engagement eingesetzt hat.

Foto: RPP-Institut

AERZTE Steiermark 11/2020

Symbolbild 1
 



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